
Gunnar Sauer: Ein Cuxhavener Jung wurde Bremens Beckenbauer
CUXHAVEN/BREMEN. Der gebürtige Cuxhavener Gunnar Sauer hat als Fußball-Bundesliga-Profi beim SV Werder Bremen reichlich Titel gesammelt. Er ist bis heute der erfolgreichste Fußballspieler aus Cuxhaven. Doch was der 56-Jährige heute?
Er wohnt und arbeitet in Bremen als Immobilienmakler: "Ich habe im Moment ordentlich was zu tun", sagt Sauer, als er zwischen zwei Terminen Zeit für das Interview hat. Sein Einsatzgebiet für ein alteingesessenes, über 100 Jahre altes Unternehmen liegt in Bremen und umzu. "Das mache ich nun über 20 Jahre. Ich habe schon zu meiner aktiven Fußballzeit etwas mit Immobilien gearbeitet, unter anderem Häuser umbauen lassen." Während seiner letzten Station als Kicker legte er den Grundstein für sein weiteres Berufsleben und wurde Immobilienmakler. Aber auch wenn er mittlerweile in der Hansestadt einen Ruf in der Branche hat, so verbinden die Bremer den Namen Gunnar Sauer doch auch heute noch eng mit Werder.
Der Grundstein für diese Karriere wurde schon früh gelegt. Gunnar Sauers Vater Gustav-Adolf war in Cuxhaven nicht nur als Kripobeamter bekannt, sondern auch als charismatischer Fußballtrainer. Er hatte einige Jugendmannschaften beim Cuxhavener Sportverein (CSV) betreut, unter anderem auch die seines Sohnes. Der Sprössling war ein Multitalent, Gunnar Sauer spielte erfolgreich Tennis beim ATS Cuxhaven und gehörte dem von Günther Bosch (später Trainer von Boris Becker) betreuten Landeskader an und war als Leichtathlet aktiv.
Rote Karte vom Bruder
"Meine Eltern haben mir viel ermöglicht", blickt er heute zurück. Aber so wie heutzutage einige Kinder von A nach B kutschiert werden, das gab es damals nicht: "Ich bin dann eben vom Fußballtraining zum Tennis und zurück nach Hause mit dem Fahrrad gefahren." Eine besondere Erinnerung an die fußballerischen Kindheitstage hat er außerdem: "Meine erste Rote Karte habe ich mit zwölf oder 13 Jahren gesehen. Der Schiedsrichter war mein Bruder", so Sauer lachend. Der ältere Bruder Stefan, vielen besser unter dem Spitznamen Bonzo bekannt, verwies den kleinen Gunnar vom Platz, weil dieser bei der Ausführung einer Ecke nicht ganz nach der Pfeife des großen Bruders tanzen wollte. "Völlig unberechtigt die Rote Karte", fügt Gunnar Sauer amüsiert hinzu.
Zeitgleich hat der Abwehrspieler schon bei den Profis mittrainiert. Kurz vor seinem 22. Geburtstag wurde ihm dann von Manager Willi Lemke ein Zwei-Jahres-Vertrag angeboten. "Die Entscheidung für mich traf aber Trainer Otto Rehhagel", so Sauer, und er fügt nach einer ganz kurzen Denkpause mit einem leichten Lachen hinzu: "Oder seine Frau. Aber mal Spaß beiseite, Ottos Frau hatte aber wirklich viel Ahnung vom Fußball."
Durch Leistung erarbeitete sich der Jungprofi die ersten Kurzeinsätze in der höchsten deutschen Spielklasse. Als sich dann Bruno Pezzey verletzt hatte, gab es das erste Spiel von Beginn an. "Und irgendwann war ich fest drin", stellt Sauer fest. Mit ihm wurde Werder hintereinander zweimal Zweiter und einmal Fünfter in der 1. Bundesliga, ehe der ganz groß Coup gelang.
