Sie wurden mit dem Wind gedreht
Einst hatte jeder Ortsteil von Cuxhaven seine eigene Windmühle – Die letzte Zeitzeugin einer langen Epoche steht in Lüdingworth
ph. – Nordseeküste und Windmühlen gehören irgendwie zusammen. Jedenfalls war das früher einmal so. Auch in Cuxhaven lebten einst stolze Mühlenbesitzer. Von den historischen Bauwerken blieb im Stadtgebiet jedoch nur eines übrig: Die weiße Mühle in Lüdingworth.Außerhalb des Ortsteils Lüdingworth, am Scheidungsweg, leuchtet die schmucke, weiße Windmühle schon von weitem dem Besucher entgegen. Sie ist eine der letzten Zeitzeuginnen einer Epoche, die mit der Industrialisierung zu Ende ging. Der Geschichts- und Heimatverein Lüdingworth hatte beim letzten Vereinstreffen zum Thema "Historische Entwicklung der Windmühlen" einen Referenten eingeladen, der schon über 30 Jahre Informationen über Windmühlen sammelt. Anhand von Dias erzählte Paul Schmertmann deren lange Geschichte, die in der steinernen Mühle in Lüdingworth ein Ende findet. Eine weitere im Umkreis steht heute noch in Midlum."Der Vorläufer der Windmühle war die Wassermühle", berichtete der ehemalige Cuxhavener Tiefbauingenieur. Deren Entstehung wird etwa in die Zeit um 120 vor Chr. datiert. Nicht nur für Getreide, auch zum Sägen von Holz oder Stampfen von Eichenrinde für die Ledergerberei sei die Wasserkraft genutzt worden, so Schmertmann. Sie löste übrigens die primitiven, von Tieren oder Mühlensklaven betriebenen Mahlwerke ab. Um die erste Jahrtausendwende setzte sich die Windmühle aus dem persischen Raum auch in Europa durch. Dieser erste Typ der windgetriebenen Mühlen funktionierte horizontal, wobei die Windkraft allerdings nicht voll ausgenutzt werden konnte. Die horizontalen Mahlwerke wurden bald durch solche mit vertikaler Flügelführung ersetzt. Ab etwa 1180 kam die heute noch geläufige Bockwindmühle in Betrieb. Diese Mühle besteht aus einem Mühlenkasten, der an einem Mühlenbaum befestigt ist. Je nach Windrichtung muss die Mühle komplett gedreht werden. "Wenn der Müller nicht rechtzeitig mitbekam, dass der Wind umgeschwenkt hatte, ging so eine Mühle des öfteren koppheister", erzählte Schmertmann.Später wurde die Turmwindmühle entwickelt. Bei dieser Bauart brauchte nur noch der Turm beziehungsweise die Kappe mit dem daran befestigten Mühlenrad gedreht zu werden. "Die heutige Lüdingworther Mühle ist so eine gemauerte Turmwindmühle", erklärte Schmertmann. Ursprünglich stand dort eine Bockwindmühle, die schon im 18 Jahrhundert in Archiven erwähnt wurde. 1901 wurde sie von einem Sturm "umgepustet" und ein Jahr später durch eine moderne Holländerwindmühle ersetzt. Die Lüdingworther Mühle wurde am längsten von allen Cuxhavener Mühlen genutzt. 1975 wurden schließlich die Flügel abgebaut, Motoren übernahmen den Antrieb. 1990 wurde der Mahlbetrieb eingestellt. 1991 begannen Restaurierungsarbeiten. Heute wird die Mühle als Ferienwohnung genutzt. Eine weitere restaurierte Mühle steht noch in Midlum. Jedes Jahr am Tag der offenen Tür drehen sich deren Räder, dann ist es fast so wie in alten Zeiten.Die alten Mühlen im Cuxhavener Stadtgebiete stehen nicht mehr. "Da war unter anderem die Ritzebüttler Mühle, ursprünglich eine Bockwindmühle, erbaut 1577", erinnerte Schmertmann. Sie stand kurz hinterm Deich, etwa in Höhe der heutigen Löwenapotheke. 1854 brannte die Mühle ab. Mühlenbrände kamen durch die Erhitzung beim Mahlvorgang häufig vor. 1855 wurde sie als Holländermühle mit drehbarer Kappe wieder aufgebaut. 1895 musste sie jedoch wegen umfangreicher bauliche Veränderungen der Deichstraße abgebrochen werden und wurde nach Klint bei Hechthausen versetzt, wo sie um die Zeit des zweiten Weltkrieges dann entgültig abgerissen wurde. Ein bewegtes "Leben" führte einst auch die Altenwalder Mühle. Die etwa um 1535 erbaute Mühle wurde 1648 vom Sturm erfasst und zerstört. Wieder aufgebaut traf das hölzerne Gebäude 1670 der Blitz. Damals war die Mühle (bis 1768) im Besitz des Klosters Neuenwalde und wurde ein drittes Mal aufgebaut. Leider erfasste auch diese 1703 ein starker Sturm. Zum vierten Mal richteten die Altenwalder ihre Mühle auf. 1911 wurde sie endgültig abgebaut.Auch die Döser Windmühle steht nicht mehr. Auf dem Mühlenberg in der Steinmarner Straße wurde diese älteste Bockwindmühle Cuxhavens 1937 gesprengt. "Angeblich wegen Altersschwäche", bedauerte Schmertmann. Die des Grodener Ortsteiles ereilte ein gar noch herberes Schicksal. Die 1560 erbaute hölzerne Bockwindmühle fiel 1945 einer Fliegerbombe zum Opfer.
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