In Charkiw gefangen: Cuxhavener hat Angst um seine Partnerin im Krieg
CUXHAVEN. Der Blick auf das Handy ist für Marco Weber im Moment jedes Mal mit Angst verbunden: Die Partnerin des Cuxhavener Kioskbesitzers lebt in Charkiw und sucht im Luftschutzbunker Schutz vor den russischen Angreifern.
"Wir halten permanent Kontakt über das Handy, aber es ist schwer, genau zu erfahren, was los ist", sagt Weber. Vor zwei Jahren hat er seine Partnerin in Prag kennen gelernt, seitdem sind die beiden ein Paar, führen eine Fernbeziehung. Um sie zu schützen, will er weder ihren Namen noch ihr Foto in der Zeitung veröffentlichen.
Cuxhavener fühlt sich hilflos
"Ich habe letzte Woche morgens noch zu ihr gesagt, verlass die Stadt, komm nach Deutschland, aber sie hat mich beruhigt, so nach dem Motto: "Die Russen drohen uns ständig" und ist zur Arbeit gegangen", erzählt der Cuxhavener. Am Nachmittag habe er dann die Nachricht erhalten, dass seine Freundin inzwischen in den Luftschutzbunker geflohen sei. "Da war es schon zu spät, die Stadt zu verlassen", erklärt Weber. Seitdem verfolgt er die Nachrichten, versucht, seiner Partnerin aus der Ferne beizustehen. "Meine Gedanken sind im Moment von Angst und Hilflosigkeit bestimmt", sagt Weber.
Partnerin im Luftschutzkeller in Charkiw
Seine Partnerin wisse wohl darum, sagt der Cuxhavener, dem der Kiosk "Lotseneck" in der Schillerstraße gehört. Denn sie betone stets, dass es ihr gut gehe, der Luftschutzbunker sicher sei und er sich keine Sorgen machen solle. "Aber ich sehe, dass es kalt sein muss, sie trägt inzwischen auf allen Bilder eine warme Winterjacke, hat den Hintergrund ausgeblendet", so Weber. Er sei auch sofort bereit, seine Partnerin und deren 19-jährige Tochter von der Grenze abzuholen. "Der Umzug nach Deutschland war mittelfristig sowieso geplant", sagt Weber. Doch es gebe kaum sichere Fluchtwege aus der Stadt. "Seit Donnerstag fahren wieder Züge von Charkiw nach Lemberg, habe ich erfahren", erzählt Weber. Bekannte hätten ihm Fotos vom Bahnhof geschickt, auf denen zu sehen ist, wie viele Menschen sich vor einem Zug drängen.
Luftschutzkeller am Sichersten
"Mir wurde berichtet, dass die Fahr 18 Stunden dauert und so viele Menschen in den Zug gesteckt werden, wie möglich, wie die Ölsardinen", berichtet Weber. Von einem Feuerwehrmann habe er erzählt bekommen, dass der Weg zum Bahnhof lebensgefährlich sei. "Der hat seinen Einsatz überlebt, er musste Leichen, beziehungsweise Körperteile bergen", erzählt Weber am Donnerstagmorgen. Seine Partnerin wolle angesichts der Gefahr lieber noch im Luftschutzkeller ausharren. "Sie sagt, der sei am sichersten", berichtet der Cuxhavener. In seiner Not schicke er ihr Anleitungen, wie man möglichst lange im Luftschutzkeller überleben kann, auch wenn es etwa kein Wasser mehr gibt.
Jederzeit aufbruchsbereit
"Am allerwichtigsten, auch für die Menschen in der Ukraine ist jetzt, dass wir Haltung zeigen und sie unterstützen", betont Weber. Das sei das mindeste, was wir von hier tun könnten. "Aber den Ukrainern gibt das viel Kraft", so Weber. Er selbst hat auf der Facebookseite seines Kiosk Hilfsinitiativen im Kreis Cuxhaven zusammengetragen. "Ich würde auch in meinem Kiosk Spenden sammeln, wenn ich jemanden hätte, der sie an die Grenze bringt", so Weber. Und er sei in ständiger Alarmbereitschaft. "Wenn die Nachricht kommt, dass meine Partnerin Charkiw verlassen kann, fahre ich sofort los zur Grenze."