Ein Hauch von Abenteuer inmitten der zivilisierten Welt: Auf den Flößen, die am Hadelner Kanal in Otterndorf gemietet werden können, kommt man sich im Nu wie Tom Sawyer vor, der mit seinem Freund Huckleberry Finn über den Mississippi schippert. Foto: Leuschner
Ein Hauch von Abenteuer inmitten der zivilisierten Welt: Auf den Flößen, die am Hadelner Kanal in Otterndorf gemietet werden können, kommt man sich im Nu wie Tom Sawyer vor, der mit seinem Freund Huckleberry Finn über den Mississippi schippert. Foto: Leuschner
Tourismus

Ohne Floß nix los: So schön ist die Tour auf dem Hadelner Kanal

25.07.2021

LAND HADELN. Ein Hauch von Abenteuer inmitten der zivilisierten Welt: Auf dem Hadelner Kanal kann man neuerdings mit dem Floß herumschippern.

Der Hadelner Kanal ist kürzer als der Mississippi. Und deutlich ruhiger, verkehrsärmer. Dafür hatte das Floß von Mark Twains berühmter Romanfigur Tom Sawyer sicher keinen Außenbordmotor. Auch wenn dieser hier nur schlappe acht PS aufs Wasser bringt. Der Antrieb erlaubt gemächliche acht Kilometer in der Stunde. Mehr ist auf dem Hadelner Kanal ohnehin nicht erlaubt.

Trotzdem kommt fast unweigerlich ein herrliches Tom-Sawyer-Huckleberry-Finn-Gefühl auf, als wir an der Otterndorfer Schleuse aufs Floß klettern. Einweiser Norbert begrüßt uns fröhlich an Bord und erklärt uns Technik und Ausrüstung. Schwimmwesten und Notpaddel, Camping-WC und Wasserkanister. Der Tank ist voll und sollte bis Bad Bederkesa reichen. Die Bedienung ist einfach. Obwohl motorisiert, brauchen wir für das Floß - 6,10 Meter lang, 2,70 Meter breit und 2,70 Meter hoch - keinen Führerschein. Das Wasserfahrzeug mit seinem rustikalen Holzaufbau bringt zwar einige hundert Kilo auf die Waage, aber steuern ist wirklich kein Problem. Und selbst wenn man den Gasgriff voll aufdreht, wirkt das eher entschleunigend. Mit großen Schiffen sei auf dem Kanal nicht zu rechnen, sagt Norbert, "aber passt bitte auf die Krokodile auf". Er lacht schelmisch.

Leinen los und Floß ahoi

Los geht die ruhige Fahrt: Leinen los und Floß ahoi! Die Sonne scheint, die Wolken spiegeln sich auf der Wasseroberfläche. Träge zieht das Ufer vorbei. Wir überholen ein paar Enten. Schon nach wenigen Minuten setzt die Erholung ein. Nur das Motorengeräusch stört die Idylle ein wenig. Wir fahren die meiste Zeit langsamer als die erlaubten acht Kilometer pro Stunde, der Motor tuckert dann deutlich leiser.

Auf der Mecklenburgischen Seenplatte sind die urigen Wasserfahrzeuge schon länger unterwegs. Dort haben die Betreiber der Otterndorfer Flöße, Noell Wagner und sein Geschäftspartner, sie auch zum ersten Mal getestet. "Es ist einfach schön, mal Kapitän auf einem Boot zu sein, ohne dass man viel darüber wissen muss", sagt Wagner. Noch sind die beiden Flöße, die seit Frühsommer in Otterndorf stationiert sind, ein Modellversuch. Einen Ausbau des Angebots, auch mit größeren Flößen, schließt Wagner aber nicht aus: "Mal abwarten, was die Saison so bringt."

