In Sachen Untreue-Vorwurf:

Staatsanwältin findet neues Material

18.01.2014

CUXHAVEN.  Nachdem es zuletzt noch so ausgesehen hatte, als wäre das Verfahren wegen Untreue gegen den bekannten Cuxhavener Rechtsanwalt und ehemaligen FDP-Bürgermeister Bernd L. weitestgehend ausverhandelt, sorgte die Staatsanwältin Frau Dr. Reitemeyer am gestrigen fünften Verhandlungstag für neuen Sprengstoff, der ausreichen könnte, dem Verfahren eine ganz neue Wende zu geben.

Bislang war es in der Hauptsache um die Frage gegangen, ob sich der Rechtsanwalt und frühere Vorsitzende des Weltumseglervereins Trans Ocean strafbar gemacht hat, als er eine Summe von 18 535 Euro in drei Tranchen in bar von einem aufgelösten Zwischenkonto an den Vertreter H. der Versicherungsagentur Cux-Enterprise GmbH ausgezahlt hat. Begründet hatte der Angeklagte diesen ungewöhnlichen Vorgang mit berechtigten Provisionsforderungen der Agentur. Versicherungsangestellte Gabriele H. von der Bezirksdirektion Hamburg der Württembergischen Versicherung, bei der eine Gruppenauslandskrankenversicherung für die Trans Ocean-Segler bestanden hat, erklärte gestern als Zeugin, dass rund 460 Versicherungsverträge von auf See befindlichen Langzeitseglern ohne Konto in Deutschland über das Zwischenkonto abgerechnet würden, das von Bernd L. eingerichtet worden war.

Nachdem aufgrund von Unregelmäßigkeiten die Zusammenarbeit mit Kundenbetreuerin Lydia K. von der Agentur Cux-Enterprise beendet worden sei, habe es ihrer Kenntnis nach Anspruch auf Provisionszahlungen seitens Cux-Enterprise mehr gegeben, sagte die Zeugin aus.

Nach der Zeugenvernehmung schlug dann die Stunde der Staatsanwältin:

Nach Einsicht umfangreichen Aktenmaterials und weitergehender Recherche sei sie einer jahrelangen Verschleierungstaktik auf die Spur gekommen, die die Staatsanwältin als „abgekartetes Spiel“ bezeichnete, woraufhin der Verteidiger, Rechtsanwalt Thiemo Röhler, ihr Befangenheit unterstellte und einen entsprechenden Antrag ankündigte.

Hintergrund: H. hatte die Firma Cux-Enterprise aus dem Nachlass des überschuldeten und verstorbenen Inhabers kaufen wollen, nachdem er die Verwaltung der TO-Gelder jahrelang inne gehabt hatte. Aus der Nachlassakte gehe hervor, so die Staatsanwältin, dass H. zum besagten Zeitpunkt bereits insolvent und vermögenslos war, sodass die Forderungen von Gläubigern nicht mehr bedient werden konnten. In einem anschließenden Strafverfahren sei H. verurteilt worden.

Ein weiterer Cuxhavener Rechtsanwalt, der H. damals vor Gericht vertreten hat, soll nach dem Wunsch der Staatsanwältin bei der Fortsetzung des Verfahrens am 30. Januar (9.15 Uhr) als Zeuge gehört werden. Schwierig werden dürfte es für den Angeklagten Bernd L. auch, weil der damals offenbar insolvente H., der auch Unterstützung aus Hartz IV beantragt hatte, in allen relevanten juristischen Angelegenheiten von ihm betreut worden sein soll.

Hätte Bernd L. die besagten 18 535 Euro seinerzeit auf das Konto des Begünstigten überwiesen, wäre das Geld sofort von dessen Gläubigerbank, der Deutschen Bank, eingezogen worden. Dem seien beide Seiten offenbar durch Barauszahlung aus dem Wege gegangen, vermutete die Staatsanwältin, die Richter Stefan Redlin umfangreiches Aktenmaterial zu ihrer Recherche überreichte und weiteres einforderte. Redlin darauf trocken: „Da kommt ja noch ein bisschen was.“ Die nächsten Verhandlungstermine: 30. Januar, 12. und 26. Februar (jeweils 9.15 Uhr).

Von Thomas Sassen

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