Ein Angeklagter im Amtsgericht Cuxhaven muss sich vor Gericht für seinen missglückten Versuch, Geld aus einem Sparkassen-Automaten zu holen, verantworten. Foto: dpa/Skolimowska
Ein Angeklagter im Amtsgericht Cuxhaven muss sich vor Gericht für seinen missglückten Versuch, Geld aus einem Sparkassen-Automaten zu holen, verantworten. Foto: dpa/Skolimowska
Kurioser Fall

Einzahlen - dann Automat aufbrechen: Cuxhavener unter den "dämlichsten Verbrechern"?

von Bengta Brettschneider | 05.09.2025

Es könnte als Bewerbungsvideo für "die dämlichsten Verbrecher der Welt" durchgehen: Im Amtsgericht Cuxhaven muss sich ein Mann verantworten, der am Automat Geld einzahlt - und es wieder rausholen will. Gegen den Schaden wirkt die Beute mickrig klein.

Am Sparkassen-Automaten zahlt der Mann Geld ein. Kurz darauf will er es wieder herausholen. Archivfoto: Koppe

Im Gerichtssaal 205 des Amtsgerichts Cuxhaven laufen die Videos über den Bildschirm. Darauf zu sehen: Ein Mann betritt die Stadtsparkasse Cuxhaven, zahlt kurz darauf Kleingeld am Automaten ein. Er wirkt verschwitzt, aber freudig, wie auf den Aufnahmen zu sehen ist. Wenige Minuten später taucht er wieder auf - diesmal hektischer. Und plötzlich macht er sich an genau dem Automaten zu schaffen, an dem er eben noch eingezahlt hat - und hebelt ihn auf.

Videos zeigen skurrilen Automaten-Trick

"Kennen Sie die Aufnahmen von den dämlichsten Verbrechern der Welt?", fragt Richter Stefan Redlin trocken. Der Angeklagte lacht unsicher, ihm ist das Ganze sichtlich peinlich. Immer wieder fragt er, ob wirklich alle Videos gezeigt werden müssen. Manchmal wendet er den Blick ab. Doch der Richter bleibt hart: Auch die Staatsanwaltschaft müsse die Bilder sehen. Die Bilanz des Coups? 48 Euro Beute, 2800 Euro Schaden - bis heute nicht beglichen.

"Das war eine richtig dumme Aktion", gesteht der Mann. Er erzählt, dass er schon in Langzeittherapie war - wegen seines Alkoholkonsums. An jenem Tag im Februar 2025 habe er Hunger gehabt, zugleich aber auch Geld für Drogen gebraucht. In Oldenburg habe er bereits eine Therapie absolviert, doch während Corona sei er wieder rückfällig geworden, habe Koks konsumiert. Ob er an diesem Tag betrunken war oder oder unter dem Einfluss von Drogen stand, will der Richter wissen. "Eigentlich kennt man seine Pappenheimer", meint Redlin. Diesen Angeklagten aber nicht.

"Scheiß Koks" - Angeklagter spricht offen über Drogen

Ganz unbeschrieben ist er trotzdem nicht: Zwei Jahre Justizvollzugsanstalt (JVA) hat er hinter sich, dazu 13 Einträge im Strafregister, meist Jugenddelikte. Seit 2018 war er nicht mehr auffällig - bis zu diesem Tag, an dem er in die Sparkassen-Filiale ging. "Ist das scheiß Koks", sagt er unverblümt. 80 Euro koste ein Gramm, "und man will immer mehr. Auf Droge tut man alles."

"Warum machen Sie keine Lehre?", fragt der Richter weiter. Er wolle nicht "klugschnacken", schon gar nicht von oben herab - aber irgendetwas müsse doch gehen. "Ich bin nicht lernstark", gibt der Angeklagte zu. Sein Leben sei immer schwierig gewesen, die Versuche, etwas zu ändern, seien immer gescheitert. Zu seiner Tochter habe er keinen Kontakt. Er glaubt, sie lebe in einer Pflegefamilie.

Das Urteil: vier Monate Freiheitsstrafe, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung. Der Mann muss die 48 Euro Diebesgut und die 2800 Euro Schadenssumme zurückzahlen - und trägt darüber hinaus die Kosten für das Verfahren. Ein Bewährungshelfer wird ihm zur Seite gestellt und einen Umzug muss er melden. "Sie müssen", empfiehlt Richter Redlin eindringlich, "den Hintern hochbekommen".

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Bengta Brettschneider

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Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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