Heinz Rehse, ein pensionierter Lehrer, unterrichtet nach wie vor mit großer Leidenschaft. Foto: Polgesek
Heinz Rehse, ein pensionierter Lehrer, unterrichtet nach wie vor mit großer Leidenschaft. Foto: Polgesek
Weiterbildung für Angestellte

Sprachbarrieren überwinden: Hotel in Duhnen setzt auf Deutschkurse für Mitarbeiter

11.12.2024

Im Strandhotel Kamp in Duhnen geht es nicht nur um Erholung, sondern auch um Bildung: Zweimal wöchentlich unterrichtet ein pensionierter Lehrer hier Deutsch für Mitarbeiter aus 17 Nationen.

Mittwochnachmittag, 16 Uhr im Strandhotel Kamp in Duhnen. Lehrer Heinz Rehse ist bereits mit dem ersten Kurs durch, es folgt direkt ein weiterer. Zweimal die Woche kommt der pensionierte Lehrer in das Hotel im Urlaubsort Duhnen. Doch nicht etwa, um Wellness zu machen oder lecker essen zu gehen. Er will Wissen vermitteln.

Sprachkurs im Hotel: Einmalig in der Region

"Deutschkurs" steht auf dem Gold umrahmten Schild neben dem Raum, der "Düne Drei" heißt. In jeweils 45-minütigen Einheiten unterrichtet Rehse einen Anfänger- und einen Fortgeschrittenen-Kurs für die Mitarbeiter des Hotels, deren Muttersprache eine andere ist. Je sechs Teilnehmer besuchen den Kurs. Manche machen auch beide mit.

Die Mitarbeiter arbeiten in allen Bereichen des Hotels - Küche, Service, Housekeeping. Als Angestellte oder Auszubildende. Insgesamt 17 Nationen sind im Strandhotel vertreten. Im Kurs sitzen Frauen und Männer aus Nepal, Indien, Somalia, Indonesien, Spanien. Und alle haben das gleiche Ziel: die deutsche Sprache zu lernen oder zu verbessern. Um sich mit Kollegen und Gästen besser unterhalten zu können, Formulare zu verstehen und sich zu integrieren.

Die Hoteldirektoren Kristian und Annette Kamp haben ein Projekt ins Leben gerufen, um jungen Menschen die deutsche Sprache näherzubringen. Foto: Polgesek

Lehrer an der Volkshochschule

Heinz Rehse unterrichtet seit seinem Ruhestand weiter - als Lehrer an der Cuxhavener Volkshochschule. Dort finden zwar auch Kurse statt, an denen die Hotelmitarbeiter teilnehmen könnten, doch es gibt mehrere Probleme. Zum einen finden diese oft abends statt, was mit den Arbeitszeiten in Hotel und Gastronomie schwer vereinbar ist.

Zum anderen können sich die Mitarbeiter nach der Schicht auf der Arbeit oder einem Tag in der Berufsschule oft nicht mehr so gut auf den Stoff konzentrieren. Anette Kamp, die mit ihrem Mann Kristian das Hotel leitet, zögerte nicht lang und fragte Heinz Rehse, ob er nicht bei ihr im Hotel unterrichten könnte. Gesagt, getan. Auf 538 Euro-Basis ist der 75-Jährige seit Mai im Hotel angestellt und unterrichtet Deutsch.

Leidenschaftlicher Lehrer mit klarer Mission

"Während andere in meinem Alter auf Kreuzfahrt gehen, sitze ich am Schreibtisch und bereite Unterrichtsstoff vor. Mir macht das Unterrichten und die Vorbereitung so einen Spaß. Und ich weiß, dass das eine sinnhafte Angelegenheit ist", sagt der Lehrer stolz. Das Lehren sei für ihn nicht nur Beruf, sondern Berufung. Eher wie ein bezahltes Hobby, seine große Leidenschaft. 40 Jahre lehrte Rehse hauptberuflich, ganz aufhören will er noch lange nicht. Der Lernstoff für die Hotelmitarbeiter orientiert sich am Alltag. Neben Grammatik und Zeitformen lernen sie etwa Begriffe aus dem Straßenverkehr und der Natur, aber auch berufsspezifische Begriffe. Die Arbeitsbücher der Schüler mit dem Titel "Willkommen in Deutschland: Deutsch als Zweitsprache" seien eine Empfehlung der niedersächsischen Landesschulbehörde, wie Rehse verrät.

Projekt bisher einzigartig

Hoteldirektor Kristian Kamp ist zusätzlich Vorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA), Stadtverband Cuxhaven. Dass es in seinem Hotel dieses Projekt gibt, sei bisher einzigartig. In DEHOGA-Sitzungen sprechen er und seine Kollegen darüber, wie das Modell ausgeweitet werden könnte.

