Mode, Schnaps und Co.: Wie die Cuxhavener Sturmflut von 1962 zur Marke wurde
CUXHAVEN. Ein Cuxhavener Unternehmer-Trio hat eine ganze Produktpalette rund um den "Blanken Hans" entwickelt.
Taugt eine der größten Flutkatastrophen der deutschen Geschichte als Marke? Ja, finden Timo und Dennis Klamt. Die Brüder aus Nordholz haben zusammen mit dem Cuxhavener Unternehmer Jan Fitter eine ganze Produktpalette rund um die Sturmflut 1962 an der Cuxhavener Küste entwickelt. Mit ihrem Geschäft wollen sie "eine aufrichtige Geschichte" erzählen.
Ein bisschen fühlt es sich an wie eine Zeitreise in die "Swinging Sixties", wenn man "Fitters Sturmflut Wirtschaft und Warenhaus" an der Deichstraße betritt. Auf dem Schallplattenspieler liegt "Sounds of Silence", der Superhit des Duos Simon & Garfunkel; am Schaufenster sorgt ein jahrzehntealtes Kleinkraftrad, ein Super Mokick des Typs 441-01 C50, für nostalgische Gefühle. Aus dem Lautsprecher dröhnt "Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett", der Super-Hit von Bill Ramsey von 1962.
Sturmflut-Durchsage ertönt
Dann plötzlich stoppt die Musik und eine Durchsage ertönt: "Für die gesamte Nordseeküste besteht die Gefahr einer schweren Sturmflut." Und dann: "Für Cuxhavener besteht Deichbruchgefahr. Die Bevölkerung wird dringend gebeten, die höheren Stockwerke aufzusuchen." Spätestens jetzt ist die Neugierde geweckt. "Das ist die Originalaufnahme vom NDR", erzählt Timo Klamt und macht auf weitere Details im Laden aufmerksam, auf die Lampen im 60er-Design und auf das scheinbar von der Flut "angeknabberte" Mauerwerk. An der Wand hängt neben einem Foto von Helmut Schmidt eine vom niedersächsischen Landesministerium gestiftete Gedenkmedaille mitsamt Urkunde, die "zur Erinnerung an die Hilfeleistung bei der Sturmflutkatastrophe vom 16. Februar 1962" an einen Cuxhavener Bürger verliehen wurde.
Beim Markenamt eingetragen
Zwischen den Fotos und Erinnerungsstücken türmen sich die Waren: Mützen und Kapuzenpullover, Tassen und T-Shirts, Meersalz und der Likör "Deichbruch". Alle Produkte tragen im schicken Design die Wörter "Sturmflut" und "Cuxhaven", dazu die Jahreszahl 1962 auf einer Fahne und den Wasserstand 5,02 Meter. Diese Wort-Bildmarke haben die Unternehmer beim Deutschen Patent- und Markenamt im Oktober 2021 eintragen lassen.
"Noch stecken wir in den Kinderschuhen", sagt Unternehmer und Gastronom Jan Fitter, der mit seinem Restaurant "Sturmflut" am Fährhafen quasi den Grundstein für die Marke gelegt hat, die "cool sein" will und "Spaß machen" soll.
Aber wie passt das zusammen - der Spaß einer coolen Marke auf der einen Seite und das Leid einer Katastrophe, bei der mehr als 300 Menschen ums Leben gekommen sind, auf der anderen? "In Cuxhaven gab es keine Toten", sagt Fitter. Er will die Sturmflut-Marke nicht auf die Katastrophe gemünzt wissen, sondern verkauft sie als "aufrichtige Geschichte" und als pfiffige Idee für Cuxhaven. "Und gute Ideen kann Cuxhaven durchaus vertragen", meint Fitter.
Viele Urlauber im Sommer
Das Konzept scheint aufzugehen. Neben den älteren Besuchern des Warenhauses, die gern über alte Zeiten klönen und sich die Fotos aus den 1960er-Jahren anschauen, greift das junge Volk entzückt zu Hoodies und Shirts. "Und im Sommer, wenn die Urlauber da sind, ist hier richtig viel los", sagt Dennis Klamt.
Es geht nicht nur ums Geschäft, versichern Fitter und die Klamt-Brüder. Sie wollen für die Gefahr durch Sturmfluten sensibilisieren. "Es geht darum, den Respekt vor der Natur zu erlernen."