
"Tante Ahlborn" mischte Männerwelt im Cuxland auf
KREIS CUXHAVEN. Elisabeth Becker von Sothen war die erste Frau, die in der Otterndorfer Redaktion der Niederelbe-Zeitung ein Volontariat machte.
"Ich habe schon als Kind gern geschrieben", erzählt die Journalistin, die in Neuenkirchen als Tochter eines Pastors aufwuchs und in Cuxhaven das Gymnasium für Mädchen besuchte. Als die Niederelbe-Zeitung 1966 einen Volontär suchte, bewies die damals 20-Jährige Mut und klopfte beim damaligen Redaktionsleiter Hans Lefevre in der Schleusenstraße an. Der Lokalchef und sein Kollege Günter Kirchner waren beeindruckt von der jungen, couragierten Dame, die nicht auf den Mund gefallen war. Sie bekam das Volontariat - und durfte gleich am ersten Tag eine Glosse über die "herrlichste Nebensache der Welt" schreiben. Und das zu einer Zeit, als Zeitung noch mit Schreibmaschine, Bleisatz und Mettage gemacht wurde.
Ihre Eltern wussten zunächst nichts von ihrem Schritt in die Welt des Journalismus. Sie dachten, ihre Tochter würde einen hauswirtschaftlichen Weg einschlagen. "Aber das war schon immer so, dass ich nicht sage, was ich vorhabe."
Das Kürzel "ta" - für "Tante Ahlborn" - wurde schon bald Elisabeth Ahlborns Markenzeichen. Mit ihrer BMW Isetta sauste die junge Reporterin zu Schützenfesten, Abiturfeiern und Gerichtsprozessen. Glossen, also humoristisch-überspitzte Kommentare, machten ihr besonders viel Spaß. Nur an politische Themen ließen Lefevre und Kirchner die Volontärin (und spätere Jungredakteurin) nicht ran. "Das machten die Herren selbst. Aber das war in Ordnung für mich", erinnert sich Elisabeth Becker von Sothen.
Die Revolution auf dem Lande vollzog sich eher im Kleinen. Zum Beispiel im Redaktionsalltag. "Tante Ahlborn" schaffte es, mit ihrer selbstbewussten, fröhlichen Art die konservativ-strengen Männerstrukturen aufzuknacken. "Irgendwann hatte ich Hans Lefevre so weit, dass wir Eis essend durch Otterndorf gelaufen sind", erzählt sie. Auch beim abendlichen "Absacker" in Siegfried Schröders Gaststätte in Müggendorf hielt die Nachwuchsreporterin gut mit. "Ich war immer etwas anders", sagt Elisabeth Becker von Sothen. Als Vorbild für andere Frauen habe sie sich aber nicht gesehen.
Während ihrer Volontärszeit, die 1968 endete, habe sie viele interessante Menschen kennen gelernt. Zum Beispiel den späteren NDR-Moderator Carlo von Tiedemann, der damals Volontär in Cuxhaven war. "Der kam immer mit einer kaputten Ente nach Otterndorf. Das war vielleicht ein Typ." Unvergessen bleibt für sie auch die Fahrt nach Couhé, der französischen Partnergemeinde von Hemmoor, im Oktober 1967: "Es war meine erste Auslandsreise." Weil sie recht gut Französisch sprechen konnte, war "ta" nicht nur als NEZ-Berichterstatterin, sondern auch als Dolmetscherin für die Hemmoorer Delegation im Einsatz.
Die Furchtlosigkeit hat sie sich bis heute bewahrt. Die weit gereiste Seniorin, die 19 Jahre mit dem Arzt Dr. Reinhartd Becker von Sothen verheiratet war, liebt es, beim Tandemsprung den freien Fall zu erleben. Ihr nächstes Ziel: ein Ausflug mit einem Doppeldecker-Flugzeug.