Diese Figur aus den Pflichtübungen der Voltigierer nennt sich Fahne. CN/NEZ-Sportredakteur Frank Lütt hatte diese Aufgabe erst auf einem sogenannten Holzbock geübt, ehe es dann auf das Pferd Sir Balou ging. Das Tier trägt auch noch einen Spitznamen, nämlich Schnappy. Foto: Merkl
Diese Figur aus den Pflichtübungen der Voltigierer nennt sich Fahne. CN/NEZ-Sportredakteur Frank Lütt hatte diese Aufgabe erst auf einem sogenannten Holzbock geübt, ehe es dann auf das Pferd Sir Balou ging. Das Tier trägt auch noch einen Spitznamen, nämlich Schnappy. Foto: Merkl
Erstmals dabei

Erstmals beim Voltigieren: CN/NEZ-Reporter im Selbstversuch

von Frank Lütt | 05.02.2020

CUXHAVEN. Im Rahmen unserer Serie "Sportlich von A bis Z" ist das "V" wie Voltigieren dran. Dass es bei dieser Sportart um turnerische und akrobatische Übungen auf dem Pferderücken geht, war CN/NEZ-Sportredakteur Frank Lütt klar, aber in seinem Selbstversuch fühlte es sich schon extrem schwierig an. Schließlich musste er sich auch doppelt überwinden.

Nur drei Tage nach dem absolvierten "U", dem Ultramarathon über 45 Kilometer, geht es zum Voltigieren. Und die Gruppe des Reit- und Fahrvereins Holte-Spangen überrascht mich gleich zu Beginn des Trainingsabends damit, dass zum Warmwerden eine Runde Laufen angesagt ist. Nachdem schon mal das Pferd geputzt und das Zaumzeug angelegt wurde, geht es für die Zweibeiner raus ins Halbdunkel, um ein paar hundert Meter im Joggingtempo zurückzulegen. Mein Muskelkater und meine Knochen melden sich, aber der Gruppenzwang lässt mich nicht anhalten. An der Reithalle wieder angekommen, erklären mir die Trainerinnen Katharina Jothe und Annika Griebel, dass die meiste Zeit des Trainings auf dem Boden stattfindet. "Wir wollen ja das Pferd auch schonen", so Annika. Das Pferd gehört Katharina und heißt Sir Balou, wird aber von allen nur liebevoll Schnappy genannt. 1,70 Meter Stockmaß - "ganz schön groß, oder", sage ich, der sowohl vor den großen Vierbeinern als auch vor großen Höhen enormen Respekt hat. "Nee, eher klein bis mittelgroß", entgegnet Katharina, während sie auf Schnappys Hals klopft. Noch ist für mich Schonzeit, denke ich, als es hieß, dass sich nun erst einmal alle dehnen. Meine vom Ultramarathon geschundenen Knochen und Gelenke sind auch altersbedingt lange nicht so beweglich wie die der jungen Voltigiererinnen neben mir. So sehr ich mich mühe, bei einigen Übungen erreiche ich sehr schnell meine Grenzen - sehr zur Belustigung der anderen.

Erst auf das Holzpferd

Während nun die Mädchen der M-Gruppe ihr Training auf Sir Balou beginnen, lässt mich Annika auf das mindestens genau so hohe Holzpferd. Beim Aufschwung hilft die Trainerin, indem sie mich mit einem Griff an den Fuß des Schwungbeins nach oben drückt. "Gerade sitzen, mehr auf dem Po sitzen", gibt es klare Anweisungen, und weiter: "Nun die Arme an die Seite strecken. Kopf hoch und lächeln." Freihändig in schwindelerregender Höhe ist schon für mich eine Leistung, aber das Holzpferd steht, sicher und fest. Nachdem ich Aufschwung und Sitz noch wiederholt habe, kommt schon die sogenannte Fahne. Auf Anweisung schwinge ich meine Beine aus dem Sitz heraus nach hinten. Ich knie nun. Mein Oberkörper ist nach vorn gebeugt, meine Schultern sind in Höhe der Griffe des Voltigiergurtes. Für die perfekte Fahne muss ich das rechte Bein nach hinten anheben, um es zusammen mit dem Körper in einer Waage zu halten. Etwas wacklig ist es schon noch, also bei mir ist es eher eine Fahne im Wind. Aber Annika meint, ich soll nun auf Schnappy mein Können zeigen. Katharina lässt das Pferd an der Longe im Kreis laufen, genauer gesagt im Schritt, dem gemächlichsten Tempo, bewegen. Dank Annikas Hilfe komme ich gut in den Sattel. Zu meiner Überraschung loben mich die Trainerinnen ob meines guten Sitzes. Dabei saß ich das letzte Mal im Kindesalter auf einem Pferd - und das war ein kleines Pony auf dem Cuxhavener Fleckenmarkt.

