
Steinau: Feldmäuse bedrohen Existenzen von Bauern
STEINAU. Eine Feldmausplage trifft besonders Steinau. Die Schädlingsnager fressen das Grünland kahl. Erste Bauern sind in ihrer Existenz bedroht.
Steppe statt Grünland. Eine rasant ausbreitende Feldmausplage macht Landwirten zu schaffen. Besonders stark ist Steinau betroffen. Dort sieht es aus, wie man sich Sibirien vorstellt. Die Mäuse fressen Grasflächen kahl und den Kühen das Futter weg. Hektarweise. Die Nager sind eine massive Bedrohung für bäuerliche Existenzen. Erhard von Thaden steht kurz vor dem Aus. "Wir haben schon die Anzahl der Tiere reduziert, aber so kann ich meinen Betrieb nicht mehr weiterführen", sagt er ernst und zeigt auf das mit Mäuselöchern und Gängespuren durchgepflügte Land. Das gehe schon sehr an die Nerven.
Sie fressen nicht nur Grün, sie unterhöhlen Wiesen und Weidenflächen mit Gängen und Wurfhöhlen. 80 Prozent seiner Flächen seien betroffen. "Wertvolles Gras ist einfach weg." Bei seinen 80 Tieren, darunter 25 Milchkühe, muss er bereits auf der Weide mit Silage oder Heu zufüttern - "Futter zuzukaufen ist zu teuer, außerdem ist es durch die Trockenheit insgesamt zu knapp geworden und im Preis gestiegen." Auf Dauer kann er das nicht leisten.
Nur noch im Nebenerwerb
"Von den Milchkühen werden wir uns wohl trennen müssen, vielleicht können wir das Jungvieh ja noch halten." Mit 53 Jahren ist von Thaden noch viel zu jung für den Ruhestand. Er wird sich auf Arbeitssuche begeben müssen. Die Landwirtschaft betreibt er dann nur noch als Nebenerwerb.
Bei den Nachbarn in Steinau-Höring sieht die Plagelage ebenso trist und vertrocknet aus. Manfred Wilkens bedauert: "Das Höfesterben geht weiter." Mäuse habe es ja immer mal gegeben, "aber so etwas habe ich in meinen 67 Jahren noch nie erlebt.". Das vorige Dürrejahr und den fehlenden Winter hält Armin Heitmann verantwortlich für die Plage, die Steinau so stark heimgesucht hat. "Ich bin als zertifizierter QS-Auditor ja viel unterwegs und komme im Land ‘rum, aber dieses Ausmaß wie bei uns habe ich noch nie gesehen."
Der 58-Jährige hat selbst keinen Tiere mehr, doch er verkauft den Ertrag von 30 Hektar Grünland. "Aber jetzt gibt es nichts zu verlaufen." Die Mäuseplage verursacht starke finanzielle Einbußen. "Wir hoffen jetzt auf Regen und eine Seche, damit die Tiere verschwinden ", sagen die Landwirte. Denn vorher können sie ohnehin nicht mit dem neuen Einsähen der Flächen begonnen, weil sonst die Nager ratzfatz die Grassaat verputzen würde. Pro Hektar Ansaat rechnet Heitmann mit Gesamtkosten von rund 200 Euro.
Schon beim ersten Schnitt war sein Ertrag um die Hälfte niedriger als normal, ein zweiter Schnitt war kaum möglich - und die dritte oder vierte Mahd entfällt auf den knochentrockenen Flächen ganz. Man sehe förmlich, wie sich die die Mäuseplage ausbreite, sagt Armin Heitmann und zeigt auf ein noch relativ grünes Landstück, auf dem sich mittendrin aber schon der Schädlingsbefall durch verdörrte Placken und Löcher zeigt. "Und dann geht es ganz schnell - und alles ist weggefressen aus, das geht rasant, da kann man fast zugucken."
Manfred Wilkens, der selbst keine Flächen mehr aktiv bewirtschaftet, hat Mitleid mit seinem Pächter - und er ist besorgt,. "Extremwetterlagen sind uns ja immer vorhergesagt worden - und jetzt sind wir schon mittendrin im Klimawandel."
Entschädigung für die Ausfälle gebe es keine. Das sei eben Naturgewalt, damit müsse man leben sagten die Landwirte achselzuckend.
Es gibt übrigens natürliche Profiteure, Störche und ganze Möwenschwärme finden hier einen reich gedeckten Tisch und fressen sich an Mäusen mühelos satt. "Die Störche haben hier ihre Brut gut groß gekriegt und die Möwen verlassen uns hier schon gar nicht mehr, so fett sind sie geworden, die würden ja über Wasser abstürzern."
Die Feldmaus (Quelle: Wikipedia):
Die Feldmaus (Microtus arvalis) ist ein Säugetier aus der Unterfamilie der Wühlmäuse (Arvicolinae). Sie ist als typischer "r-Stratege" - also eine hohe Reproduktionsrate - eines der häufigsten Säugetiere Mitteleuropas und bekannt für zyklische Massenvermehrungen bei guten Bedingungen, wie Nahrungsangebit und günstige Witterung. Sehr große Würfe mit bis zu 13 Jungen, schnelle Wurffolge, frühe Geschlechtsreife und Nestgemeinschaften mehrerer Weibchen, die auch fremden Nachwuchs säugen, lassen die Feldmaus dann zur Plage werden.
Feldmäuse fressen Gras, Kräuter, Sämereien und Getreide. Die Tiere leben in mäßig dichten bis sehr dichten Kolonien in komplexen Erdbauen. Die Eingänge sind über ein verzweigtes System oberirdischer und zum Teil viele Meter langer Laufgänge miteinander verbunden.