In der Spielzeit 1987/88 holte sich Bremen den Titel. Die Abwehrleistung war überragend, lediglich 22 Gegentreffer gab es in der gesamten Spielzeit. Schon vier Spieltage vor Saisonende stand der Titelgewinn fest. Unüblicherweise übergab der DFB die Meisterschaftsschale direkt vor dem letzten Spiel, es war ein Heimspiel gegen den Nordrivalen Hamburger SV. Die Werder-Spieler unterlagen mit 1:4. "Das hat Otto nicht gefallen. Aber kräftig gefeiert haben wir anschließend trotzdem", so Sauer, für den das Jahr 1988 noch mehr Höhepunkte haben sollte. Nach dem Gewinn des Supercups gab es für den Cuxhavener die Einladung des DFB. Der Libero kam in den Kader der Nationalmannschaft, die im eigenen Land die Europameisterschaft bestreiten sollte. In der Turniervorbereitung lief es unter dem Trainer Franz Beckenbauer sehr gut. Einen Tag vor dem Eröffnungsspiel gegen Italien habe Beckenbauer zu ihm gesagt, dass er Sauer in die Startaufstellung bringen wolle, obwohl er vorher noch kein Länderspiel bestritten hatte. Nach eingehender Beratung mit dem Mannschaftsrat habe sich Beckenbauer dann am Spieltag anders entschieden und setzte auf den fast neun Jahre älteren Matthias Herget. "Ein Fehler von Herget leitete den Gegentreffer bei dem 1:1 ein." Nach dem Spiel habe Beckenbauer in der Kabine dann noch mit einem leichten Nicken zu Sauer hin gesagt: "Der erste Gedanke ist wohl doch immer der beste Gedanke." Und in einem Einzelgespräch gab der Bundestrainer ihm auf den Weg: "Du hast die Zukunft noch vor Dir."
Als er wieder gesund war, begann er zunächst wieder bei den Amateuren, um dann aber wieder schnell im Profikader zu kicken und um weitere Titel einzusammeln. 1996, nach dann 15 Jahren im Werder-Trikot, wechselte der 32-Jährige zu Hertha BSC. Mit dem Hauptstadt-Klub schaffte Sauer 1998 den Aufstieg von der 2. in die 1. Bundesliga. Es folgten sozusagen zum Ausklang noch eine Saison beim Zweitligisten beim VfB Leipzig und ein Jahr beim Regionalligisten VfB Oldenburg als spielender Co-Trainer.
Ausflüge nach Cuxhaven
So blieb denn jetzt auch mal Zeit, einen Ausflug in die alte Heimat zu unternehmen. "Mit meiner Frau mache ich das schon häufiger mal, dann nehmen wir auch die Fahrräder mit und radeln schön von Sahlenburg nach Duhnen und so weiter." Bei dem jüngsten Trip an die Nordsee waren die Kinder dabei. "Wir wollten ein schönes Krabbenbrötchen essen. Aber die Buden und Geschäfte hatten wohl alle wegen Corona zu. Auf der Rücktour haben wir dann in Dorum immerhin unser Brötchen bekommen." Beim nächsten Mal will er aber unbedingt wieder in seinem Cuxhaven die maritime Spezialität genießen.
Erfolge:
Deutscher Meister: 1988 und 1993
DFB-Pokal-Sieger: 1991 und 1994
Europapokal der Pokalsieger: 1992
Supercup-Sieger: 1988, 1993, 1994
Gunnar Sauer
Geburtstag: 11. Juni 1964
Geburtsort: Cuxhaven
Größe: 180 cm
Position: Abwehr
Stationen im Juniorenbereich:
bis 1979 beim Cuxhavener Sportverein
1979 bis 1982 SV Werder Bremen
Stationen im Herrenbereich:
1982 bis 1984 Werder Bremen II 126 Spiele (12 Tore)
1984 bis 1996 SV Werder Bremen 134 (8)
1996 bis 1998 Hertha BSC 8 (0)
1998 VfB Leipzig 12 (0)
1998 bis 1999 VfB Oldenburg 11 (5)
Stationen Nationalteams:
1981 bis 1982 Deutschland U18 1 (0)
1987 Deutschland U21 4 (0)
1987 bis 1988 Deutschland Olympiaauswahl 2 (0)