
"Katastrophen-Baustelle" in Cuxhaven: Bauherr äußert sich zu wochenlangem Stillstand
CUXHAVEN. Die Dachziegel liegen seit Wochen unangetastet auf den nicht fertig gestellten Dachstühlen, Bauarbeiter sind selten auf der Baustelle in Cuxhaven zugegen.
Die Großbaustelle "Hinter der Kirche" in Döse, bei der 48 Eigentumswohnungen entstehen sollen, sorgt im Dorf für Pleite-Spekulationen. Döse ist nicht die einzige Baustelle des Bauherren, die mit wochenlangem Stillstand Schlagzeilen machte.
Wie der Zufall es so will, sind just seit diesem Montag wieder einzelne Arbeiter auf der Baustelle des Projekts "Nordsee Garden" an der Straße "Hinter der Kirche" anzutreffen. Offensichtlich gearbeitet haben sie aber bisher nicht. Seit Beginn der Bauarbeiten vor gut drei Jahren herrscht auf der Baustelle immer wieder über Wochen Stillstand. Nach CN-Informationen hätte das Projekt schon vor zwei Jahren fertig gestellt sein sollen. In Döse machen Gerüchte die Runde, dass der Bauherr pleite sei. Rechnungen von mindestens zwei Gewerken sollen nicht gezahlt worden sein. Ein Brancheninsider spricht von einer "Katastrophenbaustelle" und fasst das Offensichtliche so zusammen: "Wenn über Wochen die Dachziegel auf dem Dach liegen, die Arbeiter aber nicht zurückkommen, um sie zu verbauen, haben die wohl kein Geld gesehen."
Harfid aus Essen Bauunternehmer
Bauherr des Projektes ist die in Essen ansässige Firma Harfid, die deutschlandweit mehrere Großprojekte betreut. Die erklärt auf Nachfrage, dass es finanziell keine Schwierigkeiten gebe. "Wie im Fall Nordsee Gaarden auch, wird die Umsetzung von Bauprojekten heute weitgehend über Einzelobjektgesellschaften realisiert. Diese müssen von ihren Gesellschaftern im Vorfeld mit Eigenkapital ausgestattet werden, um die Finanzierungsauflagen der refinanzierenden Institute/Banken zur Gesamtfinanzierung erfüllen zu können. Die Projektfinanzierung der Bauträgermaßnahme Nordsee Gaarden ist seit langem vollständig", sagt Sprecherin Gabriele Stegers. Auf die erneute Nachfrage, warum dann die Dachdecker nicht mehr zu sehen seien, hat Harfid bis Donnerstagnachmittag nicht mehr reagiert.
Corona und Ukraine-Krieg als Begründung
Den wochenlangen Stillstand begründet Stegers mit der Corona-Pandemie und durch den Ukraine-Krieg verursachten Materialengpässen. "Ganz besonders zeigt sich dies in der Problematik gestörter Lieferketten, welche immer wieder zu entsprechenden Materialmängel auf den Baustellen führt. Dafür mussten und müssen auch weiterhin in jedem einzelnen Fall die Bauabläufe aufwendig geändert und umgestellt werden", so Stegers. Die unterschiedlichen Corona-Regelungen hätten zudem dazu geführt, dass Mitarbeiter keine Übernachtungsmöglichkeiten gehabt hätten und so nicht zur Baustelle konnten. "Inzwischen ist die Unterbringung wieder möglich", so Stegers.
Harfid-Baustellen ruhen bundesweit
Bundesweit hat Harfid während der Corona-Pandemie mehrere Baustellen offenbar ruhen lassen - auch wenn es dafür keine behördlichen Anordnungen gab. In Bocholt legte Harfid die Baustelle still, Begründung: Schutz der Mitarbeiter vor Corona. Am Ende trennten sich Bauträger und Unternehmer. Ähnlich war es in Aachen und Essen. Dort trennte sich der Generalunternehmer von Investor Harfid. Zuvor war dort ein Bauleiter gewechselt, was aber offiziell keinen Zusammenhang sollte. Anwohner hatten sich zudem in Essen darüber beschwert, dass die Bauarbeiter früh morgens und spät abends deutlich länger gearbeitet hätten, als gesetzlich erlaubt.
Bauleiter in Döse hat gewechselt
Der aktuelle Bauleiter ist auch in Döse nicht mehr der gleiche wie zu Beginn der Arbeiten, laut Harfid hat der Wechsel aus persönlichen Gründen stattgefunden. "In der unternehmerischen Projektleitung besteht seit Beginn des Projekts Kontinuität", versichert Stegers.
Käufer von "Nordsee Gaarden" warten auf Übergabe
Die Stimmung unter den Käufern - die 48 Wohneinheiten sind alle verkauft - ist laut Frank Grzeskowiak nicht sehr gut. Der Architekt vertritt nach eigenen Angaben 13 Käufer. "Die warten seit vier Jahren darauf, dass die Wohnungen fertig werden. Eigentlich sollte die Übergabe vor zwei Jahren gewesen sein", so Grzeskowiak. Er hat im Auftrag der Käufer die Baustelle begutachtet und aktuell noch zahlreiche Mängel vorgefunden. Harfid erklärt, aktuell könnten "in der noch anhaltenden Bauphase jedoch lediglich Bauzustände beurteilt werden, die sich aber auch immer wieder verändern." Die Übergabe der Wohnungen an die Eigentümer solle ab dem dritten Quartal dieses Jahres erfolgen.