
Impfpflicht in der Pflege? Betriebe im Kreis Cuxhaven sind sich uneinig
KREIS CUXHAVEN. Während Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althumusmann sie fordert, gehen die Meinungen hiesiger Pflegeeinrichtungen zum Thema "Impflicht in der Pflege" im Kreis Cuxhaven auseinander.
Kürzlich forderte Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann eine Impfpflicht für stark gefährdete Bereiche, wie die Altenpflege. Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste, sprach sich nach der Entscheidung der Gesundheitsministerkonferenz ebenfalls für eine deutliche Steigerung der Impfquote aus. Die Meinungen hiesiger Pflegeeinrichtungen im Kreis Cuxhaven gehen derweil auseinander.
Pflegekräfte drohen der Branche den Rücken zu kehren
"In der Pflege ist letztendlich alles kritisch zu betrachten, was dazu führen kann, dass Personal der Branche den Rücken kehrt", betont Silvia Müller, Pflegedienstleitung vom Seniorenhaus Lamstedt. Während einige Pflegeeinrichtungen aus der Stadt Cuxhaven und dem Kreisgebiet nicht erreichbar waren oder sich nicht äußern wollten, vertritt Müller einen klaren Standpunkt: Werde eine Impfpflicht in der Altenpflege eingeführt, könne das dazu führen, dass der Personalnotstand verschärft wird.
Personal trägt Verantwortung für Pflegebedürftige
Müller betont: "Trotzdem ist eine Impfung wichtig, wenn jemand mit Menschen arbeitet, die besonders gefährdet sind und einen schweren Verlauf erleiden können." Das sollte aber jeder für sich selbst entscheiden. Im Seniorenhaus Lamstedt sei sich das Personal dieser Verantwortung bewusst und sei zu einem Großteil geimpft. Die wenigen Ungeimpften in der Einrichtung werden dauerhaft täglich auf das Coronavirus getestet. "Die Impfung alleine ist für mich nicht der Weisheit letzter Schluss", betont Müller. Angesichts der Impfdurchbrüche sei eine Kombination aus Impfung und Testung unabdingbar.
Kein Argument gegen Corona-Impfung
Eike Spiering, Pflegedienstleitung im Lintiger Seniorenheim Spiering, hat dazu eine konsequente Meinung: "Ich bin für eine flächendeckende Impfpflicht." Es gebe, abgesehen von gesundheitlichen Argumenten, wie einer bekannten Allergie, keines was gegen eine Impfung spreche, vor allem nicht im Pflegebereich.
Ungeimpftes Pflegepersonal ignorant
"Ich halte es für ignorant, wenn Pflegepersonal sich ohne Grund gegen eine Impfung entscheidet", findet Spiering. Es gebe aus seiner Sicht keine Impfung, die so gut erforscht wurde, wie die zur Verfügung stehenden Corona-Schutzimpfungen. "Außerdem stellt jeder Ungeimpfte in der Pflege ein erhöhtes Risiko für die ihm anvertrauten Schutzbefohlenen dar", bekräftigt der Pflegedienstleiter.
"Tests verhindern keine Infektion"
Ähnliches äußerte kürzlich auch Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (bpa): "Tests verhindern keine Infektion - Impfungen und niedrige Infektionszahlen schon." Die Impfquote in der allgemeinen Bevölkerung sei nach wie vor zu niedrig, die Dritt-Impfungen für besonders gefährdete Menschen und ihr Pflegepersonal zu wenig fortgeschritten. Auch wenn Tests einen wichtigen Baustein zur Pandemie-Bekämpfung darstellen, lasse sich Corona nicht wegtesten.
Hohe Zahl nicht geimpft
Auch Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann äußerte dem NDR gegenüber, dass eine Impfpflicht "unausweichlich" sei. "Ich habe kein Verständnis dafür, dass noch immer eine hohe Zahl der Pflegekräfte nicht geimpft ist." Entgleite die Lage weiterhin, müsse eine Impfpflicht in besonders gefährdeten Bereichen, wie Altenheimen oder der Intensivmedizin in Erwägung gezogen werden.
Aufklärung ein wichtiger Baustein in Pandemie-Bekämpfung
Andreas Knust von der Klinikleitung des Krankenhauses Land Hadeln setzt hingegen auf Aufklärung: "Vielmehr halten wir es für sehr wichtig und erforderlich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stets auf dem aktuellen Informationsstand zum Thema Impfen zu halten." Eine generelle Impfpflicht im Pflegebereich hält Andreas Knust nicht für angebracht. Die hausinterne Impfquote betrage nahezu 94 Prozent. Er fährt fort: "Unser Hygienekonzept sieht für Ungeimpfte das Tragen von FFP2-Masken und tägliche Antigen-Testungen vor."
Moralische Pflicht gegenüber den Patienten
Auch in der Helios-Klinik Cuxhaven wird Hygiene groß geschrieben. "Bei uns gelten dieselben strengen Hygiene- und Schutzmaßnahmen für das medizinische Personal - ungeachtet ihres Impfstatus", betont Katharina Recht, Pressesprecherin des Klinikums. Die interne Impfquote liege bei über 70 Prozent. Bezüglich einer Impfpflicht positioniert sich die Helios-Klinik ganz deutlich. Recht betont: "In erster Linie gibt es aus unserer Sicht für jeden, der im medizinischen Bereich tätig ist, eine moralische Pflicht, Patienten zu schützen und sich somit auch impfen zu lassen." Die Impfpflicht für alle oder bestimmte Berufsgruppen bleibe aber Aufgabe des Gesetzgebers.