
Verklappung vor Scharhörn ist Teil einer Gesamtstrategie Hamburgs
CUXHAVEN. Die Hansestadt Hamburg hat heftige Kritik für ihren Plan einstecken müssen, bei Scharhörn künftig Baggerschlick zu verklappen, vor allem aus Cuxhaven. Wirtschaftsstaatsrat Andreas Rieckhoff verteidigt das Vorhaben nun als Teil einer Gesamtstrategie zur Verminderung der Baggermassen.
Der Plan der Hansestadt Hamburg, rund fünf Kilometer vor der Vogelinsel Scharhörn Schlick zu verklappen, hat für einen Sturm der Entrüstung gesorgt. Umweltverbände aber auch das Land Niedersachsen sowie Landkreis und Stadt Cuxhaven und die Samtgemeinde Land Hadeln lehnen das Vorhaben kategorisch ab. Nun bemüht sich Hamburg, seine Sicht der Dinge darzulegen.
Andreas Rieckhof, Staatsrat der Hamburger Behörde für Wirtschaft und Innovation, sowie Claudia Flecken, Leiterin für Infrastruktur Wasser der Hafenbehörde HPA. gaben am Mittwoch im Rahmen eines Pressegesprächs Erläuterungen zu den Planungen. Es sei erklärtes Ziel des Senats, sagte Rieckhoff, die extreme Kreislaufbaggerei bei der Elbinsel Neßsand mit rund vier Millionen Tonnen Schlick jährlich deutlich zu reduzieren, wenn nicht zu beenden, weil sie ökonomisch wie ökologisch nicht vertretbar sei. An diese Stelle müsse ein nachhaltiges Sedimentmanagement treten.
In einem transparenten Dialog mit dem Bundesverkehrsministerium, der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung, den Nachbarländern aber auch dem Cuxhavener Landrat Bielefeld und Oberbürgermeister Santjer lege die Hansestadt ihre Neukonzeption offen. Dass die Begeisterung in Cuxhaven überschaubar sei, habe ihn nicht überrascht, räumte Riekhoff ein. Er bezeichnete allerdings vieles, was an Kritik - vor allem aus Umweltinitiativen - gegen den Scharhörn-Plan vorgebracht wurde, als unzutreffend. Hamburg habe nun einmal die Aufgabe, den wichtigsten Seehafen Deutschlands erreichbar zu halten, die Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Schiffsverkehrs zu gewährleisten. "Die Baggerei ist eine Daueraufgabe." Riekhoff kündigte in diesem Zusammenhang an, demnächst zu Gesprächen mit Stadt und Landkreis nach Cuxhaven zu reisen.
Die Verklappung von gering belastetem Schlick aus der Bundeswasserstraße Elbe auf Hamburger Hoheitsgebiet, der so genannten Delegationsstrecke, in der Außenelbe bei Scharhörn sei ausschließlich für Oktober bis Mitte März in einer Größenordnung von rund einer Million Tonnen Trockensubstanz vorgesehen. Die Verbringung dort ergänze lediglich die Verklappung bei der Tonne E 3 vor Helgoland, wo jährlich bis zu 1,5 Millionen Schlick sowohl aus der Bundeswasserstraße, als auch aus dem Hafen zwischen Januar und Mai verklappt werden können, erläuterte Claudia Flecken.
Scharhörn "keine Deponie"
Eine wasserrechtliche Erlaubnis für die Verbringung des gering belasteten Baggerguts in die Hamburger Außenelbe sei nicht erforderlich, weil im Bereich der Bundeswasserstraße verklappt werde, was durch den Planfeststellungsbeschluss der Fahrrinnenanpassung und die Bundeswasserstraßengesetzgebung gedeckt sei. Das mit 1200 mal 160 Meter relativ kleine Gebiet bei Scharhörn sei ausdrücklich keine Deponie, denn das verklappte Sediment verdrifte laut Gutachten der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) vorwiegend in die Nordsee, nur ein kleiner Teil werde sich kaum spürbar im Watt ablagern. Eine signifikante Erhöhung der Schwebstoffanteile im Wasser sei laut BAW nicht zu erwarten, so Flecken. Das Material werde sich weiträumig verteilen und nicht zur Verschlickung des Watts beitragen. Eine Anreicherung von Schadstoffen in Organismen wie Vögeln oder Meereslebewesen könne ausgeschlossen werden. Flecken: "Die Qualität des Baggergutes ist so gut wie nie zuvor, weil der größte Teil mit dem Flutstrom aus der Nordsee flussaufwärts gelangt." Mit dem Resultat der Umweltverträglichkeitsprüfung könne auch eine Gefährdung des Unesco-Welterbe-Status des Wattenmeers ausgeschlossen werden. Die Laufzeit für die Verklappstellle betrage zunächst zwei Jahre und werde begleitet von einem umfangreichen Umweltmonitoring.
Langfristig in die AWZ
Für die Unterbringung von Schlick bei der Tonne E 3 in der Nordsee ab 2023 wird ein neuer Antrag zur Genehmigung durch Schleswig-Holstein vorbereitet. Eine weitere Option stellt die Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) nordwestlich Helgolands dar. Dieser bereits seit rund zwei Jahren erarbeitete Antrag an das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) soll im zweiten Quartal eingereicht werden. Staatsrat Rieckhoff rechnet mit einer Verfahrensdauer von zwei bis drei Jahren. In der AWZ sollen bis zu 2,5 Millionen Tonnen Trockenmasse aus Bundeswasserstraße und Hafenbecken ganzjährig verklappt werden. Klappt die AWZ-Option, für die Rieckhoffs Behörde kämpfe, könne auf die Verklappung bei Scharhörn längerfristig verzichtet werden, so der Staatsrat.
Jeweils 400 000 Tonnen Baggergut aus der Elbe verklappt Hamburg derzeit außerdem am Neuen Lüchtergrund vor Cuxhaven und bei St. Margarethen vor Brunsbüttel.