
Cuxhaven: Streifzug durch ehemalige Kaserne - so sieht es dort jetzt aus
Cuxhaven-Altenwalde. Es hat schon etwas von "Lost Places", als sich der Schüssel im Tor des einstigen Verwaltungsgebäudes der Notunterkunft von 2015/16 dreht. In welchem Zustand befinden sich die Quartiere wirklich?
Bei einem Presserundgang konnte sich unsere Redaktion dieser Tage umschauen. "Piep. Piep", hallt es etwas unheimlich durch die Flure. Das sind die auf dem letzten Loch pfeifenden Batterien der Rauchmelder. Ein paar Spinnweben schweben hin und her, ein paar Fliegen haben auf den Fensterbänken ihr Leben ausgehaucht - aber im Großen und Ganzen sieht es nicht viel anders aus als damals, als Altenwalde plötzlich zur Zufluchtstätte für Hunderte Menschen wurde und das DRK Cuxhaven-Hadeln als Träger hier sein Hauptquartier einrichtete. Wir befinden uns in dem Teil der Kaserne, den das Land Niedersachsen zu einer Erstaufnahmeeinrichtung mit einer Kapazität von 500 Plätze ausbauen möchte.
Bei der Kapazität muss eine Höchstgrenze gelten
Eine Spekulation möchte Maik Rittershofer, Projektleiter für die Großunterkünfte des Landkreises, direkt entkräften - so wie er es schon vergangenen Woche im Sozialausschuss getan hat: Das Land plane mitnichten, sein Ankunftszentrum für rund 1500 Personen in Fallingbostel aufzulösen und durch die Unterkunft in Altenwalde zu ersetzen. "500 Personen sind die Grenze", betonen er und Erster Kreisrat Friedhelm Ottens gleichermaßen. Wobei dann noch bis zu 500 Plätze für eine Großunterkunft in der Regie des Landkreises hinzukommen. Die sollen allerdings in einem etwas entfernten Bereich des Geländes liegen, wo die jüngsten Gebäude - errichtet in der 80er-Jahren stehen. Hier werden die Personen durchaus länger leben müssen, weil überall sonst Wohnungen fehlen. In einer Erstaufnahmeeinrichtung dominieren hingegen bürokratische Vorgänge; sie stellt lediglich eine Station auf dem Weg an Wohnorte im ganzen Land dar.
Solider sanieren und dafür langfristiger nutzen
Je länger die Menschen bleiben, desto mehr wichtiger ist die gute Vorbereitung, da sind sich die Beteiligten, zu denen auch die Stadt Cuxhaven, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, Ortsbürgermeister Grahmann und andere gehören, einig. Der Ausbau solle diesmal nachhaltig erfolgen, so Friedhelm Ottens. "Schauen Sie sich um. Solche Gebäude sind zu schade, um nicht längerfristig genutzt zu werden", stellt er fest. Der Landkreis Cuxhaven habe das Glück, dass es eine solche Liegenschaft wie Altenwalde noch gebe, während anderswo längst auf Zelt oder Turnhalle zurückgegriffen werden müsse. Wo Menschen dicht an dicht leben, muss es aber auch Ausweichraum und mehr Komfort geben, um Konflikten vorzubeugen und Privatsphäre zu schaffen. Mit 200 Personen pro Wohngebäude (damals angepeilt für die NUK) wird das nicht funktionieren.
Deshalb wird nun erörtert, wo zum Beispiel Familienquartiere mit Zwischentüren hinpassen könnten. Lösungen für Heizungen, Leitungen, Brandschutz müssen sowieso gefunden werden. Die Arbeiten werden in der Regie des Staatlichen Baumanagements durchgeführt und von der BImA finanziert. Wie lange das alles dauern wird, traut sich niemand mehr so recht zu sagen, schon gar nicht im Hinblick auf Handwerker und Material. Im Raum steht nach wie vor der Sommer 2023 - es sei denn, es ergibt sich eine Situation, die einen sofortigen Notfall-Modus und einen Start unter provisorischen Bedingungen notwendig macht.
Standortschießanlage stellt ein Hindernis dar
Während des Streifzugs durch einige Wohngebäude, in denen noch die Wandmalereien der einstigen Bewohner prangen, als wären sie gestern erst ausgezogen, hallen von der nahegelegenen Standortschießanlage Geräusche von Schüssen herüber. Ein Problem für traumatisierte Flüchtlinge? "Nicht unbedingt", erinnert sich Altenwaldes Ortsbürgermeister Info Grahmann. "Damals haben wir den Leuten klar gemacht, dass hier geübt wird, um Sicherheit zu gewährleisten. Damit konnten die allermeisten gut leben." "Wir müssen damit ganz offen umgehen", ergänzt Friedhelm Ottens. Es bestehe aber immer die Möglichkeit, Ausweichquartiere in Neuhaus oder Hemmoor zu finden.
Dennoch bleibt die Standortschießanlage ein Problem für alle langfristigen Nutzungspläne - mit wenig Aussicht, dass sich daran bald etwas ändert. "Es ist im Umkreis von 50, 60 Kilometern die einzige Schießanlage. Auch Polizei und Bundespolizei üben hier", gab Maik Rittershofer auch im Ausschuss zu bedenken. Die Gebäude der NUK liegen beim Schallschutzgutachten im roten Bereich, etwas besser sieht es bei denen der geplanten Großunterkunft aus.
Klar ist, dass die Vorbereitungen für den sozialen Bereich - Betreuung, Schule, Kita, Freizeit, Integration und vieles mehr - einen noch größeren Stellenwert einnehmen werden als die baulichen Fragen. Für Friedhelm Ottens muss dies eher heute als morgen im Austausch mit dem noch zu benennenden Träger, dem Ehrenamt und Behörden stattfinden. "Wir müssen uns jetzt überlegen, was wir tun müssen, damit das funktioniert und akzeptiert wird." Wie er baut auch Ingo Grahmann auf die guten Erfahrungen im Jahr 2015, als sich keinerlei Befürchtungen bewahrheitet hätten - auch durch das Engagement des Ehrenamts und die Offenheit der Bürgerinnen und Bürger: "Wenn man Menschen so begegnet, bekommt man etwas zurück."