Als erwachsener Anfänger nimmt man auf dem Optimisten eine ungewöhnlich Position auf den Knien ein. Foto: Unruh
Als erwachsener Anfänger nimmt man auf dem Optimisten eine ungewöhnlich Position auf den Knien ein. Foto: Unruh
Selbstversuch

Opti-Segeln in Cuxhaven: CN/NEZ-Redakteur als Spielball der Elemente

von Frank Lütt | 04.12.2019

CUXHAVEN. Fortsetzung der Selbstversuch-Serie "Sportlich von A bis Z". Heute mit CN/NEZ-Sportredakteur Frank Lütt beim Opti-Segeln in Cuxhaven.

Ein wenig ablandiger Wind, es ist trocken, ab und zu kommt sogar die Sonne raus, während mir Dierk Müller und Leik Schaare den Aufbau des Optimisten erklären. Sie reduzieren in diesem Crashkurs die Ausbildung auf das Wesentliche. Allein meine Körpergröße und mein Gewicht werden ein Problem darstellen, das Boot ist schließlich für Kinder konstruiert, die gerade einmal bis zu 50 Kilogramm auf die Waage bringen. "Die Chance des Kenterns liegt bei 50 Prozent", grinst mich Dierk an. Deshalb zwänge ich mich in einen Trockenanzug, darüber kommt die Schwimmweste.

Vorsichtig setze ich mich zunächst auf den Steg, die Füße suchen den Kontakt mit der Mitte des Bootes. Ich krabbele hinein und knie mich hin. "Das sieht zwar komisch aus, aber bei der Körpergröße geht das kaum anders", erklärt Dierk, der mit Leik in ein Begleitboot steigt. Mein Boot mit dem Namen "Little Star" (kleiner Stern) nimmt langsam Fahrt auf, es geht an der Schwengelanlage vorbei von der Seglermesse aus in Richtung Vorhafen. Das Segel beult sich aus. "An der Schot ziehen!", heißt das knappe Kommando von den Begleitern. Ich ziehe mit der linken Hand an einem Seil, das strafft das Segel. Die Folge: Das Boot wird schneller. Noch geht es nur geradeaus.

Im Vorhafen folgt das erste Manöver. Nach Anweisung nehme ich Tempo raus, lasse die Schot lockerer. Meine rechte Hand umklammert die Pinne, mit der ich das Ruderblatt bewege. Nach rechts den Ausleger der Pinne bewegt, dreht sich das Boot nach links. "Kopf einziehen!", denn der Baum, so heißt die waagerechte Stange an der Unterseite des Segels, schnellt von der linken Seite zur rechten.

Jetzt wird mir noch klarer, warum dies ein Boot für Segler von kleinerer Statur ist. Obwohl ich all meine Beweglichkeit einsetze, ist es knapp, denn das Seil der Schot muss auch noch an meinem nach vorn gebeugten Körper vorbei. Geschafft. Kaum ist auch das Lob der Trainer verhallt, kommt die nächste Ansage: "Noch mal, dieses Mal links herum." Gesagt, getan. Der Baum streift meinen Kopf, die Brille verrutscht, aber es läuft. Nach solchen geglückten Manövern erhöht sich der Spaßfaktor. Ein Gefühl der absoluten Sicherheit stellt sich jedoch nicht ein, zu oft steuere ich noch in die falsche Richtung. Es will einfach kein Automatismus bei mir entstehen, dass 'Pinne nach links, Boot geht nach rechts' bedeutet. Der Wind fühlt sich in diesen Momenten noch stärker an. Ich werde hektisch, ziehe an der Schot, obwohl ich loslassen sollte, damit ich durch eine geringere Geschwindigkeit wieder volle Kontrolle erlange.

Ich brauche eine Pause, das ständige Knien verursacht jetzt auch ordentlich Schmerzen in meinen geschundenen Gelenken. Ich drehe bei am "Notfall-Liegeplatz" am Kopf der Schwengelanlage. "Genau der richtige Platz für Dich", ruft mir mein fotografierender Kollege Jan leicht hämisch entgegen. Mein Segeltrainer Dierk lobt mich dagegen, das habe schon ganz gut ausgesehen.

Nach wenigen Minuten nehme ich meine Position wieder ein. Und es geht wieder los. Die ersten zwei bis drei Richtungswechsel im Vorhafen funktionieren. Mittlerweile verfolgen Spaziergänger von der Promenade aus das Spektakel und ein neugieriger Seehund lugt unweit aus dem Wasser - und denen wird in diesem Moment etwas ganz Besonderes geboten.

Ich lenke mal wieder in die falsche Richtung. Der Wind erwischt meine 3,5 Quadratmeter große Segelfläche, das Boot hebt sich auf der rechten Seite, immer weiter und weiter und weiter. In Zeitlupentempo kentere ich. Ich winde mich aus dem auf mich fallenden Rumpf, werde unter dem Segel begraben. Leichte Panik kommt auf, erst als ich mich aus dieser misslichen Lage befreit habe, geht es mir gut, auch wenn ich mich ärgere. Aber das gehört wohl dazu. "Man gut, dass Du einen Trockenanzug anhast bei den Wassertemperaturen", höre ich vom Begleitboot. "Da muss aber ein Loch drin sein, ich bin voll gelaufen", erwidere ich.

Jetzt muss ich den Rumpf drehen. Dafür greift der Gekenterte den Schwertkiel und dreht das Boot. Das geht eigentlich recht einfach. Problem ist nun das Wasser, das mein Gefährt ordentlich tiefergelegt hat. Die "Little Star" wird erneut am "Notfall-Liegeplatz" postiert. Ich steige pitschpatschnass aus den kalten Fluten. Der geschulte Blick des Experten beweist: Der Reißverschluss vom Trockenanzug war vielleicht zwei bis drei Millimeter nicht ganz verschlossen.

Am Anleger zeigt mir Dierk, wie man richtig pützt, also mit einem kleinen Eimer das Wasser aus dem Boot schöpft. Das dauert einige Minuten. "Sollen wir Dich jetzt wieder zurück schleppen?", fragt Dierk mitleidig. "Nee, ich segele zurück", so meine Antwort mit leichter Entrüstung. Das wäre ja auch eine Demütigung. So erreiche ich dann ohne weiteren Zwischenfall meinen Ausgangspunkt, nass, aber auch glücklich nach diesem intensiven Segelerlebnis.

Optimist:

Der Optimist ist eine kleine und leichte Jolle. Es ist die Einstiegsklasse in den Segelsport. Die vor über 70 Jahren von einem US-Amerikaner entwickelte Klasse gilt als einfach zu handhaben. Die Optis sind für Kinder und Jugendliche bis etwa 15 Jahre gedacht. Das Boot ist 2,30 Meter lang und 1,13 Meter breit, es wiegt etwa 45 Kilogramm. Die Segelfläche beträgt 3,5 Quadratmeter.

Verein:

In der Region gibt es mehrere Segelvereine, aber nicht jeder bietet das Opti-Segeln an. Theorie und Praxis gibt es bei der Segler-Vereinigung Cuxhaven (SVC), die auch eine stattliche Jugendabteilung hat. Ein jährliches Highlight ist das Opti-Camp in den Sommerferien. Die Krönung ist das Segeln in der Grimmershörnbucht. Informationen gibt die SVC-Geschäftsstelle, Telefon (0 47 21) 2 22 80.

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Frank Lütt

Redakteur
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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