Erinnerung für eine friedliche Zukunft
Am Volkstrauertag in Cuxhaven mahnt Bürgermeister Gerdes eindringlich zur Verantwortung: Erinnern sei nicht nur ein Zustand, sondern eine Haltung, die uns verpflichtet. Eine Botschaft, die in der heutigen Zeit besondere Relevanz gewinnt.
Die Sonne steht tief an diesem Sonntagnachmittag, ihr Licht bricht sich im feuchten Laub. Vor der Friedhofskapelle in Brockeswalde sammeln sich Menschen, schweigend, erwartungsvoll. Volkstrauertag in Cuxhaven: ein stiller, ernster Nachmittag, der Raum zum Nachdenken lässt.
Drinnen in der Kapelle sorgen die warmen Klänge der Orgel - gespielt von Britta Quaiser - für eine feierliche Ruhe. Vertreter des Marinefliegerkommandos Nordholz sind zugegen; unter ihnen Fregattenkapitän Thorsten Werning. Er spricht später das Totengedenken. Als Bürgermeister Marc Gerdes ans Pult tritt, hebt sich im Raum eine gespannte Aufmerksamkeit.
"Frieden entsteht nicht von selbst"
"Der Volkstrauertag ist ein Tag der Stille - und zugleich ein Tag, der uns auffordert, Verantwortung zu übernehmen", beginnt Gerdes. Sein Blick geht zurück ins Jahr 1945, dessen Ende sich 2025 zum 80. Mal jährt. "Millionen verloren ihre Heimat, ihre Familien, ihre Zukunft. Millionen verloren ihr Leben." Aus diesen Trümmern sei dennoch "eine leise Hoffnung" erwachsen - die Hoffnung auf ein Europa ohne Gewalt.
Er spricht eindringlich von der Generation der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen. "Noch haben wir die Chance, diesen Menschen zuzuhören und zu lernen. Diese Chance sollten wir nutzen." Ihre Erinnerungen - Geschichten von Leid und Verlust, aber auch von Mut und Zusammenhalt - seien "Brücken zwischen Vergangenheit und Gegenwart".
Das Geleitwort des Volksbundes, "Freiheit gelingt nur, wenn sie nicht rücksichtslos ist", bringe auf den Punkt, was Freiheit heute bedeute: Verantwortung füreinander, Mitgefühl und die Bereitschaft, Haltung zu zeigen. Quaisers Orgelmusik trägt die Worte - eine Klangspur, die den Raum ruhig macht, aber nicht schwer.
Unsicherheit wächst - Haltung auch
Gerdes zeichnet den Bogen in die Welt von heute: den anhaltenden russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, Gewalt im Nahen Osten, wachsende Spannungen in Europa. "Viele fragen: Haben wir denn nichts gelernt? Doch, wir haben gelernt - aber wir müssen immer wieder einüben, dass Erinnern kein Zustand ist, sondern eine Haltung."
Er warnt vor Desinformation und Extremismus. "Extremisten waren immer ein Unglück für Deutschland und die Welt." Erinnerung schützt die Wahrheit - und damit den demokratischen Zusammenhalt.
Auch der Blick auf Cuxhaven fehlt nicht: Städtepartnerschaften, Jugendbegegnungen, Austauschprogramme - all das sei gelebte Versöhnung. "Wenn sich Jugendliche begegnen, wird aus Geschichte Zukunft." Und er würdigt das Engagement der Cuxhavenerinnen und Cuxhavener im Ehrenamt: ein Rückgrat der Stadtgesellschaft, wie Oberbürgermeister Uwe Santjer es immer wieder betone.
Von der Kapelle zur Ehrenanlage
Nach der Totenehrung setzt sich der Gedenkzug in Bewegung. Die gesungene Nationalhymne klingt nach, während Kränze durch das nachmittagliche Licht des Sonntags getragen werden. Vertreter des Marinefliegerkommandos gehen vorneweg.
Kränze als Zeichen der Verbundenheit
An der Ehrenanlage des Friedhofs werden drei Kränze niedergelegt. Die Geste ist schlicht, aber eindringlich. Superintendentin Kerstin Tiemann spricht im Anschluss ein bewegendes Gebet. Ihre eindringlichen Worte stimmen mit Blick auf die aktuelle Lage in der Welt nachdenklich. "Frieden entsteht nicht in Konferenzen, sondern in Herzen", hatte Marc Gerdes zuvor gesagt. Ein Satz, der hängen bleibt, während die Menschen in stiller Zwiesprache neben den Kränzen stehen.
Der Volkstrauertag ist kein Feiertag. Er ist ein Tag der Pflicht - gegenüber der Vergangenheit und gegenüber der Zukunft. Oder, wie der Bürgermeister es zusammenfasst: "Bewahren wir das Andenken an die Toten, ehren wir ihr Leid - und gestalten wir gemeinsam eine friedliche Zukunft. Denn Frieden beginnt bei uns."



