Ein kleiner Grabstein - ein couragiertes Engagement für Juden: Der Hechthausener Kurt Müller hat viele Männer, Frauen und Kindern vor dem Tod in der Gaskammer bewahrt. Archivfoto: Schröder
Ein kleiner Grabstein - ein couragiertes Engagement für Juden: Der Hechthausener Kurt Müller hat viele Männer, Frauen und Kindern vor dem Tod in der Gaskammer bewahrt. Archivfoto: Schröder
"Gegen das Vergessen"

Initiative will an Schicksale von Juden im Kreis Cuxhaven erinnern

von Egbert Schröder | 06.10.2021

KREIS CUXHAVEN. Lokale Initiativen wollen sich vernetzen und die über das ganze Cuxhavener Kreisgebiet verteilten Schicksale von Juden gebündelt an einem Ort dokumentieren.

In vielen Orten gibt es Hinweise auf das Schicksal von Menschen, die die Nazis angesichts ihres jüdischen Glaubens umbringen ließen. Es gibt sie in Form von "Stolpersteinen", Gedenkstätten oder Benennung von Straßen, die ihren Namen tragen. Aber diese Erinnerungskultur endet oft an der Dorf- oder Stadtgrenze. Das soll sich ändern: Im Cuxland hat es sich eine Initiative ("Gegen das Vergessen") zum Ziel gesetzt, Geschichten und Geschichte zu bündeln und öffentlich zu dokumentieren.

Pastor bewahrt viele Menschen vor dem Tod

Uwe Dubbert, der seit 20 Jahren dem Kreistag angehört hat, entwickelte diese Idee aus einer ganz persönlichen Erfahrung. Gemeinsam mit anderen Mitstreitern sorgte er in Hechthausen für das Gedenken an den Anwalt und Pastor Kurt Müller, der in einem einst unscheinbaren Grab am Rande des Friedhofs beerdigt worden war. Er hatte über die sogenannte "Württembergische Pfarrhauskette" Juden Unterschlupf gewährt und auch zur Flucht verholfen. In der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem wird Müllers Name als einer der "Gerechten unter den Völkern" genannt - eine große Ehrung für einen Mann, der viele Menschen vor dem Tod bewahrte.

Aber: Der Weg in die Gaskammern oder vor die Erschießungskommandos blieb weltweit Millionen Menschen jüdischen Glaubens nicht erspart. Nur ein Beispiel ist die angesehene Familie Philippsohn in Osten, die 1941 ihren Heimatort an der Oste verlassen musste und niemals zurückkehrte. An ihr Schicksal erinnern nicht nur ein Straßenname, sondern auch die "Stolpersteine" vor der Schwebefähre. Viele dieser Steine sind auch in der Stadt Cuxhaven und in anderen Orten zum Gedenken an Menschen verlegt worden, die dem Nazi-Terror zum Opfer gefallen waren.

Schicksale über ganzes Kreisgebiet verteilt

Nicht nur Uwe Dubbert sieht es als Notwendigkeit an, dass die über das ganze Kreisgebiet verteilten Schicksale gebündelt an einem Ort dokumentiert werden. In welcher Form dies geschieht und wie die einzelnen Initiativen erfasst werden, sei - zunächst - Sache der Verwaltung, um sich überhaupt einen Überblick zu verschaffen.

Im Kreistag gab es für eine solche Initiative eine große Mehrheit. So erklärte Martin Bensen (Beverstedt), dass diese Schicksale auch in seinem Ort insbesondere für nachfolgende Generationen enorm wichtig seien: "Diese Informationen dürfen nicht in der Schublade verschwinden."

Wegen großer Zustimmung erleichtert

Der Cuxhavener Gunnar Wegener sprach mit Blick auf die Dubbert-Initiative sogar von einem der "wichtigsten Anträge der letzten fünf Jahre im Kreistag". Erleichtert reagierte der Hechthausener SPD-Politiker auf die große Zustimmung seitens der Abgeordneten für seine Initiative: "Rechtsradikalisierung, Hetze und Intoleranz schreiten voran. Es darf keinen leichtfertigen Umgang mit der Geschichte geben. Die Erinnerung an die Gräueltaten während der NS-Zeit ist Staatspflicht - auch für uns."

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