
Villa hinter dem Cuxhavener Deich: Was ist dran an den Abrissgerüchten?
"Gründerzeitvilla in der Grimmershörnbucht wird abgerissen", behauptete ein Cuxhavener vor einigen Tagen auf Facebook - gemeint war die Villa Hebel in der Dohrmannstraße. Doch was ist dran an den Gerüchten im Internet?
Grund für die Aufregung war eine Anzeige der Kellermeier & Salge GmbH, die die Villa im Auftrag des Eigentümers verkaufen soll. Der aufgerufene Preis für die Immobilie direkt hinter dem Deich beträgt 1,98 Millionen Euro. Eigentlich kein Problem, wäre da nicht dieser Satz im Exposé gewesen: "Es liegt eine genehmigte Bauvoranfrage für einen Neubau mit Eigentumswohnungen oder den Bau einer Hotelanlage vor."
Während im Internet schon der große Abgesang läuft, gibt Gerhard Salge, Geschäftsführer der GS Projektbau GmbH, zunächst Entwarnung: Zwar gebe es eine genehmigte Bauvoranfrage, ein Abriss sei aber keinesfalls geplant. "Es gibt derzeit einen Kaufinteressenten, der das Haus erhalten möchte", so Salge. Der Hinweis auf die Bauvoranfrage ist inzwischen aus der Anzeige gelöscht.
Bleibt die Frage, warum die 1898 erbaute Villa nicht unter Denkmalschutz steht und ein Abriss so einfach möglich scheint. "In den 80er-Jahren gab es in der Stadt Cuxhaven eine sogenannte Inventarisierung des Gebäudebestandes, für die das Landesamt für Denkmalpflege in Lüneburg zuständig war", erklärt der Baudezernent der Stadt Cuxhaven Andreas Eickmann. Das Landesamt ist die Fachbehörde, die darüber entscheidet, ob ein Gebäude aus stadtgeschichtlichen, kulturellen oder architektonischen Gründen ein Denkmal ist. Die Villa wurde damals nicht in die Denkmalliste aufgenommen.
"Ein Abriss ist grundsätzlich möglich"
"2012 haben wir beim Landesamt für Denkmalpflege angefragt, ob die Villa nicht auch ein Denkmal ist. Das wurde von der zuständigen Landeskonservatorin verneint", berichtet Eickmann. Der unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt ist also mitgeteilt worden, dass das Gebäude nicht denkmalwürdig sei. Ob das richtig ist, bezweifelt Eickmann, deshalb wolle die Stadt noch einmal beim Landesamt vorstellig werden mit der Bitte, die Denkmalwürdigkeit des Gebäudes erneut zu prüfen. Auf die Einschätzung der Fachbehörde habe die Stadt keinen Einfluss. "Und wenn es kein Denkmal ist, sind wir verpflichtet, entsprechende Bauanträge und Bauvoranfragen nach geltendem Recht zu beantworten. Das heißt auch, dass ein Abriss grundsätzlich möglich ist", so der Baudezernent.
Das Problem: Früher war in der Landesbauordnung verankert, dass ein Abriss beantragt und genehmigt werden muss - heute ist ein Abriss nicht einmal anzeigepflichtig. In Niedersachsen sind lediglich der Abbruch und die Beseitigung eines Hochhauses vor Durchführung der Maßnahmen anzuzeigen.
Zur Villa Hebel hingegen meint der Baudezernent: "Wir haben das Objekt im Auge und warten nun auf die Rückmeldung der Fachbehörde, die hoffentlich in unserem Sinne ausfällt, damit wir aktiv werden können."
Der Bebauungsplan Döser Seedeich
Das Gerücht, dass die Villa abgerissen werden soll, gab es schon vor einigen Jahren. Als die Nachbarn davon Wind bekamen, wandten sie sich an die Stadt, die daraufhin handelte und den Bebauungsplan "Döser Seedeich" änderte.
Der Bebauungsplan für das circa zwei Hektar große Stadtquartier besteht unter anderem aus den Straßenzügen "Dohrmannstraße" und "Klaus-Groth-Straße" sowie den denkmalgeschützten ehemaligen Kapitänshäusern am Döser Seedeich.
Anlass der Änderung waren Befürchtungen, dass die noch vorhandene historische Bebauung am Seedeich durch Abriss oder Neubebauungen ihren orts- und stadtbildprägenden Charakter verlieren könnte. Mit der Bebauungsplanänderung sollte für das noch historisch geprägte Stadtquartier eine wieder mehr am Bestand orientierte Bauentwicklung angestrebt werden. Festsetzungen zur Geschossigkeit, Bauhöhen und Baugrenzen sowie zur Dach- und Fassadengestaltung sollen eine unmaßstäbliche und gestalterisch unangepasste Neubebauung verhindern.
"Das Image Cuxhavens als überregional bedeutendes Seebad mit fast zweihundertjähriger Geschichte wird durch die vorhandene Bäder-Gründerzeitarchitektur wesentlich mitgeprägt. Die noch weitgehend historisch geprägte Bebauung ist als touristischer Anziehungsfaktor ein wichtiger Baustein für den wirtschaftlichen Erfolg des vom Tourismus abhängigen Nordseeheilbades Cuxhaven. Die Erhaltung des attraktiven Ortsbildes ist somit auch für die Sicherung der touristischen Arbeitsplätze von großer Bedeutung", heißt es in der zusammenfassenden Erklärung zum Bebauungsplan.