
Baumängel und Abzocke: So zahnlos ist die Stadt Cuxhaven gar nicht
Ist die Stadt Cuxhaven ein zahnloser Tiger, wenn es darum geht, Vermietungsgesellschaften, die ihre Pflichten vernachlässigen, in ihre Schranken zu weisen? So ist es nicht, betont Stadtbaurat Andreas Eickmann. Betroffene könnten sich melden.
Das Niedersächsische Wohnraumschutzgesetz ermächtige die Gemeinden im Land unter bestimmten Umständen sehr wohl, Druck auszuüben, so Eickmann.
Was in Nordrhein-Westfalen neuerdings Wohnraumstärkungsgesetz heißt, ist in vielen Bestandteilen dem niedersächsischen Wohnraumschutzgesetz ähnlich. Festgelegt ist darin der Umgang mit Wohnraummängeln, Missständen, Versorgungssperren und dergleichen - Situationen, mit denen Mieterinnen oder Mieter in Cuxhaven zuletzt durchaus zu tun hatten.
Keine ungewohnte Situation für viele Mietparteien
Erhebliche Baumängel wurden beispielsweise aus Wohnblöcken der Alpha Real Estate in Süderwisch gemeldet; an anderer Stelle bangten Familien in Wohnungen der Nord Wohnen Portfolio 1 GmbH um ihre Wasserversorgung, weil die Vermietungsgesellschaft durch Nichtstun glänzt und die Abgaben für die Trinkwasserversorgung nicht an den Netzbetreiber weitergeleitet hat (wir berichteten mehrfach).
Bewohner aus Süderwisch haben schon angeklopft
Vor einigen Tagen haben wir über das Positiv-Beispiel Nordrhein-Westfalen berichtet, wo die Kommunen sich in solche Notlagen einschalten und Vermieter unter Druck setzen können. Aber das gehe in Niedersachsen auch, erklärt Andreas Eickmann, Leiter des Dezernats II - Bauen, Naturschutz und Technische Dienste - bei der Stadt Cuxhaven. Seit einigen Monaten liege die Zuständigkeit für den Umgang mit schwierigen Wohnverhältnissen in seinem Beritt und nicht mehr bei der Ordnungsbehörde, erzählt er, und tatsächlich seien auch bereits Bewohner aus Süderwisch beraten worden.
Initiative muss von Betroffenen ausgehen
"Wir müssen das Instrument auf dem Schirm haben", so Eickmann. Betroffene könnten sich bei der Stadt Cuxhaven melden - "wir prüfen, ob wir eingreifen können - um die Missverhältnisse der Macht auszugleichen", merkt der Stadtbaurat dazu an. Geht es doch bei Fragen wie Heizung, Trinkwasser und Hygiene um die elementarsten Bedürfnisse. Aus Angst vor Repressionen entscheiden sich viele, lieber nichts zu sagen und widrige Verhältnisse lange zu ertragen. "Aber wir brauchen die Infos", so Eickmann.
Missstand mit einer erheblichen Beeinträchtigung verbunden
Wobei ausdrücklich nicht jede Streitigkeit um Schimmel in der Wohnung und die Art und Dauer des Lüftens gemeint sei, so Andreas Eickmann. Wenn aber das Regenwasser statt durch die Dachrinne geradewegs in die Innenräume fließe, sei das ein eindeutiger Baumangel - laut Gesetz ist ein Missstand mit einer erheblichen Beeinträchtigung verbunden, der natürlich nicht durch die Mieter verursacht worden sein darf.
Wenn Wasser, Strom oder Gas abgestellt werden, weil die Zahlungen der Mieter nicht weitergeleitet worden sind (Beispiel Gorch-Fock-Straße und Umgebung), gilt das ebenfalls als Missstand. Vor dem Einschalten der Kommune muss erst über den Vermieter versucht werden, Abhilfe erreichen. Erst wenn dann nichts passiert, kann die Stadt tätig werden. Eickmann: "Wenn wir zuständig sind, werden wir aktiv."
"Ich bin schon bei einem Treffen im Rahmen des Sanierungsprogramms Soziale Stadt auf den Zustand einiger Wohnungen in Süderwisch angesprochen worden", berichtet er. Die 281 Wohnung der insolventen Alpha Real Estate liegen allerdings außerhalb des Sanierungsgebiets.
Viele reagieren schon vor dem Anhörungstermin
Erfahrungen in ähnlichen Situationen hat der Baureferent schon aus seiner früheren Tätigkeit in Hessen mitgebracht: "Viele Vermieter reagieren schon, wenn der Anhörungstermin kommt." Die Anhörung ist Sache der unteren Baubehörde, die sich - sollte der Vermieter nichts machen - daraufhin die Lage persönlich anschaut. Liege die Regie erst mal bei der öffentlichen Hand, werde es für die Vermieter teuer.
Wenn die Gemeinde den Auftrag vergibt
"Ersatzvornahme" nennt es sich, wenn die Kommune die Reparatur in Auftrag gibt und zunächst die Handwerkerrechnung begleicht - natürlich, um sich die Kosten damit Gebühren danach vom Vermieter zurückzuholen. Die Kostenschuld kann als öffentliche Last ins Grundbuch eingetragen werden. Es steht außerdem im Ermessen der Stadt, Zwangsgelder in für sie angemessen erscheinender Höhe zu verhängen. Letztes Mittel ist die Unbewohnbarkeitserklärung - dies hat dann allerdings erhebliche Konsequenzen für die Bewohner.