Der Weg ist das Ziel

Bis zu sechs Personen sind auf den gut 16 Quadratmetern Floßfläche erlaubt. Wir sind zu viert. Während der Junior am Steuer steht und das Floß sicher und mit großer Akribie über den Kanal lenkt, sitzen wir Großen vorn auf der Sonnenterrasse. Was gleich andeutet, worauf es bei der gemütlichen Floßfahrt ankommt: Entspannen. Denn der Weg ist das Ziel, auch wenn der eine oder andere Anlegesteg zu einer Erkundung einlädt. Wir wollen die Seele ein bisschen baumeln und uns einfach mal treiben lassen. Wir haben uns für eine Tagestour entschieden. Dank seines hüttenartigen Aufbaus und zweier Isomatten an Bord lässt es sich auf dem Floß aber auch rustikal übernachten. Wer sich dafür entscheidet, kann den Schifffahrtsweg Elbe-Weser nahezu komplett erkunden. Die knapp 55 Kilometer lange Strecke verbindet die beiden Ströme durch das niederelbische Marschland zwischen Otterndorf und Bremerhaven. Sie besteht aus dem Hadelner Kanal, der Aue, dem Bederkesa-Geeste-Kanal und der Geeste.

Picknickkorb eingepackt

Um unterwegs nicht zu verhungern oder zu verdursten, haben wir einen großen Picknickkorb eingepackt. Grillen ist auf dem Floß zwar nicht erlaubt, aber auch mit belegten Brötchen, Obst und Gemüsestreifen lässt es sich gut aushalten. Neben Mückenspray und Sonnencreme haben wir auch ein Schachspiel, Scrabble und jede Menge Lesestoff eingepackt.

Kein einziges Wasserfahrzeug kommt uns in den Vormittagsstunden entgegen. Aber auf den Uferwegen erregen wir durchaus Aufsehen: Viele Fahrradfahrer winken uns fröhlich zu. Ein Autofahrer ist so verdutzt und neugierig, dass er in den Rückwärtsgang schaltet und sich bei uns erkundigt, wo man das Floß mieten kann.

Motor fällt aus

Kurz vor Osterbruch wird's kurzzeitig aufregend. Aus uns unerfindlichen Gründen geht plötzlich der Motor aus. Wir ziehen wie wild an der Motorschnur - doch nichts passiert. Weil unser Floß quer über den Hadelner Kanal treibt, kommt jetzt das Notpaddel zum Einsatz. Mühevoll lenken wir das Wasserfahrzeug ans Ufer, wo es glücklicherweise gleich mehrere Stege gibt. Unser "Retter" Norbert ist nach einem Anruf schnell zur Stelle und muss nur zweimal ziehen - dann läuft der Motor wieder.

Es ist Nachmittag, als wir durch Steinau tuckern. Wir stellen fest, dass wir uns unterwegs ein bisschen verbummelt haben. Um 17 Uhr erwartet uns Norbert am Otterndorfer Anleger zurück. Bad Bederkesa, unser eigentliches Ziel, müssen wir ein anderes Mal in Angriff nehmen. Jetzt muss der Motor zeigen, was er drauf hat. Wir nutzen die Zeit für ein Resümee: "Total chillig und gut zum Musikhören", meint Paula, die sich vorstellen kann, das Floß auch mal mit Freunden zu buchen. "Ist was Cooles für jüngere und ältere Leute", findet Philip. Einzig das Camping-WC fällt bei Paula durch. "Ist aber auch schwierig", räumt die 18-Jährige ein, "die WC-Frage auf so einem kleinen Floß überhaupt irgendwie zu lösen." Als wir uns unserem Liegeplatz an der Otterndorfer Schleuse nach achtstündiger Fahrt nähern, kann es Philip nicht fassen. "Echt schon vorbei? Die Zeit ist total schnell vergangen." Am Ende sind wir uns alle einig: Diese Tour werden wir so schnell nicht vergessen.

Von Jens-Christian Mangels und Heike Leuschner

Auf einen Blick

Wo: Otterndorf, Am Kanal 2

Voraussetzungen: Volljährigkeit, Kaution, führerscheinfrei, Einweisung

Preise: Tagestour 165 Euro; 2-Tages-Tour mit 1 Übernachtung 299 Euro; 3-Tages-Tour mit 2 Übernachtungen 399 Euro

Weitere Infos inkl. Buchungskalender: noboatgermany.de

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