In diesem Dorf im Kreis Cuxhaven hat die Landarztpraxis Perspektive
KREIS CUXHAVEN. Das Dorf darf sich glücklich schätzen. Die medizinische Versorgung in Neuenkirchen und umzu ist gesichert. Mehr noch: Sie erfährt Stärkung. Sogar ein alter Bekannter aus der Klinik Otterndorf fängt hier in neuer Verantwortung an.
Das Hausärzteteam heißt zwei neue Kollegen willkommen, die in der Umgebung keine Unbekannten sind: Dr. Dirk Siemoneit (50) und Dr. Hannah Esselborn (31) komplettieren mit ihren Fähigkeiten die Behandlung von Patienten in allen Altersklassem: vom Baby bis hinein ins hohe Alter. Und nicht nur die Gemeinschaftspraxis im Erdgeschoss erhält Zuwachs. Die Zahnärztin Dr. Melanie Martz freut sich auf die Unterstützung einer neuen Kollegin, die das Leistungsspektrum ebenfalls erweitert.
Dr. Klaus Pellnitz, Allgemein- und Arbeitsmediziner, die Allgemeinmediziner Ulrich Mühlhausen und Dr. Marlise Hoffmann, Dr. Halvard Henning, Facharzt für innere Medizin, sowie der Arzt Azamat Ziyamukhamedov nehmen die neuen Kollegen mit offenen Armen in der hausärztlichen Praxis in der Dorfstraße 55 auf.
Vertrautes Gesicht
Für viele Patienten ist er ein vertrautes Gesicht, aber sie kennen den Arzt aus anderer Verantwortung: Dr. Siemoneit war von 2012 bis 2018 am Krankenhaus Land Hadeln tätig, hier war er zuletzt Chefarzt der Geriatrie und prägte diese Abteilung durch seine zugewandte Art in erheblichem Maße. Von 2002 bis 2010 arbeitete er zuvor an der Klinik in Cuxhaven und war danach zwei Jahre als Internist selbstständig. Sein Medizinstudium hatte er in den Jahren 1992 bis 2000 an der Universität Hamburg absolviert, dort promovierte er 2001 und erhielt 2002 die Approbation. Dr. Siemonet ist Facharzt für innere Medizin sowie Geriatrie und ist zudem Palliativarzt. Zuletzt arbeitete er als Chefarzt für Akutgeriatrie und Frührehabilition an den Elbe-Kliniken in Buxtehude. Am Dienstag hat er dort seinen letzten Arbeitstag, am Mittwoch startet er als Partnerin der Gemeinschaftspraxis.
Kinderärztin ist waschechte Hadlerin
Dr. Hannah Esselborn ist eine waschechte Hadlerin. Sie im Nachbardorf Osterbruch aufgewachsen, legte 2009 ihr Abitur am Gymnasium in Otterndorf ab und studierte bis 2015 an der Uni Lübeck mit Auslandssemestern in Graz und Buenos Aires. 2016 bis 2021 erfolgte ihre Weiterbildung zur Kinder-und Jugendmedizinerin in der Prof.-Hess-Kinderklinik sowie in der Praxis Kinder- und Jugendmedizin im Flüsseviertel in Bremen. Dr. Esselborn steht kurz vor ihrer Facharztprüfung als Kinderärztin und sie startet in Neuenirchen ihre Weiterbildung zur Allgemeinmedizinerin, sodass die nächste Hausärzte-Generation gesichert ist. Dass es künftig eine Kinderärztin im Ort gibt, findet Zahnärztin Dr. Melanie Martz klasse. Auch ihre Praxis richtet den Blick zunehmend auf junge Patienten. Mit Dr. Franziska Kruse aus Hamburg, eine Kommilitonin aus Studienzeit, kommt eine Kollegin aufs Dorf, die eine Ausbildung als Ärztin für Kinder- und Jugendzahnheilkunde vorweist.
Ärzte können kürzertreten
Vor allem froh über die Unterstützung durch Kollegen sind die beiden Ärzte Mühlhausen und Pellnitz: Mit ihren 69 und 65 Jahren haben sie zwar noch nicht vor, aufhören, aber durch die Verstärkung können sie ein bisschen kürzertreten - und die beiden Landärzte mit Leib und Seele wissen dabei ihre Praxis in guten Händen. Sie empfinden es als ein großes Glück, dass es hier mit jüngeren Leuten weiter geht. Beide arbeiten bereits seit 2003 in einer Gemeinschaftspraxis in Neuenkirchen zusammen. Das ist ein bisschen wie eine Ehe. Eine Gemeinschaftspraxis (nicht zu verwechseln mit einer Praxisgemeinschaft) ist eine echte von gegenseitigen Vertrauen geprägte Partnerschaft, in der die Verantwortlichen alle wirtschaftlichen und personellen Entscheidungen gemeinsam tragen müssen. In einer Gemeinschaftspraxis betreuen mehrere Ärzte gemeinsam ihren Patientenstamm in einer Datei. Sie können gegenseitig Urlaubsvertretungen übernehmen oder kurzfristig füreinander einspringen. Auch die Abrechnungen erfolgen gemeinsam.
Rund 3000 Patienten werden betreut
Rund 3000 Patienten aus Neuenkirchen und umzu betreuen die Praxisärzte. "Auf dem Land gehen die Patienten rücksichtsvoller mit ihren Ärzten um", hat Ulrich Mühlhausen bemerkt. Es gehe um Vertrauen und Vertrautheit.
Sein Kollege Dr. Halvard Henning beschreibt eine große Bandbreite der zu leistenden hausärztlichen Versorgung: "Durch die geringe Facharztdichte - gerade auch im psychologischen und psychiatrischen, aber auch im rheumatologischen Bereich müssen wir eine breite Versorgung leisten - aber das macht es auch interessanter, und es geht hier viel familiärer zu." Zahnärztin Martz, die gebürtige Neuenkirchenerin ist, lächelt: "Ich finde es schön, dass mich die Hälfte meiner Patienten duzt, weil sie mich lange kennen."
Alle Mediziner sehen die Praxen gut aufgestellt - und sie setzen mit den Personalien ein Signal in die Zukunft der medizinischen Versorgung der Region. Ihr "Ärztehaus" wurde von der Gemeinde mit erheblichen öffentlichen Förderungen umgebaut und Ende 2012 eingeweiht. Die Gemeinschaft- und die Zahnarztpraxis sind Mieter der Gemeinde. Das empfinden sie als vorteilhaft, weil nicht die Verantwortung für eine Immobilie haben.