Am Bahnhof Höftgrube (heute Wingst) wurde kräftig geschaufelt, um die Wege und Bahnsteige freizubekommen. Das Foto stammt von Gerhard Meyer.
Am Bahnhof Höftgrube (heute Wingst) wurde kräftig geschaufelt, um die Wege und Bahnsteige freizubekommen. Das Foto stammt von Gerhard Meyer.
Jahrhundertwinter

Schneechaos: Im Schneckentempo durch das Cuxland

von Christian Mangels | 12.02.2019

KREIS CUXHAVEN. "So etwas passiert nur einmal in hundert Jahren: In Norddeutschland ist es jetzt, nur sechs Wochen nach der Schneekatastrophe vom Jahreswechsel, zum zweiten Mal passiert." Mit diesen Worten eröffneten die ARD-Tagesthemen ihre Sendung vom 13. Februar 1979.

Der Winter kehrte mit aller Macht zurück in den Norden. Auch im Cuxland legten Schnee, Sturm und Eis das öffentliche Leben weitgehend lahm. Schule, Bus- und Bahnverkehr und Sportveranstaltungen fielen aus. Alle Sportveranstaltungen? Nein, in Cuxhaven kam eine Randsportart trotz des Winterchaos ganz groß raus - Billard.

"Ich werde diese Meisterschaft niemals vergessen", sagt Ellen Lütt. Und ihr Mann Volker fügt hinzu: "Der Zusammenhalt war immens." Das Cuxhavener Ehepaar richtete im Februar 1979 zusammen mit dem Billard-Club Cuxhaven (BCC) die Deutsche Meisterschaft in der Disziplin Cadre 35/2 aus. Während draußen Bundeswehrpanzer meterhohe Schneeverwehungen von den Straßen räumten, sorgten drinnen in den Billardstuben an der Deichstraße die besten deutschen Billardspieler mit filigraner Technik für Karambolagen.

Für die acht Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet und Turnierleiter Herbert Becker war die Reise nach Cuxhaven fast noch aufregender als die Meisterschaftskämpfe. Becker brauchte für die Fahrt von Hamburg nach Cuxhaven sage und schreibe 26 Stunden. Auch bei den Billardspielern Werner Kühn (Berlin) und Ulrich Lohrke (Hamburg) ging es nur im Schneckentempo voran: Sie mussten bei ihrer Bahnreise einen Umweg über Bremen in Kauf nehmen - und kamen zu spät. Turnierleiter Becker sorgte dafür, dass diese beiden Teilnehmer in der zweiten Spielrunde einsteigen durften. "Trotz dieser Probleme war es ein richtig schönes Turnier", erinnert sich Ellen Lütt. Deutscher Meister wurde übrigens der damals 21-jährige Harald Graf, der sich nach großem Kampf im Finale gegen den Saarländer Peter Zeiler durchsetzte. "Mit Peter Zeiler haben wir heute noch Kontakt", erzählt Volker Lütt.

Wolfgang Rittmann, der damalige Präsident des Deutschen Billard Bundes (DBB), war voll des Lobes für die Turnier-Organisation und den großen Sportsgeist, sodass der BCC die Deutsche Meisterschaft 1980 erneut austragen durfte - diesmal ohne Schneechaos.

Schnee lag meterhoch

Dramatische Stunden erlebte im Februar 1979 auch die Familie Heinbockel aus Hechthausen, wenn auch ganz anderer Art: "Der 17. Februar war der errechnete Geburtstermin für unsere Tochter", erzählt Mechthild Heinbockel. "Der Schnee lag meterhoch auf den Straßen. Die Bundesstraße 73 war nicht befahrbar und die Bahn konnte auch nicht mehr verkehren. Außerdem bestand für Privatfahrzeuge ein absolutes Fahrverbot."

Nur schwere Räumfahrzeuge und Panzer trotzten dem Schnee und führten wichtige Transporte durch, so die Hechthausenerin. "Uns erreichten viele Anrufe besorgter Verwandter, weil über die Nachrichten verbreitet wurde, dass eine Geburt im Panzer stattgefunden habe." Glücklicherweise wartete das Töchterchen der Heinbockels noch bis zum 25. Februar, um auf die Welt zu kommen. Da waren die Straßen wieder befahrbar.

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Christian Mangels

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