Ingo Tietje, Bürgermeister der Gemeinde Neuenkirchen. Foto: Joppien
Ingo Tietje, Bürgermeister der Gemeinde Neuenkirchen. Foto: Joppien
Interview

Ingo Tietje: "Neuenkirchen ist insgesamt gut aufgestellt"

09.02.2019

NEUENKIRCHEN. Wenn 2021 die nächste Kommunalwahl ansteht, wird Ingo Tietje sein 30-jähriges Amtsjubiläum feiern. 1991 ist der SPD-Politiker erstmals zum Bürgermeister von Neuenkirchen gewählt worden und es seither geblieben.

Seine Bilanz kann sich sehen lassen. Das Dorfgemeinschaftshaus sowie das Ärztehaus, die Sanierung des Feuerwehrgerätehauses, der Neubau der Ortsdurchfahrt und der Radwege nach Ihlienworth und Nordleda sowie der Kindergarten sind unter seiner Ägide entstanden. Über die Meilensteine und über aktuelle Herausforderungen in Neuenkirchen sprach Gaby Joppien mit dem 68-Jährigen.

Wann und warum sind Sie in die Politik gegangen?

1986 bin ich erstmals in den Gemeinderat gewählt worden. Als gebürtiger Neuenkirchener war ich schon immer am Geschehen im Dorf interessiert. Zu der Zeit war ich Mannschaftsführer und Betreuer im TSV Neuenkirchen. Gewählt wurde ich 1986 als 36-Jähriger mit einem großen Stimmenvorsprung, war der Jüngste im damaligen Gemeinderat und brachte viele neue Ideen mit. Fünf Jahre später schon wurde ich Bürgermeister.

Was waren die größten Herausforderungen in ihrer Amtszeit?

1993 stand die Feier zum 100. Geburtstag von Hinrich-Wilhelm Kopf (dem aus Neuenkirchen stammenden ersten Ministerpräsidenten in Niedersachsen, d. Red.) an, zu der auch viele prominente Ehrengäste angereist waren. Während der Gedenkstein-Enthüllung vor der Kirche demonstrierten viele Kinder und Jugendliche mit Transparenten und forderten den Bau eines Radweges, weil kurz zuvor eine Schülerin mit dem Fahrrad auf der Strecke nach Ihlienworth tödlich verunglückt war. Angehörige von Hinrich-Wilhelm Kopf spendeten damals spontan 10 000 DM als Startkapital. Es war ein großer Erfolg, den Radwegbau hinzukriegen, der damals schon seit 25 Jahren gefordert worden war.

Und wie ging es weiter?

Im April 1995 haben wir das Dorfgemeinschaftshaus eröffnet, das den Vereinen für ihre Aktivitäten zur Verfügung steht. Heute ist es aus dem Dorf nicht mehr wegzudenken. Bis zu 500 Mal geht hier pro Woche die Tür auf und zu. Eine Kraftanstrengung war auch der DIN-gerechte Umbau des Feuerwehrgerätehauses. Zwischenzeitlich haben wir fast alle Gemeindestraßen saniert und zuletzt das "Köster-Haus" in der Ortsmitte in ein Grundversorgungshaus umgebaut. Auch das ist eine Erfolgsgeschichte. Jetzt sind vier praktische Ärzte, eine Zahnärztin, dazu ein Friseurladen und eine Bäckerei dort untergebracht.

2019 steht das 30-jährige Jubiläum der Partnerschaft mit St. Broladre (Bretagne) an. Wird sich auch die Kommune an den Feierlichkeiten beteiligen?

Ich bin froh, dass die Partnerschaft nicht politisch angeordnet, sondern komplett von privaten Freundschaften getragen wird. Natürlich nehme ich mit meinen Ratskollegen an den Feierlichkeiten teil, denn die Gemeinde unterstützt finanziell diese Patenschaft.

Sie sind ziemlich bekannt in St. Broladre, 2010 wurden Sie dort zum Ehrenbürger ernannt. Wie oft waren Sie schon dort? Und sprechen Sie inzwischen französisch?

