Gestütshauptwärter Ingo Beiser ist seit 28 Jahren Deckstellenleiter in Ihlienworth. Foto: Joppien
Gestütshauptwärter Ingo Beiser ist seit 28 Jahren Deckstellenleiter in Ihlienworth. Foto: Joppien
"Kenne jeden Feldweg"

Warum ein Gestütshauptwärter aus Celle die Hengststation in Ihlienworth leitet

25.04.2021

IHLIENWORTH. Der Celler Gestütshauptwärter Ingo Beiser leitet seit 28 Jahren die Deckstation in Ihlienworth und genießt das Vertrauen der Züchter.

"Herzlich willkommen": Auf dem Holzschild, das über seiner Bürotür in der Ihlienworther Deckstelle hängt, steht unmissverständlich geschrieben, dass Gestütshauptwärter Ingo Beiser hier sehr gern gesehen ist.

Seit 28 Jahren schon leitet er die Hengststation, bezieht dort immer im Frühjahr seine Wohnung und betreut während der Saison die Züchterinnen und Züchter. Doch die Sympathie beruht auf Gegenseitigkeit: "Ich fühle mich hier heimisch", sagt Beiser, der sich darüber freut, dass die Gegend landwirtschaftlich geprägt ist. Das sei bei vielen seiner Celler Kollegen nicht so.

Während Beiser nach so langer Zeit inzwischen nicht nur jeden Pferdezüchter, sondern auch jeden Feldweg in der Umgebung kennt, hat er sogar familiäre Wurzeln im Sietland geschlagen. Denn er heiratete 1995 die Tochter der ehemaligen Ihlienworther Bürgermeisterin Hannelore Blohm. Die Familie Beiser, die seit Langem in Hänigsen bei Celle wohnt, ist deshalb auch privat öfters im Sietland zu Gast. Viel hat sich verändert im Laufe der Zeit. Bereits 1991 war der zuvor gängige Natursprung von der künstlichen Besamung abgelöst worden. "Das war ein großer Schnitt im Zuchtgeschehen", meint Beiser.

Viel mehr Aufklärung

Doch dabei sollte es nicht bleiben. Denn während früher die Stuten zur Deckstelle gebracht wurden, werden sie neuerdings meist auf dem Hof der Züchter selbst besamt. Dafür stelle das Landgestüt systematisch nachmittags Frischsperma von allen Celler Hengsten zur Verfügung, die deshalb nicht mehr auf die einzelnen Deckstellen verteilt werden. Weil die Auswahl aber so groß geworden ist, muss Beiser viel mehr Aufklärungsarbeit leisten. "Das Telefon steht kaum still", sagt er.

Der Deckstellenleiter beantwortet vielfach Fragen über die Charaktere der Hengste, die sich die Interessenten oft nach Durchsicht von Videos ausgesucht haben. Er berät aber auch Neulinge generell über die Abläufe der Zucht. Denn: Gezüchtet werde immer mehr von Nicht-Landwirten, bei denen das Wissen darüber nicht von Generation zu Generation weitergegeben worden ist. Trotz der zunehmenden Anzahl von Neu-Einsteigern sei die Pferdezucht vor Ort insgesamt aber um etwa die Hälfte im Vergleich zu den 1990er-Jahren eingebrochen, bedauert Beiser.

Laufen am Deich

Nach Feierabend zieht es den Gestüter hin und wieder an den Deich nach Otterndorf zum Laufen. Auch am dortigen Triathlon hat er schon teilgenommen. Doch von den edlen Pferden kann Beiser auch in seiner Freizeit nicht lassen. Denn seit Jahrzehnten besitzt er auch ein oder zwei eigene Pferde. Sein bislang Erfolgreichstes hatte er dreijährig auf der Weide von Züchter Jürgen Dittmer aus Neuenkirchen gekauft: Querido (von Quaid/Graf Sponneck), der unter dem Sattel von Nico Tomfohrde nicht nur auf hiesigen Turnieren Schleifen gesammelt hat, sondern sechsjährig auch im Finale des Bundeschampionats in Warendorf stand und jetzt international auf S-Niveau unterwegs ist. Querido ist vor Kurzem nach China verkauft worden und soll dort an den "Asia Games" teilnehmen.

Bis in den Juli hinein bleibt Beiser noch in Ihlienworth. In den Monaten, die er nicht im Sietland verbringt, war er bislang in Adelheidsdorf tätig, wo er Junghengste auf die Hengstleistungsprüfung vorbereitet hat. Auch Hengstparaden ist er vielfach geritten sowie Schaunummern im In- und Ausland: In London und im kanadischen Calgary trug er bereits seinen Teil zu imposanten Quadrillen bei.

Ruhmreiche Vererber

"Wenn ich noch einmal die Wahl hätte, würde ich das alles genauso wieder machen", sagt der zufriedene 55-Jährige, der in Spreckens bei Bremervörde bereits mit Pferden aufgewachsen ist und mit Ihlienworth eine besonders geschichtsträchtige Deckstation leitet, die seit ihrer Eröffnung 1868 ihr Domizil immer am selben Platz hatte und deren Ruhm vor langer Zeit der Hengst Diskant begründet hat. Große Namen hatte der hervorgebracht, darunter seinen Sohn Deister, der mit seinem Reiter Paul Schockemöhle unter anderem dreimal Europameister wurde.

Auch Diskants Urenkel Donnerhall, der bedeutendste Dressurvererber aller Zeiten, sorgt dafür, dass Ihlienworther Genetik in einem Großteil der Dressurpferde steckt und deshalb Diskant nicht in Vergessenheit gerät.

Von Gaby Joppien

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