Blick in die Lagerräume der Stadt. Augenscheinlich brauchbare Fahrräder zu sehr günstigen Preisen. Foto: Stadt Cuxhaven
Blick in die Lagerräume der Stadt. Augenscheinlich brauchbare Fahrräder zu sehr günstigen Preisen. Foto: Stadt Cuxhaven
Stadtbild verschandelt

Fahrräder an Bahnhöfen und in der Stadt - wenn Schrott den Stellplatz blockiert

06.09.2025

Urbane Geisterräder belasten nicht nur das Stadtbild, sondern ärgern auch jene, die lediglich auf der Suche nach einem Stellplatz sind. Wie sorgen die Städte Cuxhaven und Otterndorf für Ordnung an Fahrradständern und in der Stadt?

Von Max Martin Rahn

In vielen deutschen Städten, besonders an stark frequentierten Orten, trifft ein Mangel an Fahrradstellplätzen auf eine wachsende Zahl von Radfahrerinnen und Radfahrern. Während das Fahrrad als umweltfreundliches Verkehrsmittel immer wichtiger wird, hinkt die Infrastruktur hinterher. Überfüllte Ständer, wild abgestellte Räder und blockierte Gehwege sind Alltag. Besonders problematisch: zurückgelassene oder offensichtlich nicht mehr genutzte Fahrräder, die wertvollen Stellraum dauerhaft blockieren. Diese "Geisterräder" sind nicht nur ein logistisches Hindernis, sondern werfen auch Fragen zur Verantwortung und Pflege öffentlicher Flächen auf.

"Die Sauberkeit und die Fahrradständer sind die erste Visitenkarte einer Stadt", sagt Torsten Köhne von der Stadt Cuxhaven. Die Kombination aus wachsendem Mobilitätsbedarf und unzureichender Flächenplanung zeigt: Es braucht klare Konzepte, um Ordnung, Nachhaltigkeit und Nutzbarkeit im städtischen Radverkehr zu sichern. Viele kennen das Problem: Man fährt zum Bahnhof oder zum Einkaufen - und alle Plätze sind belegt, teils mit schrottreifen Rädern.

Die Lage am Otterndorfer Bahnhof. Permanent ist diese Auslastung zu sehen. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, regelmäßig zu prüfen, ob ungenutzte Fahrräder entfernt werden können. Foto: Rahn
Dagegen das Bild am Bahnhof Cuxhaven. Es gibt keine Überdachung und deutlich weniger Platz. Viele Fahrradfahrer sind gezwungen ihr Rad am Zaun zu befestigen. Stellenweise ist dann die Deutsche Bahn zuständig, die normalerweise ähnlich wie die Stadtverwaltung verfährt. Foto: Rahn

Saubere Stadt ist das Ziel

In Cuxhaven sind alle städtischen Stellen eingebunden: Polizei, Verkehrsaußendienst, technischer Bereich, Mängelmelder, Fundbüro und Abfallbehörde. Zwei- bis dreimal im Jahr gibt es gezielte Kontrollen, etwa beim "Tag der sauberen Stadt". Im März wurden dabei zehn von 20 überprüften Rädern entfernt. Die Stadt hat drei Möglichkeiten: Entsorgung, Spende oder Versteigerung. Vorher werden auffällige Räder - etwa mit platten Reifen, fehlenden oder verrosteten Teilen oder an ungeeigneten Standorten - mit einer Banderole markiert. Eigentümer haben dann rund acht Wochen Zeit, ihr Rad zu bewegen.

Oft gesehen im städtischen Raum: liegen gelassene Fahrräder. Hintergründe kennt nur der letzte Nutzer. Solche Fahrräder können beispielsweise beim Mängelmelder, dem Fundbüro oder dem Ordnungsamt gemeldet werden. Foto: Rahn
Das ist die Banderole der Stadt Cuxhaven. Sie wird so angebracht, dass sie eigenständig abfällt, sollte das Fahrrad fortbewegt werden. So wird sichergestellt, dass genutzte Räder nicht versehentlich von der Stadt entfernt werden. Foto: Rahn

Nur Bares ist Wahres

Schrottreife Räder entsorgt die Müllabfuhr sofort, andere werden in einer städtischen Garage gelagert. Nach sechs Monaten gehen sie an gemeinnützige Organisationen oder werden versteigert. Ab etwa 100 Rädern findet alle zwei Jahre eine öffentliche Auktion statt - bar bezahlt, bei teureren Rädern mit Quittung. Der Durchschnittspreis lag zuletzt bei 39,16 Euro, das teuerste Rad - ein E-Bike-Klapprad - brachte 520 Euro.

