
Peter Hertel aus Cuxhaven gehörte im Fernschach zur Weltspitze - das macht er heute
KREIS CUXHAVEN. Peter Hertel war über viele Jahre der herausragende Schachspieler im Landkreis Cuxhaven. Er gehörte zur Weltspitze im Fernschach.
Der gebürtige Cuxhavener spielte unter anderem für die SG Niederelbe. Besonders waren seine Erfolge im Fernschach. Hier gehört er nicht nur zur deutschen Nationalmannschaft, hier war er ein Großmeister von internationaler Klasse. Heute ist Schach für ihn nur ein Hobby, mittlerweile verbringt er mehr Zeit bei einem anderen Sport im Freien.
Mit neun Jahren begonnen
Arno Habermann ein Vorbild
Herausragend war damals Arno Habermann. Die hiesige Schachlegende, die im vergangenen Jahr in Otterndorf gestorben ist, war ebenso für Hertel ein Vorbild. "Irgendwann habe ich ihn auch überflügelt. Gegen Arno Habermann habe ich auch die meisten Partien überhaupt gespielt. Je mehr man spielt, desto besser wird man auch", fasste Hertel seine weitere Entwicklung zusammen. "Ich habe aber nicht systematisch trainiert. Wer heute ein Großmeister werden möchte, der muss einen Trainer haben. Die besten Spieler büffeln nur Eröffnungen zu 90 Prozent." Strategie und Taktik müsse ebenfalls trainiert werden.
Lehre als Postzusteller
Nach der Schule begann Peter Hertel eine zweieinhalbjährige Lehre als Postzusteller, in deren Rahmen er auch nach Hamburg versetzt wurde. Deshalb hat er nach einer Schachsaison für Cuxhaven dann für einen Verein in Barmbek-Uhlenhorst gespielt. Als er für die Post wieder nach Cuxhaven zurückkehrte und überall im gesamten Stadtgebiet zum Einsatz kam, schloss er sich der Schachgemeinschaft Niederelbe an. Unter anderem mit Heinrich Wieking und Michael Appel spielte er dann für die Bezirksliga-Mannschaft. Die SG stieg schnell auf und mit Hertel als Mannschaftsführer und an Brett eins spielend, waren die Hadler dann auch in der Verbands- und Oberliga aktiv. Mit dabei war übrigens sein Freund Thomas Heinsohn.
Internationale Turniere
Auch als Einzelspieler hat sich Hertel ausgezeichnet. Schon in den 1980er-Jahren begann er, an internationalen Turnieren teilzunehmen. Oft habe er das unter anderem mit einem Urlaub verbunden, wie zum Beispiel für das Bergwandern in den Alpen. "Da musste man schon aufpassen, dass man nach einer Wanderung nicht zu kaputt ist, für das Schachturnier am Abend. Auch an ein Turnier in Budapest hat Hertel gute Erinnerungen. Der Cuxhavener wurde Fidemeister im Turnierschach, darüber liegen nur noch die Bezeichnungen Internationaler Meister (IM) und Großmeister. Die Norm für den Titel IM hatte Hertel auch in seiner Karriere erfüllt, hätte diese aber noch mehrfach bestätigen müssen. Für ihn ein besonderes Turnier, wo er die IM-Norm erreicht hatte, war im Rahmen der Cux-Open 2001, als er unter anderem den jugoslawischen Großmeister Stanimir Nikolic besiegte. "Der Heimvorteil hat mir wohl gefallen, denn bei den Cux-Open habe ich immer gut gespielt."
"Oft in Zeitnot geraten"
Es gab allerdings noch eine Schachart, die schon recht früh eine besondere Faszination auf ihn ausgeübt hatte: Fernschach. "1977 habe ich damit in Hamburg begonnen. Ich hatte davon vorher von Arno Habermann gehört, dass es unheimlich lange dauern kann", so Hertel, für den diese Disziplin wie auf den Leib geschneidert war, denn: "Das Analytische hat mir gelegen, da hatte ich Zeit für mich." Bei den normalen Schachpartien sei er sonst "oft in Zeitnot geraten". Einige Partien habe er quasi weggeschmissen, weil er "nicht so entscheidungsfreudig" war.
Züge über Postkarten gemacht
Fernschach lief früher ausschließlich über Postkarten. "Tausende davon habe ich noch aufgehoben." Wenn Hertel beispielsweise einen Gegner aus Argentinien hatte, dann dauerte so ein Zug schon einmal einen Monat lang, weil der Postweg so aufwendig war. "Ein Turnier hat dann schon mal bis zu sieben Jahre gedauert."
