An der Saatkrähe scheiden sich die Geister. Für die einen ist sie ein wertvolles Wildtier, für die anderen ein lärmender Plagegeist. In Otterndorf tobt der Grundsatzstreit zu den Vögeln schon seit vielen Jahren. Anwohner und Urlauber sind zunehmend genervt von den lautstarken Rabenvögeln, die sich im Amtsgerichtsgarten eingenistet haben. Foto: Trepte
An der Saatkrähe scheiden sich die Geister. Für die einen ist sie ein wertvolles Wildtier, für die anderen ein lärmender Plagegeist. In Otterndorf tobt der Grundsatzstreit zu den Vögeln schon seit vielen Jahren. Anwohner und Urlauber sind zunehmend genervt von den lautstarken Rabenvögeln, die sich im Amtsgerichtsgarten eingenistet haben. Foto: Trepte
Tiere

Hadeln: Umsiedlung der Krähen kein Spaziergang

von Christian Mangels | 29.07.2019

OTTERNDORF. Sie werden zum Problem: Was ist zu tun mit den Otterndorfer Saatkrähen? Das Naturschutzamt des Landkreises Cuxhaven sieht nur wenig Spielraum.

Hoch über Otterndorf kreisen sie und in den Bäumen krächzen sie laut: die Saatkrähen. 680 Brutpaare davon gibt es allein im Amtsgerichtspark (Zählung 2018). Doch einfach umbringen oder gewaltsam verscheuchen darf man sie nicht, denn die Tiere sind vom Gesetz streng geschützt. Stadtdirektor Harald Zahrte hat nun eine Umsiedlung des lauten Völkchens ins Spiel gebracht. Das Naturschutzamt des Landkreises sieht den Vorschlag skeptisch.

Krächz, kreisch, krah - die Saatkrähen gehen vielen Otterndorfern mächtig auf den Wecker. Die Vögel lärmen mitten in der Stadt, brüten im Amtsgerichtspark und verschmutzen Wege, Autos, Schulhöfe und Terrassen. Klar ist: Die Population im Amtsgerichtspark ist deutlich gestiegen. Das zeigen die Zahlen, die das Naturschutzamt des Landkreises unserer Zeitung zur Verfügung gestellt hat.

Nisteten im Jahr 2017 noch 510 Brutpaare im Amtsgerichtsgarten, waren es im vergangenen Jahr schon 680. Eine Vergleichszahl aus dem Jahr 2013: Damals wurden 330 Brutpaare gezählt.

Zu den Bruthabitaten im Amtsgerichtsgarten kommen noch die reinen Schlafplätze der Rabenvögel - deshalb wirkt die Zahl der Saatkrähen besonders massiv. Es geht also nicht um wenige Tiere, sondern um eine "lokale Population", die einen besonderen Schutzstatus genießt, wie die Mitarbeiter des Naturschutzamtes betonen.

"Langwierige Geschichte"

Die von Stadtdirektor Harald Zahrte ins Spiel gebrachte Umsiedlung der Saatkrähen betrachtet man bei der Naturschutzbehörde mit Skepsis: "Das ist eine sehr aufwendige und langwierige Geschichte." Abgesehen davon, dass zunächst einmal eine geeignete Ersatzfläche im Otterndorfer Stadtgebiet gefunden werden müsste, bestünde bei einer Umsiedlung die Gefahr, dass sich die Kolonie über die Stadt verteilt und sich viele neue Teilkolonien bilden.

Ohnehin sei eine Umsiedlung der kompletten Amtsgartenkolonie praktisch kaum möglich. Lediglich der Brutraum im Osten des Parks, der direkt an die Wohnhäuser grenzt (Am Schloßgraben), käme nach Ansicht des Naturschutzamtes für einen "Zwangsumzug" der Vögel infrage.

Allerdings müssten für eine solche Aktion fundierte Daten, etwa zur Belastung der Anwohner, auf dem Tisch liegen. Eine Schallpegelmessung habe es nach Informationen des Naturschutzamtes noch nicht gegeben.

"Absolut sauber"

Eine Umsiedelung der Saatkrähen muss durch eine Planungsfirma vorbereitet und begleitet werden. Und: Jegliche Maßnahmen sind selbstverständlich "absolut sauber", also nach den gesetzlichen Bestimmungen durchzuführen - schon allein um juristischen Auseinandersetzungen mit Krähen-Befürwortern (die jeden Schritt mit Argusaugen beobachten) vorzubeugen.

Um alle Aspekte der Krähen-Problematik zu beleuchten, schlagen die Mitarbeiter der Naturschutzbehörde die Bildung eines runden Tisches mit Experten, Anwohnern und Vertretern aus Politik und Verwaltung vor.

Und was hält der Naturschutzbund (Nabu) von den Umsiedlungsplänen für die Otterndorfer Saatkrähenkolonie? "Teil- oder Komplettumzüge sind schon gelungen. Der Nabu würde einem solchen Unterfangen mit entsprechender Beratung zur Seite stehen", erklärt Martin Behrmann von der Nabu-Gruppe Land Hadeln.

27 500 Brutpaare im Land Niedersachsen:

1972 galt die Saatkrähe (Corvus frugilegus) als vom Aussterben bedroht. Damals gab es nur noch 2052 Brutpaare in Niedersachsen. Zum Vergleich: 1850 waren es rund 65 000 Brutpaare.

Seither wurden Schutzmaßnahmen ergriffen und die Saatkrähe durfte nicht mehr gejagt werden. Der Bestand hat sich wieder erholt. In Niedersachsen gibt es derzeit rund 27 500 Brutpaare. Dennoch wird der Vogel noch auf der Vorwarnstufe für die Rote Liste bedrohter Arten geführt - auch wenn das große Vorkommen der Saatkrähen, zum Beispiel in Otterndorf, einen anderen Eindruck vermittelt.

Die intelligenten Vögel haben schnell gelernt, dass sie vor Verfolgung und Vertreibung im Siedlungsbereich des Menschen geschützt sind.

Parallel dazu führten agrarwirtschaftliche Veränderungen in der freien Landschaft zu einer Nahrungsverknappung. Daher haben die Saatkrähen im Zuge einer "Landflucht" zunehmend die Randbereiche und das Innere von Dörfern und Städten besiedelt.

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