Klimawandel: So könnte sich der steigende Meeresspiegel auf den Kreis Cuxhaven auswirken
KREIS CUXHAVEN. Bekommen die Bewohner im Kreis Cuxhaven in 80 Jahren nasse Füße? Eine Simulation der HafenCity Universität simuliert den Meeresspiegelanstieg.
Liegen die Lüdingworther Kirche, das Steinauer Holzschuhmacherhaus und die Otterndorfer Altstadt in 80 Jahren unter Wasser? Dieses erschreckende Szenario ist Teil einer neuen Simulation, die ein Forscherteam der Hamburger HafenCity Universität erstellt hat. Das Szenario könnte dann eintreten, wenn sich die Erderwärmung stark beschleunigt und der erhöhte Meeresspiegel die Deiche brechen lässt.
Die Villa Gehben in Altenbruch ist überflutet, auf der B73 bei Cadenberge schwimmen die Autos und selbst die Wingster bekommen nasse Füße: Was unter bestimmten Bedingungen bis zum Jahr 2100 auf das Cuxland und den Norden zukommen könnte, veranschaulicht eine neue interaktive Online-Karte, die Forschende der HafenCity Universität (HCU) in Hamburg erstellt haben. Auf der Internetseite sealevelrise.hcu-hamburg.de kann man sich für die gesamte Küstenregion von der niederländischen bis zur polnischen Grenze (ohne Dänemark) und für die Elbe von Cuxhaven bis Hamburg anzeigen lassen, welche Flächen womöglich überschwemmt werden. Das Forscherteam von der HCU nutzte dafür Daten, die das Integrated Climate Data Center der Uni Hamburg bereitstellt und die auf Szenarien des Weltklimarats zum Meeresspiegelanstieg beruhen. Zudem wurden Daten aus einem frei verfügbaren digitalen Höhenmodell einbezogen.
Einfluss des Küstenschutzes
Um den Einfluss des Küstenschutzes berechnen zu können, lokalisierte das Forscherteam alle Deiche an der deutschen Küste. Bei der interaktiven Onlinekarte sind nun zwei Einstellungen möglich: Klickt man "Küstenschutz" an, zeigt die Simulation, zu welchen Überschwemmungen es mit den heutigen Deichen im Jahr 2100 kommen könnte. Entfernt man den Haken, werden die Deiche herausgerechnet, was für den Fall steht, dass sie brechen würden.
Wählen kann der Internetnutzer außerdem zwischen drei Szenarien. Nummer eins und zwei basieren auf Berechnungen des Weltklimarats (IPCC). Das erste Szenario geht von dem Fall aus, dass die Temperatur bis 2100 im Mittel um 1,8 Grad ansteigt. Der Anstieg des Meeresspiegels, bedingt unter anderem durch schmelzende Gletscher und Eisschilde, könnte dann 0,5 bis 0,8 Meter betragen, so die Wissenschaftler. Infolgedessen könnte laut Internet-Karte in Norddeutschland mit Küstenschutz eine Fläche von rund 1000 Quadratkilometer überflutet werden. Betroffen davon wären knapp 5500 Menschen. Völlig anders sähe es den Berechnungen zufolge ohne Küstenschutz (also mit gebrochenen Deichen) aus: Dann wären etwa 530 000 Menschen betroffen von Überflutungen, die sich über eine Fläche von rund 8700 Quadratkilometer erstreckten.
Wurster Nordseeküste unter Wasser
Auf den Kreis Cuxhaven bezogen lägen große Teile der Wurster Nordseeküste, die Bereiche an der Elbe, aber auch das Hinterland, zum Beispiel das Sietland, komplett unter Wasser - sie sind auf der Karte rot eingefärbt. Einen hellen, nicht überfluteten Streifen gibt es in der Mitte. Die Küstenheide und der Fliegerhorst Nordholz blieben danach zunächst trocken.
Auf der zweiten Karte wird ein weiteres IPCC-Szenario berücksichtigt, bei dem die Temperatur um 3,7 Grad steigt. Mit Küstenschutz würde dann eine Fläche von rund 1160 Quadratkilometern überflutet werden; betroffen wären rund 7600 Menschen. Ohne Küstenschutz könnte eine Fläche von 9000 Quadratkilometern überflutet werden, wovon knapp 630 000 Menschen betroffen wären.
Das dritte Szenario ist unabhängig von den Prognosen des IPCC, beruht auf verschiedenen jüngeren Erkenntnissen und simuliert einen Meeresspiegelanstieg um 1,40 Meter. Bei nicht standhaltenden Deichen könnte in diesem Modell eine Fläche von rund 10 100 Quadratkilometern überflutet werden.