Wer in Cuxhaven ein günstiges Fahrrad sucht, sollte die Versteigerung herrenloser Räder nicht verpassen - sie findet alle zwei Jahre nach öffentlicher Ankündigung statt. Durchschnittlich sind weniger als 40 Euro fällig. Foto: Stadt Cuxhaven

Bahnhoffahrrad gesucht

"Das ist eine gute Möglichkeit, günstig an ein Fahrrad zu kommen", bilanziert Jendrik Stegemann vom Bürgerbüro Cuxhaven. Einige Interessenten suchen lediglich ein günstiges Zweit-Rad. "Man bekommt auf jeden Fall ein gutes Bahnhoffahrrad", ergänzt Köhne, Leiter des Fachbereichs für Bürgerservice, Ordnung und Katastrophenschutz. Sämtliche Vorgänge werden bei alledem dokumentiert, von der Banderole bis zum Verkauf. Die Polizei prüft auf mögliche Straftaten, aber das komme nur ganz selten vor. Stegemann habe dies in neun Jahren beim Fundbüro nur etwa drei Mal erlebt. Dann könne ein Fahrrad seinem ursprünglichen Eigentümer zurückgegeben werden. Komplizierter wird es, wenn der Versicherungsbetrag bereits ausgezahlt wurde. Letztlich könnte die Versicherung als Eigentümer entscheiden, wie weiter vorgegangen wird. Spende, Verschrottung oder Auktion stehen ebenfalls zur Wahl.

Spende oder Müll

In Otterndorf geht es ähnlich zu. Im Unterschied zur Stadt Cuxhaven allerdings entfernt der örtliche Bauhof Zweiräder und entsorgt diese. Noch taugliche Fahrräder gehen als Spende an das "Shalomhaus" und werden weiter genutzt. Auktionen gibt es nicht, teilt der Teamleiter für öffentliche Sicherheit und Ordnung, Thomas Claus, mit. 

Cuxhaven arbeitet an einer fahrradfreundlicheren Stadt. Einige Straßen wurden bereits mit Markierungen angepasst. Zukünftig werden Radwege usw. besser eingeplant. Mit besseren Radwegen dürfte sich der ein oder andere mehrmahs überlegen, ob er noch einen (Zweit-)Wagen benötigt. Foto: Rahn

Belastung für Pendler

Geisterräder sind mehr als nur Schrott - sie blockieren Platz, den andere dringend brauchen. Cuxhaven und Otterndorf zeigen, wie konsequentes Handeln und klare Regeln helfen, das Stadtbild sauber zu halten und den Radverkehr in Bewegung zu bringen.

Seit einigen Jahren "schmücken" solche Fahrradständer das Stadtbild. Anstelle eines Autos, passen mehrere Fahrräder auf den gleichen Platz. Nachteil dabei, von der einen Seite ist das Objekt nicht passierbar. Foto: Rahn
Vor dem Rathaus geht es an diesem Tag ruhig zu. Fahrräder unterliegen nicht der begrenzten Parkdauer. Hier gibt es viel Platz und sauber ist es auch. Foto: Rahn
Auch auf Hinterhöfen gibt es Probleme mit augenscheinlichen Schrotträdern. Aber Vorsicht! Privatpersonen dürfen auch hier nicht selbst tätig werden. Das wäre Diebstahl. Am Besten meldet man Unrat bei der Verwaltung. Diese kann den Müll dann beseitigen. Foto: Rahn
Volle Auslastung auch auf dem Kaemmererplatz vor dem Redaktionsgebäude der Cuxhavener Nachrichten / Niederelbe-Zeitung. Foto: Rahn
Die Variante bei Autos zum Vergleich. Auch hier gibt es zunächst einen Aufkleber. Foto: Rahn

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