
Verklappung vor Scharhörn: Lösung für Schlick-Problem in Sicht?
KREIS CUXHAVEN. Der Plan Hamburgs, Hafenschlick vor der Insel Scharhörn zu verklappen, erhitzte die Gemüter. Jetzt könnte es zu einer Lösung des Problems kommen.
Niedersachsen und Hamburg haben am Montag eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet, in der sie die Pläne des Bundes begrüßen, bei der "Tiefwasserreede" im Bereich des Niedersächsischen Küstenmeeres eine Verbringstelle für Sedimente einzurichten. Die "Tiefwasserreede" befindet sich rund 30 Kilometer westlich Helgolands und 40 Kilometer nördlich der ostfriesischen Insel Langeoog.
Die Einrichtung einer 30 bis 40 Meter tiefen Schlickdeponie als "Brückenlösung" wird derzeit vom Bund geprüft. Hamburg hatte mit seinem Plan, bei Scharhörn Schlick zu lagern, einen heftigen Konflikt mit seinen Nachbarländern ausgelöst und ihn erst in letzter Minute vorläufig gestoppt. Unlängst hatte Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) in Cuxhaven erklärt, dass man an einer gemeinsamen Lösung für das Hamburger Schlickproblem interessiert sei. Noch hat Hamburg allerdings nicht signalisiert, dass das Scharhörn-Vorhaben endgültig begraben ist.
Pilotmaßnahme beginnen
Das könnte der Fall sein, wenn bis Ende April eine Vereinbarung zum gemeinsamen Sediment-Management zwischen dem Bund, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein unter Dach und Fach ist. Bestandteil dieser Vereinbarung soll die Unterhaltung der Bundeswasserstraßen Ems, Weser, Jade und Elbe sein. Niedersachsen und Hamburg haben den Bund gebeten, möglichst im Herbst dieses Jahres mit einer Pilotmaßnahme zu beginnen, um einen weiteren Schritt zur Reduzierung der Kreislaufbaggerungen in den inneren Ästuaren zu gehen.
Aus Sicht der Cuxhavener Bürgerinitiative "Rettet das Cux-Watt" müsste in die Vereinbarung zur Verbringung von belastetem Schlick zur "Tiefwasserreede" auch die derzeitige Verklappung beim Neuen Lüchtergrund vor Cuxhaven eingebettet werden. Diese findet statt, ohne dass es dafür einer Genehmigung der Anrainerländer bedarf. Das bestätigt der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages in einer Stellungnahme auf Anfrage des SPD-Bundestagsabgeordneten Daniel Schneider. Nach Auffassung des Wissenschaftlichen Dienstes handele es sich bei der Umlagerung von Unterhaltungsbaggergut an der Elbmündung bei Cuxhaven und nördlich von Scharhörn um Unterhaltungstätigkeiten, die von landesrechtlichen Zulassungserfordernissen freigestellt seien. Zudem habe sich das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil zum Planfeststellungsbeschluss über die Elbvertiefung nicht zum Verbleib der Unterhaltungsbaggergutmengen geäußert. Dem entgegen hatten Juristen des niedersächsischen Umweltministeriums Hamburgs Scharhörn-Plan als "einvernehmensrelevant" eingestuft. Eine Klage des Landes gegen die schlick-Verklappung steht nach wie vor im Raum.
Kritik an Umlagerung
Indessen hat der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN), Gerd-Christian Wagner, zugleich Bürgermeister in Varel, die Praxis des Umlagerns von belastetem Schlick scharf kritisiert. "Anstatt nach Wegen zu suchen, das bei Hafenbaggerungen und Flussvertiefungen aufgenommene und in die Nordsee und das Wattenmeer eingebrachte giftige Material aus dem natürlichen System zu entnehmen, wird gerade auch heute noch auf möglichst undurchsichtige Weise noch mehr Gift und Schlick dazugepackt", so Wagner. Dabei stünde Deutschland im Rahmen der Meeresstrategie- Rahmenrichtlinie (MSRL) sowie der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) in der Pflicht, seine Gewässer in einen guten ökologischen Zustand zu versetzen und zu erhalten. "100 Gramm Quecksilber bleiben 100 Gramm Quecksilber”, so Wagner weiter, "auch wenn ihre Konzentration im Schlick über mehrere Zwischenstationen wie Neßsand und Neuer Lüchtergrund hinweg verdünnt wird, bevor sie im Wattenmeer auf den Grund verklappt werden und weiter verdriften." Alle Verantwortlichen müssten sich zu ihrer umweltschonenden Verpflichtung bekennen und gemeinsam eine sowohl echte wie nachhaltige Lösung gegen ihre bisher eher destruktive Handlungsweise suchen, so Wagner.
Dem Schutz der lebenden Umwelt des Wattenmeeres sowie der Nordsee und der Flussästuare müsse Priorität beigemessen werden, fordert Wagner. Rechtlich sei das Einbringen von Hafenschlick eine Form der Abfallbeseitigung. Stattdessen werde an alten Denk- wie Handlungsweisen festgehalten. Und die beinhalteten, aus der Fahrrinne in der Außenelbe einen tiefen und gefälligen Schifffahrts-Kanal zu formen.