Die Tierpflegerinnen Jaimy Hormes und Katharina Korff legen dem Herdenschutzhund zunächst einen Maulkorb an. Anschließend sichern sie den Rüden. Foto: Rademacher
Die Tierpflegerinnen Jaimy Hormes und Katharina Korff legen dem Herdenschutzhund zunächst einen Maulkorb an. Anschließend sichern sie den Rüden. Foto: Rademacher
An Baum angeleint

Herdenschutzhund in Cuxhaven ausgesetzt: Tierschützer fassungslos - Spur zum Halter?

von Joscha Kuczorra | 15.05.2024

Dieser Fall macht die Mitglieder aus dem Cuxhavener Tierheim-Verein und die Tierheim-Mitarbeiter fassunglos: Ein ausgewachsener Herdenschutzhund wurde seinem Schicksal überlassen und an einen Baum angeleint. Doch es könnte eine Spur zum Halter geben.

Die Tierschützer und -pfleger aus dem Tierheim Cuxhaven sind fassungslos. Am Wochenende wurde ein ausgewachsener Hund ausgesetzt. Fernab der Straße wurde er an einem Baum angeleint. Doch es gibt eine mögliche Spur zum Halter.

Eine Passantin entdeckte das Tier am frühen Sonntagnachmittag. Bereits mehrere Stunden zuvor soll das Bellen des großen Hundes in der Umgebung zu hören gewesen sein. Die Frau rief die Polizei, die wiederum gegen 14.30 Uhr das Tierheim informierte.

Fundort liegt abgelegen auf einer Wiese in Cuxhaven

Fundort war im hinteren Bereich einer Wiese an einem Feldweg, der von der Sixtstraße zwischen Drangstweg und Holte-Spangen abgeht. Der Hund war so abgelegen hinterlassen worden, dass Susanne Rademacher, Vorstandsmitglied des Cuxhavener Tierheim-Vereins "Eine Pfote, ein Versprechen", eine ganze Weile suchen musste, um das Tier zu finden. Rademacher rief zwei erfahrene Tierpflegerinnen zu Hilfe, die den Rüden sicherten.

Im hinteren Bereich der Wiese wurde der ausgesetzte Owtscharka gefunden. Über mehrere Stunden soll er laut gebellt haben. Foto: Rademacher

Nach Angaben von Tierheim-Leiterin Laura Reyelts handelt es sich um einen ausgewachsenen Owtscharka, einen Herdenschutzhund, im Alter von fünf bis sechs Jahren. 70 bis 80 Zentimeter groß und kräftig soll er sein.

In Cuxhaven ausgesetzter Owtscharka trägt Eisenkette um den Hals

Als die Tierpflegerinnen den Hund sicherten, habe er sich aufgrund der nur zwei Meter langen Leine, mit der er am Baum festgebunden worden war, kaum bewegen können. Er habe eine Eisenkette um den Hals getragen, habe "gegrummelt" und sei erschöpft gewesen, erinnert sich Beirätin Susanne Rademacher. "Vier bis fünf Stunden", schätzt Tierheim-Leiterin Reyelts, soll der Hund angebunden gewesen sein.

Bei der Sicherung des Hundes soll das Tier "gegrummelt" haben. Foto: Rademacher

Owtscharka ist jetzt im Tierheim Cuxhaven untergekommen

Nun befindet sich der Herdenschutzhund im Tierheim Cuxhaven. "An sich gut" gehe es ihm. "Aber es ist nicht schön hier für so einen großen Hund. Man merkt, dass ihn die ganze Situation mitnimmt", bedauert Laura Reyelts. "Er bewegt sich nicht viel, liegt hauptsächlich in der Ecke - und ist ansonsten eher aggressiv." Owtscharkas seien territorial. "Daher kommt auch sein jetziges Verhalten. Was er erlebt haben muss und auch jetzt erlebt - das ist keine gute Kombi."

Der Herdenschutzhund ist an einen Baum angeleint. Inzwischen befindet er sich im Tierheim. Foto: Rademacher

Horror-Szenario Spielplatz in Cuxhaven oder Aufeinandertreffen mit anderen Hunden

Was passiert wäre, wenn der kräftige Rüde sich aus seinem Halsband hätte befreien können, als er am Baum angeleint war, will sich die Tierheim-Leiterin nicht ausmalen. "Wenn Owtscharkas nicht erzogen sind oder schlechte Erfahrungen gemacht haben, sind sie eine Waffe", warnt Laura Reyelts und betont, dass der Herdenschutzhund zu einem Spielplatz hätte laufen oder auf andere Hunde treffen können. "Sie sind unberechenbar. Im einen Moment sind sie lieb und geben Pfötchen. Und im nächsten Moment schlägt die Stimmung um und sie wollen einen attackieren."

Jaimy Hormes (l.) und Katharina Korff kraulen den kräftigen Hund, nachdem sie ihn losgeleint haben. Inzwischen sei es aber nur noch schwer, an den Owtscharka ranzukommen, berichtet die Tierheim-Leiterin Laura Reyelts. Foto: Rademacher

Tierheim Cuxhaven nimmt Kontakt zum Tierzentrum Neu Wulmstorf auf

Weil das Tierheim Cuxhaven für solch große Hunde nicht ausgelegt sei, sehen sich die Tierschützer nach einem anderen Platz um. Aktuell warten sie auf eine Rückmeldung aus dem Tierzentrum Neu Wulmstorf, das bereits Bereitschaft gezeigt habe, den Rüden aufzunehmen, aber erst noch checken muss, ob die Kapazitäten eine Aufnahme hergeben.

