Rettung für die Otterndorfer Klinik: Die Hintergründe zur Übernahme

Aufatmen bei den 245 Mitarbeitenden: Der Landkreis erhält tatsächlich den Zuschlag. Einer Rekommunalisierung des insolventen Krankenhauses Land Hadeln steht damit nichts mehr im Wege. Der am Dienstag tagende Gläubigerausschuss hat sich für das Angebot des Kreises Cuxhaven entschieden. Vorgesehen ist die Übernahme der Otterndorfer Klinik und ihrer Tochtergesellschaften zum 1. Oktober. An der selbstständigen Gesellschaft wird sich die Samtgemeinde Land Hadeln beteiligen.

Für den vom Gericht bestellten Insolvenzverwalter Dr. Christian Kaufmann (Pluta Rechtsanwaltsgesellschaft) ist es "ein guter Meilenstein, der gut für das Haus ist". Mit Erleichterung und Wohlwollen ist dies von der Belegschaft aufgenommen worden, so seine Wahrnehmung aus der kurzfristig anberaumten Betriebsversammlung. Betriebsratsvorsitzende Christina Richartz bestätigt das: "Wir freuen uns sehr und nehmen jetzt die Herausforderung an." Die Mitarbeitenden seien erleichtert, dass der Gläubigerausschuss so entschieden habe: "Das ist für uns eine Riesenchance, das muss einfach klappen." Besonders dankbar seien die Beschäftigten über den Einsatz aus Politik und Verwaltung. "Wir haben uns dafür bereits in der vorigen Woche bei Landrat Bielefeld und Samtgemeindebürgermeister Zahrte bedankt, als wir noch gar nicht wussten, wie es ausgeht."

Kaufpreis nicht bekannt

Landrat Kai-Uwe Bielefeld ist guter Dinge, das Krankenhaus Land Hadeln aus der Insolvenz heraus in kommunale Hand zu bekommen: "Dazu ist von allen Beteiligten in kürzester Zeit hoch professionelle Arbeit geleistet worden. Kreistag und Samtgemeinderat haben das mit einstimmigen Entscheidungen ermöglicht." Er nennt es einen guten Tag für die Patienten sowie die Beschäftigten. Gegenüber unserem Medienhaus sagt der Landrat: "Die Arbeit geht jetzt mit Hochdruck weiter. Die Finanzierung und Organisation sind nun wichtige Schritte."

Was der Landkreis für das Krankenhaus zahlen wird, wollte er am Dienstag noch nicht kommunizieren, ebenso wenig wie der Insolvenzverwalter. "Auf alle Fälle eine Menge Geld, die genauen Zahlen werden wir zur zusätzlichen Kreistagssitzung am 28. Juli vorbereiten", so Bielefeld. Laut Untersuchungen werden erst ab dem Jahr 2025 schwarze Zahlen möglich sein. Die Übergangsverluste müssen aufgefangen werden. Bielefeld bezeichnet sich jedoch als realistischen Optimisten: "Ich gehe davon aus: Das kann gelingen und wird gelingen, weil es gelingen muss!"

Dass "eine Menge Arbeit" erst bevorsteht, weiß Land Hadelns Samtgemeindebürgermeister Harald Zahrte. Er war von Anfang an am Arbeitsprozess beteiligt und dankte allen Beteiligten für das konstruktive Miteinander. "Mit dem Erhalt des Krankenhauses bleibt ein elementar wichtiger Baustein der Daseinsvorsorge im Kreisteil Hadeln erhalten. Wir müssen das Haus so aufstellen, dass es sich am Markt behaupten kann." Klar sei, dass sich die Samtgemeinde selbst an der Rekommunalisierung beteiligten werde. Noch ungewiss sei allerdings, zu welchem Prozentsatz, so Zahrte. Im Raum stünden 25,1 bis zu insgesamt 33 Prozent Beteiligung an der Krankenhausgesellschaft.

Insolvenzplan zeitnah einreichen

Die Übertragung werde im Rahmen eines Insolvenzplans erfolgen, so Dr. Kaufmann. Der solle zeitnah beim Insolvenzgericht eingereicht werden. Die Tochtergesellschaften der Krankenhaus Land Hadeln Otterndorf GmbH zählten dazu. Dies seien die Krankenhaus Land Hadeln Service GmbH, das MVZ Cuxhaven Rohdestraße GmbH und das Ambulante Therapiezentrum Krankenhaus Land Hadeln GmbH.

Als Ziel nannte der Insolvenzverwalter, die Geschäftsanteile bis Ende September zu übertragen, sodass die Trägergesellschaft in neuer Eigentümerstruktur am 1. Oktober neu starten könne, so Dr. Kaufmann. Bis dahin werde der Geschäftsbetrieb durch ihn und sein Team fortgeführt. Das bedeute, dass auch der gegenwärtig bestellte Verwaltungschef Lutz Möller mindestens bis zu diesem Datum an der Klinik bleibt.

Insolvenzverwalter Kaufmann weiß, dass es schwierig bleibt, denn die Restrukturierung gehe weiter. Zwar sei die Verlustsituation nicht so groß wie befürchtet und man befinde sich auf gutem Weg, aber noch sei die Klinik nicht gesundet.

Der Krankenhausbetrieb selbst ist von den Prozessen nicht betroffen. Er werde unverändert fortgeführt, teilt Dr. Kaufmann mit.

Zahlen, Daten, Fakten

Die Klinik heute: Das Krankenhaus Land Hadeln hat 94 Betten. 245 Mitarbeitende sind dort beschäftigt. Als Haus der Grund- und Regelversorgung bietet das Krankenhaus Land Hadeln Leistungen in den Bereichen Allgemein- und Viszeralchirurgie, Innere Medizin und Gastroenterologie, Geriatrie, Unfall- und Handchirurgie, Orthopädie, Anästhesie und Wirbelsäulenchirurgie sowie eine zentrale Notfallaufnahme. Das Krankenhaus Land Hadeln ist schwerpunktmäßig für die Akutversorgung der Gebiete der Samtgemeinden Land Hadeln, Hemmoor, Börde Lamstedt, des umliegenden Stadtgebiets von Cuxhaven und Teile des Landkreises Stade zuständig.

Geschichte: Das Kreiskrankenhaus Land Hadeln wurde 2005 privatisiert. Es ging vom Landkreis Cuxhaven an die Deutschen Kliniken Bad Brückenau. Diese Gesellschaft wiederum wurde an den schwedischen Capio-Konzern verkauft und als Capio Deutsche Klinik GmbH geführt. Die Capio AB wurde 2018 von dem französischen Krankenhauskonzern Ramsay Sante übernommen, der sich jedoch von den drei Kliniken Otterndorf, Bad Brückenau und Dannenberg im vorigen Jahr trennte. Hauptgesellschafter dieser drei eigenständigen Krankenhausgesellschaften wurden die Geschäftsführer Sigurd Gawinski und André Eydt sowie weitere Teilhaber. Sie schafften es nicht, Otterndorf in ruhiges Fahrwasser zu bringen. Seit 23. März 2021 befindet sich die Klinik in Insolvenz, zunächst in Eigenverantwortung. Am 1. Juli 2021 eröffnete das Amtsgericht Cuxhaven das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft und bestellte Dr. Kaufmann zum Insolvenzverwalter..

12. Juli 20121: Kreistag und Samtgemeinderat Land Hadeln geben ihr einstimmiges Placet zur Übernahme der Klinik ab.

20. Juli 2021: Der Gläubigerausschuss spricht sich für das Angebot des Landkreises Cuxhaven aus und damit für die Rekommunalisierung des Krankenhauses Land Hadeln.