Ohne Floß nix los: So schön ist die Tour auf dem Hadelner Kanal
LAND HADELN. Ein Hauch von Abenteuer inmitten der zivilisierten Welt: Auf dem Hadelner Kanal kann man neuerdings mit dem Floß herumschippern.
Trotzdem kommt fast unweigerlich ein herrliches Tom-Sawyer-Huckleberry-Finn-Gefühl auf, als wir an der Otterndorfer Schleuse aufs Floß klettern. Einweiser Norbert begrüßt uns fröhlich an Bord und erklärt uns Technik und Ausrüstung. Schwimmwesten und Notpaddel, Camping-WC und Wasserkanister. Der Tank ist voll und sollte bis Bad Bederkesa reichen. Die Bedienung ist einfach. Obwohl motorisiert, brauchen wir für das Floß - 6,10 Meter lang, 2,70 Meter breit und 2,70 Meter hoch - keinen Führerschein. Das Wasserfahrzeug mit seinem rustikalen Holzaufbau bringt zwar einige hundert Kilo auf die Waage, aber steuern ist wirklich kein Problem. Und selbst wenn man den Gasgriff voll aufdreht, wirkt das eher entschleunigend. Mit großen Schiffen sei auf dem Kanal nicht zu rechnen, sagt Norbert, "aber passt bitte auf die Krokodile auf". Er lacht schelmisch.
Leinen los und Floß ahoi
Los geht die ruhige Fahrt: Leinen los und Floß ahoi! Die Sonne scheint, die Wolken spiegeln sich auf der Wasseroberfläche. Träge zieht das Ufer vorbei. Wir überholen ein paar Enten. Schon nach wenigen Minuten setzt die Erholung ein. Nur das Motorengeräusch stört die Idylle ein wenig. Wir fahren die meiste Zeit langsamer als die erlaubten acht Kilometer pro Stunde, der Motor tuckert dann deutlich leiser.
Auf der Mecklenburgischen Seenplatte sind die urigen Wasserfahrzeuge schon länger unterwegs. Dort haben die Betreiber der Otterndorfer Flöße, Noell Wagner und sein Geschäftspartner, sie auch zum ersten Mal getestet. "Es ist einfach schön, mal Kapitän auf einem Boot zu sein, ohne dass man viel darüber wissen muss", sagt Wagner. Noch sind die beiden Flöße, die seit Frühsommer in Otterndorf stationiert sind, ein Modellversuch. Einen Ausbau des Angebots, auch mit größeren Flößen, schließt Wagner aber nicht aus: "Mal abwarten, was die Saison so bringt."
Der Weg ist das Ziel
Um unterwegs nicht zu verhungern oder zu verdursten, haben wir einen großen Picknickkorb eingepackt. Grillen ist auf dem Floß zwar nicht erlaubt, aber auch mit belegten Brötchen, Obst und Gemüsestreifen lässt es sich gut aushalten. Neben Mückenspray und Sonnencreme haben wir auch ein Schachspiel, Scrabble und jede Menge Lesestoff eingepackt.
Kurz vor Osterbruch wird's kurzzeitig aufregend. Aus uns unerfindlichen Gründen geht plötzlich der Motor aus. Wir ziehen wie wild an der Motorschnur - doch nichts passiert. Weil unser Floß quer über den Hadelner Kanal treibt, kommt jetzt das Notpaddel zum Einsatz. Mühevoll lenken wir das Wasserfahrzeug ans Ufer, wo es glücklicherweise gleich mehrere Stege gibt. Unser "Retter" Norbert ist nach einem Anruf schnell zur Stelle und muss nur zweimal ziehen - dann läuft der Motor wieder.
Es ist Nachmittag, als wir durch Steinau tuckern. Wir stellen fest, dass wir uns unterwegs ein bisschen verbummelt haben. Um 17 Uhr erwartet uns Norbert am Otterndorfer Anleger zurück. Bad Bederkesa, unser eigentliches Ziel, müssen wir ein anderes Mal in Angriff nehmen. Jetzt muss der Motor zeigen, was er drauf hat. Wir nutzen die Zeit für ein Resümee: "Total chillig und gut zum Musikhören", meint Paula, die sich vorstellen kann, das Floß auch mal mit Freunden zu buchen. "Ist was Cooles für jüngere und ältere Leute", findet Philip. Einzig das Camping-WC fällt bei Paula durch. "Ist aber auch schwierig", räumt die 18-Jährige ein, "die WC-Frage auf so einem kleinen Floß überhaupt irgendwie zu lösen." Als wir uns unserem Liegeplatz an der Otterndorfer Schleuse nach achtstündiger Fahrt nähern, kann es Philip nicht fassen. "Echt schon vorbei? Die Zeit ist total schnell vergangen." Am Ende sind wir uns alle einig: Diese Tour werden wir so schnell nicht vergessen.
Von Jens-Christian Mangels und Heike Leuschner
Auf einen Blick
Wo: Otterndorf, Am Kanal 2
Voraussetzungen: Volljährigkeit, Kaution, führerscheinfrei, Einweisung
Preise: Tagestour 165 Euro; 2-Tages-Tour mit 1 Übernachtung 299 Euro; 3-Tages-Tour mit 2 Übernachtungen 399 Euro
Weitere Infos inkl. Buchungskalender: noboatgermany.de