Ratsbeschluss:

Weiterführende Schulen zurück an den Kreis

02.08.2014

CUXHAVEN. Einstimmig sprach sich der Rat der Stadt am Donnerstagabend für die Rückübertragung der Schulträgerschaft an den Kreis aus. Die Stadt erwartet jährlich eine Entlastung um rund 3,4 Millionen Euro, gibt dafür aber auch Gestaltungs- und Einflussmöglichkeiten auf. Ein Zähneknirschen war deshalb bei einigen Ratsmitgliedern dabei, doch alle wussten: In Hannover, wo die Entschuldung der Stadt gesteuert wird, wird ein deutliches Signal aus Cuxhaven erwartet.

Für Oberbürgermeister Dr. Ulrich Getsch wird mit dem Beschluss nur wieder zurechtgeschoben, was rechtlich so gehört: „Der Landkreis übernimmt die Aufgabe, die er schon immer zu übernehmen hat“, nämlich die Zuständigkeit für die Sek I- und die Sek II-Schulen sowie die Förderschulen. Die Stadt behält die Trägerschaft über den Primarbereich, also die Grundschulen.

Fast 100 Millionen Euro ausgegeben

„Fast 100 Millionen Euro hat die Stadt Cuxhaven seit 1977 für die Trägerschaft der weiterführenden Schulen bezahlt“, erinnerte Dr. Ulrich Getsch. Er sei froh, dass diese Schulen jetzt in gutem Zustand an den Kreis übergeben werden könnten.

„Ich bin überzeugt, dass die Kreistagsmitglieder vernünftig mit ihren Schulen umgehen“, sagte der Oberbürgermeister. Als früherer Leiter der Berufsbildenden Schulen habe er mit dem Landkreis Cuxhaven als Träger stets gute Erfahrungen gemacht. Ausdrücklich dankte der OB beiden Verwaltungen, den Personalräten und dem Landrat für die umfassende Vorarbeit.

„Wir haben einen dicken Brocken bei den Einsparungen geschafft“, sagte SPD-Ratsmitglied Ulla Bergen. Die Ratspräsidentin hatte zuvor, weil sie selber sprechen wollte, die Leitung der Sitzung an Ilona König („Die Cuxhavener“) abgegeben. Die Stadt könne sich jetzt auf den vorschulischen und den Primarbereich konzentrieren und erhalte jetzt mehr Spielraum, die Grundschulen inklusionsgerecht auszustatten, so Ulla Bergen.

CDU-Fraktionsvorsitzender Thiemo Röhler bezeichnete den Beschluss als „Meilenstein auf dem Weg zur Entschuldung“. „Es war wichtig, das vor der politischen Sommerpause zu beschließen und nach Hannover zu geben.“ Der Rat habe schon zahlreiche, auch schwierige Vorschläge wie Parkgebühren und höhere Steuereinnahmen aus der Sparliste abgearbeitet – jetzt müsse die Landesregierung auch zeitnah reagieren und der Stadt bei der Entschuldung helfen.

Deutlich andere Strukturen

Im Landkreis müssten sich Verwaltung und Politik damit vertraut machen, dass in der Stadt andere Strukturen herrschten und bei Sport- und Schwimmhallenbau andere Maßstäbe anzusetzen seien. Die Dimension allein des Schulzentrums in der Stadt mit – inklusive BBS – rund 4500 Schülern habe manches Kreistagsmitglied überrascht, berichtete Thiemo Röhler.

„Für den Landkreis war der Beschluss kurz nach der eigenen Entschuldung auch nicht einfach“, unterstrich Rüdiger Kurmann („Die Cuxhavener“). Den Sportvereinen versprach er, dass der Landkreis mit ihnen „ganz ruhig und sachlich“ an die Dinge herangehen und ihnen wie bisher kostenlosen Zugang zu den Sportstätten gewähren werde. In Richtung Hannover mahnte Kurmann: „Es kann nicht sein, dass wir alles tun, was man von uns verlangt und dann funktioniert es trotzdem nicht.“

Ratsfrau Elke Schröder-Roßbach (Die Grünen) erwartet, dass der Kreis im Sinne des Kindeswohls und des Schul- und Leistungssports handeln wird. Die Einigkeit in der Politik habe den Stellenwert dieser Schul-Abgabe gezeigt: „Ich glaube nicht, dass wir ohne Not dazu gekommen wären, so etwas so gemeinschaftlich zu beschließen.“