Polizei Cuxhaven und Landkreis Cuxhaven äußern sich zum Fall

Die Tierschützer haben Anzeige erstattet. Laut Carsten Bode, Sprecher der Polizei Cuxhaven, handelt es sich beim Aussetzen eines Tieres "in der Regel um einen Verstoß nach dem Tierschutzgesetz. Demnach ist es verboten, ein im Haus, Betrieb oder sonst in Obhut des Menschen gehaltenes Tier auszusetzen oder es zurückzulassen, um sich seiner zu entledigen oder sich der Halter- oder Betreuerpflicht zu entziehen." Eine solche Ordnungswidrigkeit könne mit einer Geldstrafe von bis zu 5000 Euro geahndet werden, warnt Bode, der als Verfolgungsbehörde an das Veterinäramt des Landkreises verweist. Dessen Pressesprecherin Simone Starke bestätigt den Eingang der Anzeige, sagt aber, das Ordnungsamt der Stadt Cuxhaven sei zuständig, weil ausgesetzte Tiere "wie Fundtiere behandelt" werden. Die Pressestelle der Stadt war am Dienstagnachmittag nicht zu erreichen.

Wurde der Herdenschutzhund auf Kleinanzeigen-Portal angeboten

Dem Tierheim liegen nach Angaben Susanne Rademachers mehrere Screenshots vor, die einen Eintrag auf einem Online-Kleinanzeigen-Portal von Anfang Mai zeigen. Darauf zu sehen: ein in Cuxhaven angebotener Herdenschutzhund. Zunächst sollte das Tier für 140 Euro verkauft werden, wenig später habe der Verkäufer nur noch 70 Euro gefordert. Auch wenn die Anzeige inzwischen entfernt wurde, sei den Tierschützern aus dem Umfeld des Verkäufers versichert worden, dass es sich beim angebotenen Hund um das ausgesetzte Tier handelt. Beirätin Rademacher will dies aber noch nicht mit Gewissheit bestätigen. Die Eisenkette, die der ausgesetzte Hund trug, sei aber auch auf den Bildern in der Anzeige zu sehen.

Die Eisenkette, die der Hund trägt, als ihn die Tierschützer finden, soll vor wenigen Tagen schon im Internet zu sehen gewesen sein. Foto: Rademacher

In Cuxhaven ausgesetzter Owtscharka bei Tasso unter dem Namen "Zeus" registriert

Und es gibt noch eine zweite Spur: Der Hund ist zweifach gechippt. Einer der Chips ist inaktiv, der zweite aber laut Rademacher bei der Tierschutzorganisation Tasso im Haustierzentralregister auf den Hunde-Namen "Zeus" registriert. Der hinterlegte Besitzer ist jedoch umgezogen und unter seiner Nummer nicht mehr erreichbar. Eine neue Nummer ist nicht angegeben. Ob es sich bei der Registrierung tatsächlich noch um den aktuellen Besitzer handelt, "wissen wir nicht", betont Rademacher. Die Eintragungen bei Tasso sind besonders bei Fundtieren wichtig. Wird ein Tier aufgelesen, werden die Besitzer benachrichtigt und können sich im Tierheim melden.

Wem kommt diese Eisenkette, die der Hund getragen hat, als er gefunden wurde, bekannt vor? Die Tierpfleger wollen alle Hinweise an die zuständigen Behörden weitergeben. Foto: Rademacher

Wer ein Tier findet, sollte unbedingt sofort die Polizei verständigen, raten Laura Reyelts und Susanne Rademacher - "auf keinen Fall hingehen und den Hund anfassen. Das kann ganz böse enden." Einen weiteren wichtigen Hinweis liefert die Tierheim-Leiterin gleich mit: "Bevor man sich einen Hund zulegt, sollte man sich über die Rasse informieren", betont Reyelts gerade mit Hinblick auf den Herdenschutzhund "Zeus": "So ein Hund gehört nicht in die Wohnung. Dieser Hund braucht eine Aufgabe. Es ist viel zu gefährlich, wenn er in die falschen Hände gerät."

Cuxhavener Tierheim-Vorstand: "Keine Rechtfertigung"

Tierheim-Vereins-Beirätin Rademacher appelliert: "Es gibt keine Rechtfertigung, ein Tier auszusetzen - egal, in welcher Situation man steckt." Wer in Not ist, sollte sich Hilfe suchen - in erster Linie beim Tierheim oder bei seinem Tierarzt, so Rademacher. "Ein Tier auszusetzen, ist niederträchtig."

Das ist die Tierschutzorganisation "Tasso"

Die Tierschutzorganisation "Tasso" betreibt nach eigenen Angaben Europas größtes Haustierregister. Der Verein, der das Register betreibt, finanziert sich nach eigenen Angaben ausschließlich über Spenden. Die Eintragungen bei Tasso sind besonders bei Fundtieren wichtig. Wird ein Tier aufgelesen, werden die Besitzer, sofern es sich im Haustierzentralregister befindet, benachrichtigt und können sich im Tierheim melden.

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Joscha Kuczorra

Redakteur
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

jkuczorra@no-spamcuxonline.de

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