In der Nationalmannschaft
Hertel stieg recht schnell von der Hauptklasse in die Meisterklasse der Fernschachspieler auf und gewann die Deutsche Meisterschaft, sodass seine Berufung in die Nationalmannschaft und der Titel Fernschach-Großmeister folgten. Für Deutschland holte er mit dem Team unter anderem drei Gold- und eine Silbermedaille bei der Fernschach-Olympiade. Seinen Gegnern aus Russland, Island, Ukraine, Weißrussland oder Bulgarien machte Hertel es nicht leicht. Bei ihm kreisten die Gedanken ganz häufig um diese Matches. Und so kam es auch einmal vor, dass er seine Postkarte in den Briefkasten geworfen hatte und danach sich noch einmal überlegte, ob das der richtige Zug ist. "Ich habe dann auf den Leerer des Postkastens gewartet. Ich durfte meine Karte wieder herausnehmen", berichtet Hertel und fügt mit einem Lachen hinzu: "Ich habe dann überlegt und trotzdem den Zug gespielt." Fernschachspieler nehmen es eben sehr genau. Sein eigener Rekord bei "reiner Analysezeit" gegen einen schottischen Großmeister lag bei 50 Stunden für einen Zug.
Selten persönlicher Kontakt
Ein Phänomen des Fernschachs ist es, dass eine persönliche Begegnung eigentlich nie stattfindet. "Nur einmal meldete sich ein Gegner von mir. Dabei handelte es sich um einen ehemaligen Fernschach-Weltmeister aus Estland, der in Cuxhaven eine Ferienwohnung suchte." Ansonsten gab es nur Kontakt über die übermittelten Spielzüge. Und das veränderte sich im Lauf der Jahre auch. "Der Einfluss von Schachprogrammen nahm immer mehr zu. Es gab immer mehr Remis", so Hertel über diese Entwicklung, die letztlich auch zu seiner Entscheidung im Jahr 2016 führte, kein Fernschach mehr zu spielen.
In der Nähe von Flensburg
Vor einigen Jahren zog Peter Hertel übrigens "der Liebe wegen" nach Schleswig-Holstein. Er lebt mit seiner Frau südlich von Flensburg, in dem 2500 Einwohner zählenden Ort Wanderup. Deshalb wechselte er auch den Schachverein. In der Verbandsliga spielte er für Flensburg, zeitweise auch für einen dänischen Klub in der höchsten Liga des nördlichen Nachbarn. "Da spielen richtig starke Spieler, auch Großmeister." Jetzt, aktuell, gehört er dem Landesligateam eines Vereins aus Leck an.
Handycap war unter 10
Doch neben Haus und Garten fordert noch ein weiteres Hobby viel Zeit. Im Alter von 50 Jahren hatte er den Golfsport für sich entdeckt. Zusammen mit seiner Frau betreibt er diesen Sport in Husum. Sein Handycap liegt aktuell bei 11,5, war aber schon einmal deutlich unter 10. Zweimal war er auch schon Seniorenmeister. "Ich verbringe heute mehr Zeit auf dem Golfplatz als am Schachbrett", erklärt der pensionierte Postbeamte.
Simultan-Schach im Gefängnis
Und obwohl er dem Schach nicht mehr die Bedeutung gibt wie noch vor Jahren, so möchte er keine der vielen Erinnerungen missen - ob im Nah- oder Fernschach. Auch ungewöhnliche Aktionen, wie ein Simultan-Wettkampf gegen 20 Schüler des Lichtenberg-Gymnasiums oder auch ein Simultan-Match gegen acht Insassen des Hamburger Gefängnisses "Santa Fu", haben sich als besondere Ereignisse eingeprägt. "In dem Gefängnis in Fuhlsbüttel, da war ich gerade einmal 18 oder 19 Jahre alt. Das war schon beklemmend."
Lust und Fleiß
Hertel ermuntert dazu, dass junge Menschen das königliche Spiel unbedingt ausprobieren sollten. "Wenn man gut werden will, muss man sicherlich ein gewisses Talent mitbringen, aber die Lust und der Fleiß sind unabdingbar."
Elo-Zahl:
Die Elo-Zahl ist eine Wertungszahl, die die Spielstärke beschreibt. Je nach Erfolgen oder Misserfolgen verändert sich die Zahl nach oben oder unten. Je höher die Elo-Zahl, desto besser ist der Spieler.
Für Nah- und Fernschach gibt es unterschiedliche Wertungen, also auch jeweils eine Elo-Zahl.
Die höchste Elo-Zahl von 2669 im Fernschach erreichte Peter Hertel im Jahr 2005. Damit wäre er heute Weltranglisten-Zweiter.
Seine aktuelle Elo-Zahl im Turnierschach beträgt 2185, seinen höchsten Wert von 2335 erreichte er im Juli 1994.