Hurtigruten gerät durch geplante Kreuzfahrt-Stopps in Cuxhaven in die Kritik
CUXHAVEN. Am Dienstag legt das Kreuzfahrtschiff "Otto Sverdrup" des norwegischen Reiseanbieters Hurtigruten in Cuxhaven an. Doch was rein positiv für Cuxhavens Tourismusbranche scheint, stellt sich bei näherem Betrachten als moralisch fragwürdige Aktion dar.
Die hell in der Sonne glitzernde Nordsee umrahmt ein schwarz-rotes Schiff, das kleine Wellen vor seinem Bug herschiebt. Es ist die "Otto Sverdrup" der Kreuzfahrtfirma Hurtigruten, die von der norwegischen Küste jetzt auch regelmäßig in zweiwöchigen Abständen bis Hamburg und Cuxhaven touren wird.
Romantik mit fadem Beigeschmack
Die romantisch anmutende Reisestimmung bekommt bei näherem Hinsehen jedoch einen faden Beigeschmack: Der Kreuzfahrtanbieter umgeht das norwegische Gesetz, um Kosten zu sparen. Bereits 2020 berichtete die norwegische Reporterin Inghild Erikson kritisch über den Reiseanbieter und geplante Zwischenstopps in Cuxhaven sowie Hamburg.
Dumping-Löhne durch Trick
"Laut Gesetz kann ein norwegisches Kreuzfahrtschiff, das zwischen Häfen außerhalb Norwegens verkehrt, die Rotationsliste mit ausländischen Besatzungen füllen und diese nach internationalen Tarifen bezahlen", schildert Erikson in der Reportage. So arbeitet laut der Journalistin an Deck der Hurtigruten-Schiffe überwiegend Personal von den Philippinen. Die Gesetzesregelung soll eigentlich verhindern, dass einheimische Seeleute verdrängt werden und Dumping-Löhnen entgegenwirken.
Kritik von Hochschul-Professor
"Es handelt sich bei diesem Trick um sogenannte Kabotage", bestätigt Alexis Papathanassis, Rektor der Hochschule Bremerhaven und Professor für Cruise Tourism Management. Als Kabotage gelte das Erbringen von Transportdienstleistungen innerhalb eines Landes durch ein ausländisches Verkehrsunternehmen.
Heimische Unternehmen könnten verdrängt werden
Ein großes Problem liege darin, dass ausländische Unternehmen nicht an Mindestlöhne oder Ähnliches gebunden seien und somit "heimische" Unternehmen vom Markt verdrängen können. "Es wird befürchtet, dass dies zum Verlust von Arbeitsplätzen für norwegische Seeleute oder zu ihrer Ersetzung durch ausländische Seeleute mit niedrigeren Löhnen führen könnte", schildert der Experte.
Schiff muss zwei ausländische Häfen anlaufen
Schiffe mit Billigflaggen oder solche, die unter dem norwegischen internationalen Schiffsregister (NIS) registriert sind, dürfen auf der wichtigsten norwegischen Küstenroute eigentlich keine Kabotage betreiben. Offenbar habe die norwegische Regierung aber Pläne zur Ausweitung dieser Möglichkeit für einige NIS-Schiffe genehmigt. "Damit ein Passagierschiff in NIS registriert werden kann, muss es zwei ausländische Häfen anlaufen", sagt Papathanassis.
Liegeplatzgebühren sind geringer
Dass die "Otto Sverdrup" ausgerechnet Cuxhaven für den zweiten ausländischen Stopp gewählt hat, liegt nach Informationen unserer Zeitung vermutlich am Preis: Die Liegeplatzgebühren in Cuxhaven sind deutlich niedriger als in anderen deutschen Häfen. Zudem liegt Cuxhaven auf direktem Weg von Hamburg in Richtung Nordsee.
Zweiter Stopp war in Esbjerg
Bisher hatte die Reederei den zweiten ausländischen Stopp im Hafen von Esbjerg in Dänemark gemacht. Das dürfte deutlich teurer gewesen sein als der kurze Zwischenstopp in Cuxhaven, der in der aktuellen Reiseroute als gemeinsamer erster Tag mit Hamburg angegeben wird. Tag zwei verbringen die Kreuzfahrtgäste auf See, nächster Stopp ist dann bereits Stavanger in Norwegen.
"Wir freuen uns auf die Schiffe und die Gäste"
"Wenn ein Schiff aus Hamburg kommt, in Cuxhaven festmachen darf, gehen wir davon aus, dass die hier geltenden Gesetze eingehalten werden", betont Norbert Plambeck, Vorsitzender der Tourismuswirtschaftsgemeinschaft Cuxhaven (TWG). Den Sachverhalt zu beurteilen, stehe ihm nicht zu. Er fährt fort: "Wir freuen uns auf die Schiffe und die Gäste." Die TWG wolle sich darauf konzentrieren, dass sich die Gäste in Cuxhaven wohlfühlen und gerne wiederkommen.
Von Laura Bohlmann-Drammeh
und Lia Stoike