Fraktionskollege Bernd Jothe forderte: „Jetzt müssen wir aufeinander zugehen.“ Gerade die auch im Kreistag aktiven Ratsmitglieder seien gefordert, im Kreis Wissen um die Gegebenheiten in der Stadt zu vermitteln: „Die Diskussion war manches Mal von Unkenntnis über die Verhältnisse, aber auch von großem Verantwortungsbewusstsein geprägt.“

Das ist beschlossen

Was Rat und Kreistag in dieser Woche im Zusammenhang mit der Rückübertragung der Schulträgerschaft beschlossen haben, hier in der Übersicht.

Zeitplan: Der Übergang soll zum 1. Januar 2015 in Kraft treten. Bis dahin werden noch viele Detailabstimmungen folgen.

Betroffene Schulen und Sportstätten: Amandus-Abendroth-Gymnasium und Lichtenberg-Gymnasium inklusive Jahnsportplatz. Realschule und Geschwister-Scholl-Schule in Altenwalde mit Sportplatz, Sporthalle, Schwimmbad. Hauptschulzweig der Altenbrucher Schule mit Außenstelle Lüdingworth, Bleickenschule, Hauptschulzweig der Süderwischschule.

Die jeweils mit einer Grundschule geteilten Hauptschul-Gebäude verbleiben bei der Stadt. Personalkosten für Hausmeister und Reinigungskräfte sowie Sachkosten für das Gebäude werden jährlich mit dem Kreis abgerechnet. Vollständig (samt Primarstufe) übertragen werden die Wichernschule und die Schule am Meer. Beide Gebäude bleiben bei der Stadt.

Rundturnhalle:  Übertragen wird auch die sanierungsbedürftige Rundturnhalle. Der Landkreis strebt einen Neubau an, sofern eine Sanierung nicht wirtschaftlich ist. Der Vertrag regelt, dass die Stadt grundsätzlich bereit ist, sich an den Kosten für einen Neubau der Rundturnhalle zu beteiligen und der Kreis an den Kosten für ein Hallenbad für den Hallen- und Vereinssport.

Personal:  Laut Dienstvereinbarung behalten Hausmeister, Schulsekretärinnen und Reinigungskräfte die bei der Stadt erworbenen Rechte und tariflichen Vereinbarungen. Abteilungsleiterin Heike Rüther verwahrte sich in einer der Sitzungen im Vorfeld (im Ortsrat Altenwalde) gegen den Eindruck, die Stadt Cuxhaven statte ihre Schulverwaltungskräfte großzügiger aus als der Landkreis. „Unsere Kräfte haben andere und mehr Aufgaben. Auch das soziale Gefüge muss berücksichtigt werden.“ Das sind: Viel mehr Kinder, deren Eltern Transferleistungen beziehen und Ansprüche auf Zuschüsse oder Befreiungen, etwa bei der Schulbuchausleihe, haben, Ganztagsanmeldungen, Mittagsabrechnungen, Fahrkinder etc. „Unsere Kräfte haben sehr viel zu tun.“ Außerdem seien Verträge über Stundenerhöhungen nur noch befristet geschlossen worden, seit die Rückübertragung in Aussicht stand.

Ersparnis: Die Stadt wird in den nächsten zehn Jahren jährlich um 3,4 Millionen Euro (2,8 Millionen Betriebs- und Personalkosten und 600 000 Euro Zinsen für den Realschul-Neubau) entlastet.

Abteilung Schule, Familie, Sport: Die Abteilung bleibt personell unverändert, der rechnerische Überschuss von einer Kraft wird durch Pensionierung ausgeglichen. Die Zuständigkeit für die Grundschulen bleibt bestehen.

Schulausschuss: Auf die Geschicke der rückübertragenen Schulen werden Politik und hinzugewählte Mitglieder hier keinen Einfluss mehr haben. Die Arbeit konzentriert sich auf die Grundschulen. Abgeordnete aus Cuxhaven müssen Belange der Stadt-Schulen im Kreistag und seinen Gremien vertreten. Auch der Stadtelternrat verringert seine Einflussmöglichkeiten.

Von Maren Reese-Winne

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