
Baumfällarbeiten im Altenwalder Forst: Ehrgeiziger Zeitplan für Waldentwicklung
Waldpflege kann auch rabiat aussehen. Im Altenwalder Forst (Cuxhaven) scheint das derzeit so. Wenn Förster Dominik Sucker-Weiß aber in die Schneisen schaut, sieht er das gewünschte Ergebnis - einen lichten Mischwald - schon vor sich.
"In 30 Jahren wollen wir das erreicht haben", erklärt er. Das Konzept der für die Flächen zuständigen DBU Naturerbe setze auf die Förderung von Laubholzbeständen: "Das Ziel ist nicht mehr die preußisch aufgeräumte Nadelholzmonokultur." Zu der Umstellung gehöre auch, bewusst Totholz auf der Fläche zu belassen. Speziell bei dem sandigen, nährstoffarmen Boden in Altenwalde sei das besonders bedeutsam.
Harvester rücken in den Wald vor
Was all das in der Praxis bedeutet, wird bei einer Tour durch den Wald anschaulich. Dominik Sucker-Weiß steuert seinen Wagen gezielt zu einer Stelle, bei der die seit Herbst laufenden Arbeiten besonders sichtbare Spuren hinterlassen haben. Die Stellen, an denen die Harvester (große Holzerntemaschinen) in den Wald hineinfahren sollen, hat er zuvor mit Farbe markiert. Was dann passiert, ist nicht etwa ein wahlloses brutales Zerstörungswerk, sondern haarklein geplant: Die großen Fahrzeuge rücken auf so genannten Rückegassen (diese heißen so, weil das Holz, fachmännisch gesagt, aus dem Wald "gerückt" wird) immer weiter in den Wald und fällen rechts und links in einem Umkreis von zehn Metern die zuvor markierten großen Schwarzkiefern.
Totholz wird bewusst an Ort und Stelle belassen
Die Kronen belassen sie dabei gezielt im Wald. Mit den Ästen bedecken sie den Boden, um darauf zurückzufahren und so den Untergrund nicht weiter zu schädigen. "Dabei könnten wir mit der Verwertung der Kronen Geld verdienen", so Sucker-Weiß, Revierleiter des Bundesforstbetriebs Niedersachsen in Altenwalde. Aber das Totholz sei eben naturschutzfachlich wertvoll, nicht nur als Versteck für Vögel oder andere Tiere: "Totholz ist ein wichtiger Lebensraum für totholzzersetzende Arten, die so genannten Destruenten", erklärt er. Das könnten Würmer, Pilze, Insekten und Bakterien sein. Der Zersetzungsprozess trage erheblich zur Qualität und Fruchtbarkeit des Bodens bei und die kleinen Tiere dienten parallel Vogelarten wie Spechten oder Eulen als Nahrung.
Maßnahme soll Licht für heimische Laubbäume schaffen
Das wichtigste, was heimische Laubgehölze zur Entwicklung bräuchten, sei aber das Licht, das durch die aktuelle Durchforstung des Nadelholzes jetzt besser bis zum Boden gelange. Dass das funktioniert, zeigt der Blick auf die umgebenden Waldstücke, in denen dieser Prozess bereits stattgefunden hat, teilweise erst vor einem Jahr. Überall sprießen junge Eichen, Birken oder Buchen, die an ihrem lange verbleibenden braun gefärbten Laub besonders gut zu erkennen sind. "Sie haben jetzt die Chance, zu wachsen", freut sich Dominik Sucker-Weiß.
Zwischenstadium zwischen Forstwirtschaft und Nationalpark
Beim dritten Faktor (neben Licht und Nährstoffen) - der Wasserversorgung - habe er als Förster nicht allzu viel Einfluss, außer durch ein Verzicht auf eine Kahlschlagwirtschaft, bei der der Boden das Wasser nicht mehr halten könne. Das Vorgehen in Altenwalde bilde noch ein Zwischenstadium zwischen normaler Forstwirtschaft und dem Vorgehen im Nationalpark, das darin besteht, die Natur ganz und gar sich selbst zu überlassen und gar keine Bäume mehr zu nutzen. Ein Beispiel dafür sei der Nationalpark Harz.
Gefälltes Holz findet viele Abnehmer
Das im Moment im großen Stil geerntete Holz (vorwiegend Schwarzkiefer) geht an die Industrie, das daraus zum Beispiel Paletten- oder Konstruktionsholz gewinnt. Zahlreiche weitere Polter (Holzhaufen) im Wald sind für die Abholung durch Privatleute bestimmt, die beim Förster ihr Interesse an Brennholz angemeldet haben. Aufgesprühte Nummern weisen ihnen den Weg zu ihrem Polter. Darin enthalten sind auch Stämme der Amerikanischen Traubenkirsche, deren Bestand beim Durchholzen ebenfalls dezimiert sind, weil diese alles in ihrer Umgebung zu überwuchern droht. Als Brennholz ist die Traubenkirsche wiederum beliebt.
Am Ende findet im Wald dann gar nichts mehr statt
Auch Nadelhölzer behielten ihren Platz im Mischwald, so der Förster. Erhalten würden oftmals gerade die knorrigen Exemplare. Ziel am Ende aller Maßnahmen (30 Jahre seien dabei ein ehrgeiziger Zeithorizont) sei ein Mischwald, der dann "stillgelegt" werde. Die Forstwirtschaft sei dann raus: "Dort findet dann gar nichts mehr statt."
Dass mit dem Holzverkauf derzeit auch Geld verdient wird, will der Förster gar nicht abstreiten: "Aber das wird auch wieder investiert - in Wegweiser und Schilder, Reitwegepflege - dafür reichen die Einnahmen aus der Reitvignette nämlich nicht aus -, Verkehrssicherung an Straßen, Öffentlichkeitsarbeit, Monitoring (Bestandsaufnahme von Tierarten, Bioptopzustand), Wege- und Gewässerpflege", zählt er auf. Zudem würden bereits Rücklagen für die Zeit gebildet, in denen keine Erlöse mehr eingingen. Besonders sichtbar seien die Re-Investitionen derzeit in den Cuxhavener Küstenheiden, wo eine Menge für die Offenlandpflege getan werde und in den nächsten Wochen jede Menge neuer Schilder installiert würden.