Gewässerunterhaltung: Die Verbände müssen jetzt bei der Räumung von Aufwuchs an den Gewässerrändern genaue Vorgaben des Leitfadens für den Artenschutz beachten. Das Ziel, den Wasserabfluss sicherzustellen, gerät damit immer öfter in Konflikt mit dem Naturschutz. Foto: Archiv
Gewässerunterhaltung: Die Verbände müssen jetzt bei der Räumung von Aufwuchs an den Gewässerrändern genaue Vorgaben des Leitfadens für den Artenschutz beachten. Das Ziel, den Wasserabfluss sicherzustellen, gerät damit immer öfter in Konflikt mit dem Naturschutz. Foto: Archiv
Gewässerschutz

Osteregion: Ufer räumen oder wachsen lassen?

von Ulrich Rohde | 21.11.2018

KREIS CUXHAVEN. Der Unterhaltungsverband Untere Oste stellt die Räumung seiner Gewässer verstärkt unter die Maßgaben des Artenschutzes.

Die niedersächsische Landesregierung dringt auf mehr Naturschutz bei der Räumung. Der Geschäftsführer Ulrich Gerdes, erläutert, dass der Verband mit Sitz in Hemmoor die Vorgaben aus Hannover nach und nach umsetzen will.

Der Unterhaltungsverband Untere Oste ist verantwortlich für die Pflege von 350 Gewässern in den Kreisen Cuxhaven, Stade und Rotenburg/Wümme. Allein die Größe des Verbandsgebietes mit 73 000 Hektar stellt eine enorme Herausforderung bei der Bewältigung der Artenschutzvorgaben dar. Die regelmäßige Räumung von Gewässerrändern und Böschungen zur Gewährleistung den Wasserabflusses ist Hauptaufgabe des Verbandes. Nun kommen die Gesichtspunkte des Artenschutzes als gleichwertiges Ziel hinzu.

Grund ist das Auslaufen der sogenannten Artenschutz-Ausnahmeverordnung. Die hatten die Unterhaltungsverbände im Land bei der regelmäßigen Räumung außerhalb von Natur- und Landschaftsschutzgebieten weitgehend von den Geboten des Artenschutzes freigestellt. Für Gewässerbereiche, in denen geschützte Tier- und Pflanzenarten vorkommen, konnten die Verbände Ausnahmegenehmigungen beantragen, um der Räumung nachzukommen. Das ist vorbei. Seit August 2017 haben sich die Verbände am Leitfaden "Artenschutz-Gewässerunterhaltung" zu orientieren. Diesen Leitfaden haben Mitarbeiter des Landesamtes für Wasserwirtschaft, Küstenschutz und Naturschutz (NLWKN) im Zusammenwirken mit Beteiligten erarbeitet. Der Leitfaden räumt dem Artenschutz einen hohen Stellenwert ein.

Aufwuchs stehen lassen

So listet er landesweit 87 streng geschützte Tiere und Pflanzen auf, deren Lebensraum das Wasser ist. Angehängtes Kartenmaterial gibt Aufschluss darüber, wo die Arten vorkommen. Ein Gebot des Leitfadens lautet, sogenannte Refugialzonen an der Böschung und in der Gewässersohle von der Räumung auszunehmen. Der mit der Räumung beauftragte Baggerfahrer muss Aufwuchs stehen lassen. Entsprechend den Lebensraumansprüchen der jeweiligen geschützten Art bedarf es dafür der Ausarbeitung von Räumplänen, die mit der Naturschutzbehörde des Landkreises abzustimmen sind. Auch der Räumzeitpunkt ist darin festzulegen.

"Damit haben wir angefangen", sagt Ulrich Gerdes. Der Verband habe im Landkreis Stade Abwägungen für erste Gewässer durchgeführt und die Unterhaltungspraxis gemäß Leitfaden geändert. Das Verfahren wird mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmt. "Das ist ein immenser Verwaltungsaufwand, der nicht im normalen Geschäft abgewickelt werden kann", sagt der Geschäftsführer. "Personell sind wir nicht in der Lage, das in einem überschaubaren Zeitraum für das gesamte Verbandsgebiet abzuarbeiten." Mit anderen Worten: Der Verband benötigt zusätzliches Personal, wenn er die Vorgaben zeitnah erfüllen will. "Wir sind an einer gesetzeskonformen Gewässerunterhaltung interessiert", sagt Gerdes. Wenn dies nur mit zusätzlichem Personal möglich sei, müsse auch über eine Anhebung der Beitragssätze nachgedacht werden. Denn die neuen Stellen muss der Verband aus eigenen Mitteln finanzieren.

Grundsätzlich würden es die Baggerfahrer des Verbandes schon jetzt vermeiden, an den Uferkanten zu mähen. "Wir unterhalten nur so intensiv wie nötig", sagt Gerdes. Wenn es vertretbar sei und das Gewässer breit genug, könne auf einigen Strecken sogar ganz auf eine Unterhaltung verzichtet werden. Die Verhältnisse sind von Gewässer zu Gewässer völlig unterschiedlich. Die Unterhaltungsverbände befinden sich gerade in einem Lernprozess und im Zwiespalt zwischen der Gewährleistung des Wasserabflusses und dem Naturschutz.

Karten mit geschützten Arten

Auch der Unterhaltungsverband Hadeln, der die Entwässerung von mehr 63 000 Hektar Land sicherstellt, beschäftigt sich mit dem Artenschutz-Leitfaden. Noch komme man ganz gut mit den neuen Regeln klar, sagt Geschäftsführer Torsten Heitsch. Die Baggerfahrer erhielten Gewässerkarten, in die die Standorte geschützter Arten eingepflegt seien. "Damit sind wir auf der sicheren Seite", sagt Heitsch. Allerdings benötigten die Marschgewässer in aller Regel beidseitig ein ausreichendes Profil. Will heißen: Um den Abfluss zu sichern, müsse der ufernahe Aufwuchs geräumt werden. Heitsch: "Das haben wir zuallererst sicherzustellen."

Allerdings müssen nun bei der Naturschutzbehörde Ausnahmegenehmigungen beantragt werden, falls sich für einige Gewässerabschnitte herausstellen sollte, dass die Einhaltung des Artenschutz-Leitfadens den Abfluss des Wassers erheblich behindert.

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Ulrich Rohde

Redaktionsleiter
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