
Kreis Cuxhaven: Wie Landwirte mit dem schlechten Internet hadern
KREIS CUXHAVEN. Landwirte im Kreis Cuxhaven klagen über mangelhafte Kapazitäten, Einzelgehöfte bleiben bei Ausbau-Initiativen oft außen vor.
Landwirte in der Region haben Angst, auf unbestimmte Zeit mit Up- und Downloadgeschwindigkeiten von Vorgestern vorliebnehmen zu müssen. Zwar hat die Deutsche Glasfaser Holding in Land Hadeln eine Ausbauinitiative gestartet. Mit einem Gigabit werden aber nur Haushalte oder Betriebe surfen, die in Bereichen liegen, in denen sich das Verlegen der Lichtleiter aus Anbietersicht lohnt. "Was ist mit uns?", fragen sich Viehzüchter und Ackerbauern, deren Gehöfte sich außerhalb des Erschließungsgebietes beziehungsweise weit zurückgesetzt von der Straße befinden. Sie befürchten, dass sich Gemeinden nach Abschluss der oben genannten Kampagne beruhigt zurücklehnen könnten. Und es für Betriebe in den Außenbereichen umso schwieriger werden wird, zu einer vernünftigen Breitbandanbindung zu gelangen. "Dabei ist ein gutes Netz für uns elementar!", betont Ute Mushardt und denkt dabei nicht allein an den von ihrer Familie geführten landwirtschaftlichen Betrieb.
Gäste erwarten ein schnelles Netz
"Ich brauche das auch für meine Feriengäste, sagt die Otterndorferin, ihres Zeichens Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft für Urlaub auf dem Bauernhof: Stadtflüchtlinge, die sich bei den Mushardts auf Hof Katthusen einmieten, erwarten in der Regel, mit Handys oder Tablets in Internet zu kommen. Beginnen die Gäste, Musikdateien zu laden oder Serien zu streamen, geht die auch für Administration und Steuerungszwecke benötigte Verbindung in die Knie. Ein besonderer, aber mitnichten ein Einzelfall: Welf Quassowsky, Landvolk-Geschäftsführer in Hadeln, rechnet damit, dass der überwiegende Teil seiner Mitglieder bei der aktuellen Glasfaser-Maßnahme "in die Röhre guckt": "Es ist ärgerlich, dass etwas passiert, aber man trotzdem wieder hinten ansteht", betont er und beschreibt, wie viel inzwischen auf den Höfen digital läuft.
Da gibt es nicht nur Melkroboter und servergestützte Klimatechnik. Selbst die Bewirtschaftung von Feldern ist auf rein analogem Weg kaum noch vorstellbar. "5G auf jeder Wiese" ist aus diesem Grund keine maßlose Parole. "Wir fordern, dass schnelles Internet im ländlichen Raum flächendeckend ausgerollt werden muss", sagt Quassowsky. "Nicht nur da, wo's für den Anbieter Gewinn bringt." Anbieter wie die Deutsche Glasfaser guckten sich sogenannte "Cluster" aus. Geht es darum, in den übrigen Bereichen für eine zeitgemäße Verbindung zu sorgen, sind in letzter Konsequenz die Kommunen gefragt. Sie können Subventionen zum Digitalausbau einwerben - allerdings: Wenn die Förderanträge nur von einer Person "eingetütet" würden, so der Landvolk-Geschäftsführer, bezogen auf eine Koordinatorenstelle bei der Agentur für Wirtschaftsförderung, dauere das seine Zeit "So lange können wir nicht warten!"
Nehmen, was zu kriegen ist
Samtgemeindebürgermeister Harald Zahrte möchte die Initiative der Deutschen Glasfaser Holding nicht klein geredet wissen: "In weiten Teilen anzuschließen, ist besser, als wenn wir sagen, wir warten jetzt auf den ganz großen Wurf", sagte Zahrte. Das, so räumte Zahrte ein, dürfe eine Gemeinde allerdings nicht dazu verleiten, die Hände in den Schoß zu legen. Stattdessen müsse man das Thema Breitbandausbau aktiv weiter vorantreiben. Auf eine Nachfrage hin, wie die Deutsche Glasfaser Holding bei der Auswahl der Cluster verfahre, räumte Unternehmenssprecher Dennis Slobodian ein, dass es Gebiete gebe, in denen es für sein Haus nicht wirtschaftlich sei, "eine Faser zu legen".
So zum Beispiel, wenn Einzelsiedlungen außerhalb des zuvor definierten Ausbaugebiets liegen. "Das heißt aber nicht, dass so eine Siedlung dann verloren ist", versuchte Slobodian zu beruhigen. Die Deutsche Glasfaser denke die eigenen, privatwirtschaftlichen Initiativen oftmals mit möglichen kommunalen Vorhaben zusammen. Mehr noch: Man sei sogar "relativ rege", was Bewerbungen um geförderte Projekte angehe, betonte Slobodian. Varianten wie die Möglichkeit, einen Glasfaseranschluss arbeitsteilig mit den späteren Nutzern zu legen, verwies er keineswegs in den Bereich des Unmöglichen. "Das ist schon öfter vorgekommen, dass wir solche Sonderprojekte gemacht haben." Karsten Halter (Altenbruch) hat dagegen die Erfahrung gemacht, dass Anfragen nach pragmatischen, auf Eigenbeteiligung basierenden Lösungen von (anderen) Anbietern gerne abgewehrt werden.
Selbst in der Sahara "4G"
"Andere Länder sind wesentlich weiter", gibt Halter, auf das Thema Highspeed-Intenet bezogen, zu bedenken. Selbst in einem Schwellenland wie Marokko, so berichtet der Altenbrucher, habe man vielfach eine schnellere Verbindung als in manchen Teilen unserer Republik. Mittlerweile gelange man selbst in den Ausläufern der Sahara problemlos ins Internet - dank funkgestützter Lösungen. Auf LTE umzuschwenken ist aus Sicht von Ute Mushardt möglicherweise der letzte Weg, um in der Fläche nicht auf unbestimmte Zeit digitales Entwicklungsland bleiben zu müssen. "Dann haben Sie unter Umständen das Problem, dass es Gäste gibt, die Bedenken anmelden", sagt die Ferienhof-Betreiberin unter Verweis auf die gesellschaftliche Debatte um Mobilfunkmasten. So machvollziehbar das Kosten-/Nutzen-Kalkül der Breitband-Anbieter ökonomisch betrachtet auch sein mag: Mushardt ärgert sich über diese "Rosinenpickerei". Unter dem Strich sei das eine Benachteiligung des ländlichen Raumes. Ihre Forderung: Der neu gewählte Kreistag muss sich schnellstmöglich mit dem Problem der Internet-Anbindung der Höfe befassen.