Zusätzlich zu den offiziellen Besuchsfahrten sind wir auch privat schon oft dorthin gereist, zu Hochzeiten und anderen Anlässen. Ich unterhalte mich in einem Durcheinander aus Zeichensprache und Englisch. Auf diese Art und Weise habe ich es aber schon geschafft, meinem ehemaligen Amtskollegen Maurice Fantou zum Beispiel unseren Haushaltsplan zu erklären...

Was steht 2019 sonst noch an, was sind die größten Baustellen?

Neuenkirchen ist insgesamt gut aufgestellt, wir haben vor zig Jahren schon realisiert, was andere Gemeinden sich heute wünschen. Notwendig wäre meines Erachtens noch der Bau eines Radweges entlang der K4 in Brüninghemm. Doch die Umsetzung liegt nicht in unserer Hand, sondern ist Sache des Landkreises.

Vom ehemals geplanten Neubaugebiet hinter der Mühle hört man schon lange nichts mehr. Wie geht es damit weiter?

Ich sehe die Umsetzung als sehr gefährdet an. Der private Investor hat sich aus gesundheitlichen Gründen zurückgezogen. Außerdem ist die Hälfte der ursprünglich geplanten Fläche inzwischen anderweitig verkauft worden. Die Gemeinde steht nun in der Pflicht, ein eigenes Gebiet zu erschließen. Wo dieses entstehen soll, ist aber noch nicht abzusehen. Genauso wichtig wie die Erschließung von Neubaubaugebieten finde ich, dass frei werdende Häuser wieder neu belegt werden, damit kein Leerstand entsteht. In Neuenkirchen funktioniert das sehr gut.

Die Grundschule ist ein wichtiger Bestandteil des Dorfes. Wie sicher ist der Schulstandort Ihrer Meinung nach?

Aus verwaltungstechnischer Sicht wird er nicht infrage gestellt. Auch die Schülerzahlen haben sich stabilisiert. Es gibt demnach keinen Grund, den Standort zusammen mit Nordleda aufzugeben.

Gibt es ausreichend Kita-Plätze in Neuenkirchen?

Neuenkirchen verfügt über eine Besonderheit: Wir haben einen Ein-Gruppen-Kindergarten mit einer Kleinstkrippe (acht Plätze). Wir sind froh, dass wir das mit einer Ausnahmeregelung so hinbekommen haben. Zurzeit ist die Einrichtung voll ausgelastet. Es sind aber auch keine weiteren Investitionen geplant.

Ein Thema, über das oft und lange im Gemeinderat diskutiert wurde, ist die Krähenproblematik rund um die Kirche. Gibt es inzwischen eine Lösung?

Das ist ein Riesenproblem für die Anwohner, für die Firma Döhler, aber auch für die Kirche selbst, denn die lauten Vögel sind eine Belästigung, zum Beispiel bei Trauungen. Wir haben im vergangenen Jahr eine Zählung veranlasst. Doch für eine Vergrämung der artengeschützen Krähen wäre zunächst die Erstellung eines Gutachtens vonnöten, das tausende von Euro kosten würde - ohne Garantie, dass die Vögel sich anschließend nicht wieder dort ansiedeln. Im Moment habe ich leider keine Lösung für das Problem.

Sparkasse und Volksbank haben sich schon längst aus Neuenkirchen verabschiedet. Wie kommen Sie damit zurecht?

Wir müssen damit fertig werden. Es gibt immer etwas, das zu verbessern ist und vieles wäre wünschenswert. Aber wir haben einen hohen Standard in Neuenkirchen und wir können vieles ausgleichen mit einem intakten Dorf- und Vereinsleben.

Hinrich-Wilhelm Kopf, dem berühmtesten Sohn des Dorfes, sind Fehler, Versäumnisse und Vergehen während der NS-Zeit nachgewiesen worden. Der ehemalige "Hinrich-Wilhelm-Kopf-Platz" am Landtag in Hannover wurde deshalb 2014 in den "Hannah-Ahrendt-Platz" umbenannt. Wie sehen Sie das?

Neuenkirchen steht zu Hinrich-Wilhelm Kopf.

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