Nach der Fahne die Mühle

Es läuft einigermaßen. Die Arme abspreizen funktioniert schon mal und auch die Fahne gelingt mir, wenn auch mit einigen Schweißperlen auf der Stirn. "Das Atmen nicht vergessen", ruft Katharina. Dabei habe ich eher das Gefühl, dass ich Schnappatmung bekomme. Vor dem Absprung schwinge ich das rechte Bein über den Hals des Pferdes nach links. Vom Haltegriff aus abgedrückt geht es in die Tiefe. "Die Augen nach vorn", folgt die Korrektur von Annika, die mich dann erneut zum Holzpferd begleitet. Wir üben die Mühle, bei der ich den Körper auf dem Pferderücken nach und nach um 90 Grad drehe, bis ich wieder in der Ausgangsposition bin. Das Umgreifen der Hände an den Griffen und das Rückwärtsreiten fordern von mir höchste Konzentration. Und weil es so schön war, darf ich nach einer zweiten Runde dann auch noch mal im Sitz galoppieren, natürlich mit der durch Longenführerin Katharina gegebenen Sicherheit. Während ich auf Schnappy agiere, trainieren die Voltigiererinnen übrigens weiter an einem Parcours ihre Kraft, Koordination und Stabilität. Bei diesem Zirkeltraining macht mir der kleine Sammy Brihmani, einer von drei Jungs in der Voltigierabteilung, die Übungen spielend leicht vor.

Ich breche hier wegen der Nachwehen von meinem Ultramarathon ab. Dafür geht's noch mal aufs Pferd, zusammen mit Sammys Schwester Helena, die rückwärts auf dem Hals von Schnappy sitzt und mir die Hände reicht. Sie hält mich fest, während ich mich hinknie und einen Fuß aufstelle, den Oberkörper gerade mache. Jetzt dürfte mein Kopf schon in etwa in drei Metern Höhe sein. Höher hinaus geht es heute nicht. Für das Hinstellen auf dem Pferd war es heute noch zu früh.

Zufriedenheit am Ende

Beim abschließenden Dehnen wird mir netterweise von den Voltigiererinnen versichert, dass ich meine Sache "ganz gut" gemacht und das "nicht so schlecht ausgesehen" habe. Zufrieden, auch weil ich die Ehrfurcht vor Höhe und großem Tier zumindest für dieses Training ablegen konnte, verabschiede ich mich. "Bis zum 1. Mai", ruft mir Katharina als Hinweis auf das alljährliche Turnier auf dem Buchenhof hinterher. Und aus dem Kreis der jungen Voltigiererinnen wird noch ergänzt: "Genau, Frank startet dann im Einzel." Liebe Voltis, so sehr ich Eure Sportart auch schätzen gelernt habe und auch Spaß hatte, eine Karriere werde ich bei Euch nicht mehr starten. Aber: Voltigieren werden ich gern jungen Menschen weiterempfehlen.

Fünf Vereine in der Region:

Im Bereich des "Unterelbeschen Renn-, Reit- und Fahrvereins", dem Kreisreiterverband für die Bereiche Stadt Cuxhaven und Hadler Land, gibt es fünf Vereine, die sich mit Voltigiergruppen am Wettkampfgeschehen beteiligen: Holte-Spangen, Ihlienworth, Hechthausen-Basbeck, Börde Lamstedt und Großenwörden. Im südlichen Bereich des Landkreises Cuxhaven gibt es den Kreisreiterverband, der unter anderem in Dorum beim Wurster Reitklub eine Voltigierabteilung hat.

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Frank Lütt

Redakteur
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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