
Otterndorf: Wieder Wirbel um Henryk M. Broder
OTTERNDORF. Keine Frage, Henryk M. Broder ist immer für Aufregung gut. Er polarisiert und provoziert, wird wahlweise gehasst und verehrt.
Am Freitag, 8. November, liest der Journalist, Essayist und Schriftsteller in den Otterndorfer Seelandhallen aus seinem frisch erschienenen Buch "Wer, wenn nicht ich...". Das gefällt nicht jedem. Schon gar nicht der Otterndorfer SPD.
Broder sollte 2018, wie in unserer Zeitung berichtet, den Johann-Heinrich-Voß-Preis der Stadt Otterndorf erhalten. Die geplante Auszeichnung löste heftige Kritik und Kontroversen aus. Die SPD und die Grünen empörten sich über Broders "provokante Aufzeichnungen und Verunglimpfungen nationaler wie internationaler Persönlichkeiten aus Politik, Kirche und Medien" und lehnten die Entscheidung der Jury ab. Auch aus der Bevölkerung gab es Kritik an der Preisträger-Wahl. Broder verzichtete daraufhin auf den Voß-Preis. Seinen Kritikern warf er eine "Schmutzkampagne" vor. Er betonte aber auch, dass er sich der Diskussion in Otterndorf stellen wolle.
Dieses Versprechen löst der Berliner Autor am Freitag, 8. November, ein. Die Vorstellung des neuen Broder-Buchs "Wer, wenn nicht ich...", die um 19.30 Uhr beginnt, wird als "Weltpremiere" angekündigt. Die Cuxhaven-Niederelbe Verlagsgesellschaft und die Stadt Otterndorf veranstalten die Lesung gemeinsam und sind sich des polarisierenden Charakters dieser Veranstaltung durchaus bewusst.
Respektlos und ehrverletzend
Die Otterndorfer Sozialdemokraten haben mit Empörung auf den geplanten Broder-Auftritt reagiert. Sie kündigten an, der Lesung in den Seelandhallen fernzubleiben. Sie wollen auch nicht das Gespräch mit dem Autor suchen. "Der Grund liegt einzig und nach wie vor im Agieren des Henryk M. Broder, der sich seine Welt respektlos und ehrverletzend erschließt, die Gesellschaft spaltet", heißt es in einer Stellungnahme der Otterndorfer SPD-Fraktion. Ein Autor und Journalist, der sich von der AfD anheuern und von deren Co-Vorsitzenden Alice Weidel umarmen lasse, "der den Klimawandel nicht sieht, ebenso die Jugendbewegung Fridays for Future und selbst Greta Thunberg ob ihrer Krankheit ins Lächerliche zieht, dem mag man nicht begegnen."
Es gebe viele weitere, schwerwiegende Gründe, die zur Entscheidung der SPD-Fraktion geführt haben, von dem Gast aus Berlin keine Notiz zu nehmen, so die Partei abschließend.
Die CDU/FDP-Gruppe im Otterndorfer Stadtrat hat für die SPD-Ablehnung nur wenig Verständnis. "Ja, Broder polarisiert und provoziert. Trotzdem: Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gilt auch für unbequeme Meinungen. Und es gilt auch in Otterndorf", sagt Gruppensprecher Steffen Matzner (CDU). "Gerade eine kulturell geprägte, weltoffene Stadt wie Otterndorf muss eine Meinungsvielfalt erlauben und dabei auch provokante Äußerungen zulassen, solange diese auf dem Boden des Grundgesetzes bleiben." Matzner erinnert an die zahlreichen Auszeichnungen, die Broder bereits erhalten habe, zuletzt den "Scopus Award" der Hebräischen Universität Jerusalem im Mai 2018.
Auch in den sozialen Netzwerken wird die geplante Lesung kontrovers diskutiert. Die Reaktionen reichen von "Unglaublich, dass ihm hier eine Bühne gegeben werden soll" bis "Man muss sich mit seinen Inhalten auseinandersetzen und ihn nicht ausgrenzen."