"Mehrere kleine Betriebe könnten sich zusammentun, um ihren ausländischen Mitarbeitern einen ähnlichen Kurs anzubieten. Dafür braucht es aber auch Lehrkräfte oder Studenten, die darauf Lust haben", sagt Kamp. Ihm sei bewusst, wie viel Glück sie mit Heinz Rehse hätten. "Das Projekt ist nicht einfach duplizierbar. Wir gehen hier mit gutem Beispiel voran und würden uns wünschen, dass sich noch andere Lehrkräfte bei mir oder der DEHOGA melden, um weitere Projekte auf die Beine zu stellen." Für interessierte Betriebe gelte übrigens dasselbe, betont Kristian Kamp.

Dass Mitarbeiter die Sprache beherrschen, ist besonders für die Auszubildenden später bei der Abschlussprüfung wichtig. Aktuell seien diese für alle Prüflinge auf einem Niveau - ob Muttersprachler oder nicht. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und die Durchfallquoten zu senken,8 sei es daher umso wichtiger, ausländischen Mitarbeitern die deutsche Sprache näherzubringen.

Kursteilnehmer sind ehrgeizig

Für die Teilnehmer des Kurses ist der interne Unterricht super, sagt zum Beispiel Mathura Subedi. Die 25-Jährige ist vor knapp drei Monaten aus Nepal nach Cuxhaven gekommen. Sie macht im Strandhotel eine Ausbildung zur Fachkraft im Gastgewerbe.

Subedi versteht sich gut mit ihren Kollegen und dem Lehrer und ist sehr ehrgeizig. "Ich merke, wie ich immer besser werde", sagt sie lächelnd. Sie wohnt in der Nähe des Hotels und ist froh, für den Kurs nicht quer durch die Stadt laufen zu müssen. Vor allem im Dunkeln habe die junge Frau Angst davor, rauszugehen. Selbst an ihren freien Tagen kommt sie zum Kurs, so wie viele andere Kollegen.

"Gezwungen wird niemand. Wer keine Lust hat, soll auch nicht kommen", sagt Anette Kamp. "Unsere Mitarbeiter wissen, dass wir das für sie tun und nehmen das Angebot dankbar an." Ihr Mann Kristian ergänzt: "Und sie wissen, dass wir dafür im Gegenzug natürlich auch einen gewissen Einsatz fordern". Der Kurs findet immer statt. Egal, ob alle sechs Teilnehmer kommen oder auch nur Einer. "Bisher ist es noch nicht passiert, aber sollte mal niemand kommen, muss ich mich eben mit mir selbst unterhalten", sagt Lehrer Rehse mit einem Augenzwinkern.

Amina Abdullahi-Osman aus Somalia (links) und Mathura Subedi aus Nepal sind sich einig: Der Deutschkurs ist für sie sehr wichtig. Foto: Polgesek

Nach dem Kurs wird zu Hause weiter geübt

Eine weitere Teilnehmerin ist Amina Abdullahi-Osman. Sie ist 36, arbeitet im Housekeeping und lebt seit sieben Jahren in Deutschland. Zusätzlich zu ihrer Arbeit im Hotel und dem Deutschkurs versorgt sie ihre vier Kinder zu Hause. "Viel zu tun, aber es macht auch Spaß", sagt sie schüchtern. Hausaufgaben gibt Heinz Rehse nicht auf. Gebüffelt wird zu Hause trotzdem. In Eigeninitiative. "Ich lerne zusammen mit meinen Kindern. Sie sagen, ich muss noch mehr üben", gibt Abdullahi-Osman zu. "Im Betrieb und den Kursen wird fast ausschließlich Deutsch gesprochen, etwas Englisch und den Rest machen wir mit dem Google-Übersetzer", sagt Anette Kamp. "Und am besten lernt man eine Sprache eh, indem man sie mit anderen Menschen spricht", ergänzt ihr Mann Kristian. 98 Prozent der Gäste, die das Strandhotel besuchen, seien deutschsprachig, wie er berichtet.

Zusammenhalt unter den Mitarbeitern

Das gemeinsame Lernen fördere außerdem den Zusammenhalt unter den Mitarbeitern. So lernen sich die Kursteilnehmer auch untereinander noch besser kennen und helfen einander. Mit der Sprache, aber auch bei Alltagsfragen. "Dann werden auch mal Tipps ausgetauscht, wie man eine gute Wohnung findet oder wo man nach der Arbeit noch hingehen kann", sagt Kristian Kamp. Der Kurs bringt also allen Beteiligten nicht nur sprachliche Vorteile, sondern auch zwischenmenschliche. Anette und Kristian Kamp, sowie Lehrer Heinz Rehse, sind stolz auf ihr Projekt und hoffen, dass andere Hotels und Gastronomiebetriebe nachziehen werden. (fk)

Wenn Sie sich als Arbeitgeber oder Lehrkraft angesprochen fühlen, melden Sie sich bei:
Kristian Kamp
Hoteldirektor Strandhotel Kamp &
1. Vorsitzender des DEHOGA
Stadtverbandes Cuxhaven
Tel.: (0 47 21) 40 30
k.kamp@kamp-hotels.de

Von Mareike Blumenthal

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