Vorwürfe gegen Frauenhaus
OTTERNDORF. Die Vorwürfe sind gravierend: "Skandal im Frauenhaus - Schwerbehinderte Frührentnerin mit vorsätzlicher Obdachlosigkeit bedroht". Diese Mitteilung hat die 50-jährige Marion Holl nach 14-tägigem Aufenthalt nicht nur an Staatsanwaltschaft und Ämter geschickt, sondern auch auf eine selbst erstellte Homepage gestellt sowie ihren Anwalt eingeschaltet.
Doch was ist dran an diesen schweren Vorwürfen? Marlies Thiemann, Leiterin des Otterndorfer Frauenhauses, ist die Erleichterung anzumerken, dass Marion Holl gestern ihre Koffer gepackt und das Otterndorfer Frauenhaus verlassen hat: "Wir hatten sie aus Kulanzgründen aus einem anderem Frauenhaus aufgenommen, aber es stellte sich heraus, dass bei ihr definitiv kein Fall von häuslicher Gewalt im Sinne von Beziehungs- oder Paargewalt vorliegt. Wir sind aber nicht dafür da, um Personen mit anderen Gewalthintergründen aufzunehmen, das ist nicht unser Arbeitsauftrag. Dafür gibt es eigene Institutionen, beispielsweise den Weissen Ring." Es habe jedoch zahlreiche Gespräche und ambulante sozialpädagogische Hilfsangebote gegeben.
Sie sei, so Marion Holl gegenüber unserer Zeitung, zunächst aus Lübeck ins Frauenhaus Wismar und dann nach Schwerin gekommen, weil sie von ihrem Nachbarn bedroht worden sei. Nach einer Strafanzeige befürchtete sie Gewalt durch seine polizeilich ebenso bekannten Freunde. Die geringe Kriminalität im Cuxland gekoppelt mit der Seeluft führten sie und eine Bekannte nach Otterndorf: "Die ersten Tage waren auch hervorragend." Zur Eskalation ist es wohl gekommen, als Marion Holl, die mit der anderen Frau aus dem Schweriner Frauenhaus nach Otterndorf übersiedelte, erfuhr, dass es in Otterndorf eine Drei-Monats-Frist für den Aufenthalt gibt.
Die eloquente Frau begann damit, Landkreis und Staatsanwaltschaft zu mobilisieren. Marlies Thiemann: "Wir sind eine Erstkriseneinrichtung, um vor Beziehungsgewalt Schutz zu finden. Diese drei Monate Erstintervention reichen in der Regel mit unserer Unterstützung dafür aus, dass sich eine Frau eine neue, gewaltfreie Zukunft aufbauen kann."
In Marion Holls Augen ist so ein Passus jedoch nicht rechtens, das wollte sie nicht unterschreiben.
Von Wiebke Kramp