50 Bücher in portugiesischer Sprache als Geschenk für die Stadtbibliothek sorgten für Freude bei (v.l.) Schatzmeister Günter Schramm, der 2. Vorsitzenden Karin Cordes Nadia Niemann (Stadtbibliothek), Botschaftsattachée Fátima Silva, Oberbürgermeister Uwe Santjer und dem 1. Vorsitzenden Alfredo Stoffel. Foto: Reese-Winne
50 Bücher in portugiesischer Sprache als Geschenk für die Stadtbibliothek sorgten für Freude bei (v.l.) Schatzmeister Günter Schramm, der 2. Vorsitzenden Karin Cordes Nadia Niemann (Stadtbibliothek), Botschaftsattachée Fátima Silva, Oberbürgermeister Uwe Santjer und dem 1. Vorsitzenden Alfredo Stoffel. Foto: Reese-Winne
Nicht vergessen lassen

Ausstellung im Cuxhavener Rathaus: So begann der Weg der Portugiesen nach Deutschland

von Maren Reese-Winne | 06.06.2025

Einst mussten Unterschiede überwunden werden, heute hat die portugiesische Gemeinde damit zu tun, Kultur und Sprache zu bewahren. Deshalb gab es anlässlich einer Ausstellung im Rathaus eine großzügige Bücherspende an die Stadtbibliothek Cuxhaven.  

Die ab sofort bis zum 15. Juni in der Bürgerhalle des Rathauses zu sehende Ausstellung zur portugiesischen Einwanderung in Deutschland hat nur auf den ersten Blick nicht direkt mit Cuxhaven zu tun. Vielmehr treffen die beschriebenen Hintergründe genau auf die Zuwanderer zu, die ab 1964 als Arbeitskräfte in die Cuxhavener Fischindustrie kamen.

Ausweg aus bitterer Not

Alfredo Stoffel, Vorsitzender des Deutsch-Portugiesischen Kulturkreises Cuxhaven, schilderte am Freitag die weithin sicher unbekannte Ausgangslage: In Portugal, einem gegen Ende der 50er-Jahre von Armut, Diktatur und Kolononialkrieg geschüttelten Land, lebte damals ein Großteil der Bevölkerung in bitterer Not. Regimekritiker landeten im Gefängnis, der Bildungsstand war niedrig und selbst die Kindersterblichkeit - noch in diesen Jahren - sehr hoch, wie die 2. Vorsitzende Karin Cordes berichtete.

Ab 1964 wurde die Zuwanderung per Abkommen zwischen Deutschland und Portugal akribisch vertraglich geregelt.

Der 1961 einsetzenden unkontrollierten Auswanderung nach Frankreich schloss sich ab 1964 eine vertraglich geregelte Auswanderungswelle nach Deutschland an. Zu Tausenden strebten die portugiesischen Gastarbeiter in die Bergbau-, Stahl- und Textilindustrie in Nordrhein-Westfalen, die Automobilindustrie in Baden-Württemberg und die Fischindustrie in Cuxhaven. Die Unterbringung war Sache der Arbeitgeber; die Cuxhavener Quartiere befanden sich zumeist im Hafen.

Kultur des Herkunftslandes bewahren

Alfredo Stoffel, 1. Vorsitzender des Deutsch-Portugiesischen Kulturkreises, mit der 2. Vorsitzenden Karin Cordes, Kassenwart Günter Schramm und Oberbürgermeister Uwe Santjer (v.l.) beim Rundgang durch die Ausstellung.

Die Ausstellung beschreibt, wie sich die Portugiesen zunächst ihre eigenen Strukturen schufen und wie in zweiter und dritter Generation die kulturellen und sozialen Unterschiede schwanden. Zu den heutigen Herausforderungen zählt es vielmehr, die Kultur des Herkunftslandes zu bewahren und den Kindern weiterhin Zugang zur portugiesischen Sprache zu ermöglichen.

Hierzu wollte der Deutsch-Portugiesische Kulturkreis anlässlich der Ausstellung einen handfesten Beitrag leisten - mit einer durch die portugiesische Botschaft ermöglichten Bücherspende an die Cuxhavener Stadtbibliothek. Deren Mitarbeiterin Nadia Niemann war begeistert über die Vielfalt der 50 Bücher, geeignet für Jugendliche, aber auch alle Menschen, die sich mit dem Land und der Sprache beschäftigen. Wie Alfredo Stoffel betonte, könne der Kulturkreis der Bibliothek oder interessierten Schulen jederzeit weitere Bücher übergeben. 

Botschaftsvertreterin kam extra nach Cuxhaven

Oberbürgermeister Uwe Santjer bedankte sich beim Verein und bei der extra angereisten Fátima Silva, Bildungsattachée der portugiesischen Botschaft in Hamburg, für dieses Geschenk, das Identifikation und Bildung gleichermaßen fördere. Innerhalb kürzester Zeit habe Alfredo Stoffel mit viel Herzblut die zweite Ausstellung in die Bürgerhalle gebracht, die für Erinnerung und Zusammenhalt stehe. Die aktuell 1129 Personen umfassende portugiesische Gemeinde sei mit Cuxhaven so eng verwachsen, dass Unterschiede kaum noch wahrnehmbar seien. Dennoch sei es wichtig, daran zu erinnern, zumal die Portugiesen selbst inzwischen zu den Gastgebern in der Integration anderer Nationen zählten: "Cuxhaven war immer darauf ausgelegt, Menschen aufzunehmen."

Propaganda-Akt zur Begrüßung des "einmillionsten" Gastarbeiters in Deutschland. Die Ausstellung deckt die Hintergründe auf: In Wirklichkeit wurde der bei seiner Ankunft mit einem Moped bedachte Armando Rodrigues de Sá eher zufällig aus einer Liste ausgewählt, denn es sollte sich unbedingt um einen Portugiesen handeln. Das Foto wurde berühmt.

Bewusstsein für lokale Geschichte schaffen

Angesichts der vielen bislang unbekannten Facetten dieser Einwanderungsgeschichte würde sich Alfredo Stoffel besonders freuen, wenn auch Schulen die Ausstellung besuchen würden. Auf der Karte der portugiesischen Einwanderung nimmt Cuxhaven einen ähnlich hohen Stellenwert wie Hamburg (geprägt durch das bekannte Portugiesenviertel), Berlin oder München ein.

Die Ausstellung zur portugiesischen Einwanderung in Deutschland seit 1964 hat nur auf den ersten Blick nicht direkt mit Cuxhaven zu tun. Vielmehr treffen die darin geschilderten Hintergründe doch auch genau auf die Zuwanderer zu, die als Arbeitskräfte vor allem in die Cuxhavener Fischindustrie kamen. Foto: Reese-Winne

Über die lokale Geschichte wird gerade intensiv geforscht. Unter anderem haben sich das Museum Windstärke 10 und das Fischereimuseum in Ilhavo darauf geeinigt, dieses Kapitel in beiden Einrichtungen sichtbar zu machen. Cuxhaven und Ilhavo verbindet seit 2002 ein Freundschaftsabkommen.

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Maren Reese-Winne

Redakteurin
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

mreese-winne@no-spamcuxonline.de

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