
Nach Rocker-Razzia im Kreis Cuxhaven: Ein Verdächtiger in U-Haft
KREIS CUXHAVEN. Kürzlich durchsuchten 250 Polizeibeamte 14 Objekte in der Stadt und im Kreis Cuxhaven, darunter das Clubhaus der "Bandidos" in der Wingst. Die Einsatzkräfte sind fündig geworden.
Vor fast vier Wochen holten Staatsanwaltschaft und Polizei zum Schlag gegen eine Rockergruppierung aus. Bei einer Durchsuchung mit etwa 250 Beamten in 14 verschiedenen Wohn- und Geschäftshäusern wurden unter anderem kiloweise Drogen und scharfe Waffen gefunden. Von einer elfköpfigen Gruppe, gegen die sich die Ermittlungen richten, sitzt ein 27-Jähriger seitdem in Untersuchungshaft. Bei ihm haben die Beamten eine große Menge Drogen gefunden.
Rocker-Razzia im Kreis Cuxhaven
Offensichtlich galt diese Razzia dem "Bandidos Motorcycle Club", der sein Clubhaus an der Bundesstraße 73 in der Wingst hat. Auch hier stellten die Ermittler am frühen Morgen des 24. November alles auf den Kopf. Die Auswertung der Beweismittel läuft noch auf Hochtouren, wie der Sprecher Staatsanwaltschaft Stade, Kai Thomas Breas, jetzt auf Nachfrage erklärte.
Kinderheim und später Bordell
Das Domizil ist eine alte Villa, hinter der zwei Flachdachgebäude angrenzen. Das Haus war früher das privatbetriebene Kinderheim "Schlösschen", später wurde dort über viele Jahre ein Bordell betrieben. Unter dem Namen "Villa Romantika" firmierte das Etablissement lange Zeit. 2015 ging das Rotlicht aus, denn die dann zu dem Zeitpunkt in Verantwortung stehenden Betreiber hatten wenige Monate vorher ebenfalls überraschenden Besuch von der Polizei bekommen. Reichlich Bargeld und 75 Gramm Kokain wurden gefunden. Das Landgericht verurteilte drei Männer wegen Drogenhandels. Außerdem hat das Bauamt des Landkreises Cuxhaven dem Geschäft einen Riegel vorgeschoben. Das Bordell in der Wingst ist amtlich versiegelt worden: Es habe sich aus baurechtlicher Sicht um eine formell illegale Nutzung gehandelt, weil es für das Gebäude keine entsprechende Baugenehmigung gegeben hätte, so das Amt damals.
Verdacht auf Menschen- und Rauschgifthandel
Auch wenn das schmucke Haus dann mittlerweile neue Besitzer und eine andere Funktion hatte, so scheinen doch Polizei und Staatsanwaltschaft davon auszugehen, dass die illegalen Geschäftsfelder doch irgendwie in Teilen geblieben sind, wenn auch wohl teils andernorts, aber eben auch in dem ehemaligen "Schlösschen". "Hintergrund der polizeilichen Maßnahmen war ein von der Staatsanwaltschaft Stade eingeleitetes und geführtes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Menschen- und Rauschgifthandels", hieß es von den Ermittlern nach der Razzia im November.
Scharfe Schusswaffen
Insgesamt wurden 14 Wohn- und Geschäftshäuser durchsucht, darunter das "Bandidos"-Clubheim. Monatelang hatte die Polizei schon ermittelt, dabei hatte sie zehn Männer und eine Frau im Alter zwischen 25 und 30 Jahren im Visier - zwei davon hätten keine deutsche Staatsangehörigkeit. Das Ermittlungsverfahren wurde wegen des Verdachts des Menschen- und Rauschgifthandels eingeleitet. "Daneben wurden auch gefahrenabwehrende Maßnahmen durchgeführt, um Expansionsbestrebungen schon in einem frühen Stadium entgegen zu treten", so die Darstellung aus dem November. Die Polizei ist fündig geworden. Neben "diversen scharfen Schusswaffen" seien auch "mehrere Kilogramm illegale Betäubungsmittel, Datenträger sowie zahlreiche Hieb-, Stich- und Stoßwaffen" als Beweismittel eingesackt worden.
Mutmaßlicher Drogendealer in U-Haft
Anhand der Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft erfolgreich am 25. November, also einen Tag nach den Durchsuchungen, Antrag auf Erlass eines Haftbefehls gegen einen 27-jährigen Loxstedter gestellt hatte, ist das Ausmaß zu erahnen. Der gebürtige Bremerhavener soll mit Drogen gehandelt haben. "Wir haben umfangreich Betäubungsmittel gefunden", so Breas als Sprecher der Staatsanwaltschaft. Die Drogen werden offensichtlich dem 27-Jährigen zugeschrieben.
Anklage bis Ende Februar
Auf Nachfrage unseres Medienhauses erklärte der Oberstaatsanwalt, dass bis Ende Februar Anklage erhoben werden soll. Im Rahmen des Beschleunigungsgebotes in Haftsachen habe das Gericht dann Zeit, um bis Ende Mai den ersten Verhandlungstag anzuberaumen. Ob dann noch andere Beschuldigte auf der Anklagebank sitzen, werden die weiteren Ermittlungen ergeben.
Keine Fluchtgefahr
Fast wäre übrigens noch ein Mann nach den Durchsuchungen in Haft genommen worden. Gegen diesen lag bereits ein Haftbefehl vor. Hier ging es um eine Ersatzfreiheitsstrafe, weil er eine Geldstrafe nicht bezahlt habe, so Staatsanwalt Breas. "Wegen Corona kam er nicht in Haft. Die Justizvollzugsanstalt hat ihn wegen der Infektionslage nicht aufgenommen. Das kommt zurzeit häufiger vor", erklärt der Sprecher der Anklagebehörde. Es bestehe aber wohl keine Fluchtgefahr, denn der Mann stehe aktuell wegen schweren Raubes vor dem Landgericht Stade. "Und er ist an jedem Verhandlungstag bisher da gewesen", so Breas.
Bandidos seit Jahren in Region aktiv
Dass sich Drogendealer im Kreise der "Bandidos" aufhalten, ist in der Region nicht neu. 2016 standen vier Cuxhavener in Finnland vor Gericht, die bandenmäßig Drogenschmuggel betrieben haben sollen und dementsprechend verurteilt wurden. Auch dieses Quartett wurde damals von den Ermittlern dem Umfeld des Motorrad-Clubs zugeschrieben.
Übrigens: Ein Vertreter der "Bandidos" erklärte nach unserer Anfrage, kein Interesse an einem Gespräch mit uns zu haben.
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