"Jahrhundert-Entscheidung": Cuxhaven arbeitet mit Nachdruck an Offshore-Ausbau
Geschlossen hat Cuxhavens Stadtrat mit der Zustimmung zum entscheidenden Flächennutzungsplan die Weiterentwicklung des Offshore-Windenergie- und Wasserstoff-Standorts angeschoben. Für die Zukunft der gesamten Stadt gilt dies als elementar.
Die Ratsmitglieder sparten nicht mit Superlativen, als sie am Donnerstag den Weg freimachten für den lange angekündigten Flächennutzungsplan "Südlich der Baumrönne". Er ist nicht nur die entscheidende Voraussetzung für die Entwicklung der Gewerbeflächen zwischen Groden und Altenbruch, sondern auch richtungsweisend für die gesamte Entwicklung der Stadt in den nächsten Jahrzehnten.
Kein Blatt passte zwischen die Positionen der Ratsmitglieder, die in ihren Reden von Jahrhundert-Dimensionen und einer elementaren Entscheidung für die Stadt sprachen und dies mit einem einstimmigen Beschluss untermauerten. Ein Zeichen starken Rückhalts für Oberbürgermeister Uwe Santjer: "Es ist ein wichtiges Zeichen, wenn man in Verhandlungen mit möglichen Investoren oder bei der Suche nach Fördertöpfen signalisieren kann, dass die gesamte Politik dahinter steht."
Darum geht es: Cuxhaven als Deutsches Offshore-Industriezentrum rückt angesichts seiner Flächenreserven und der guten Erreichbarkeit per Schiff immer stärker in den in den Fokus der Offshore-Windkraftbranche. Für die Ansiedlung weiterer Betriebe und Zulieferer werden die Flächen im Bereich der Alten Marsch bis zur B 73 beziehungsweise südlich des Baumrönne-Wasserlaufs und der Bahnlinie nach Hamburg benötigt, die in mehreren Teilbereichen erschlossen werden sollen. Eines der spektakulärsten Bauwerke dürfte dabei eine Schwerlastbrücke über die Bahnlinie sein. Dafür war der Beschluss über die Änderung des Flächennutzungsplans notwendig.
Projekt ist von nationalem Interesse
Dem Projekt werden angesichts der durch die Bundesregierung ausgegebenen Klima- und Ausbauziele große Chancen eingeräumt. Der Bund will die Kapazität der Windenergie auf See bis 2030 auf mindestens 30 Gigawatt (GW) steigern; bis 2035 sollen es mindestens 40 Gigawatt und bis 2045 mindestens 70 Gigawatt werden. Aktuell liegt die Kapazität auf Nord- und Ostsee zusammen bei unter neun Gigawatt.
"Das bedeutet eine Fülle von Windparks und eine Fülle an zu bauenden Maschinen", stellte Enak Ferlemann (CDU) fest. Schon die Ansiedlung des Marktführers Siemens Gamesa sei ein Sechser im Lotto gewesen. Ferlemann wies darauf hin, dass die Gewerbeflächenentwicklung parallel durch den Bau der Liegeplätze 5 bis 7 als Verladehafen begleitet werden müsse. Die erhebliche Herausforderung sei im Ausschuss für Stadtentwicklung, Mobilität, Bau und Demografie sofort erkannt worden, so dessen Vorsitzender Enak Ferlemann: "Wir haben gemeinsam festgestellt, dass wir das brauchen, wenn wir die Energiewende schaffen wollen."
"Hier bauen wir für dieses Jahrhundert"
SPD-Fraktionsvorsitzender Gunnar Wegener sprach von einer Aufgabe nationaler Bedeutung, insbesondere im Hinblick auf eine finanzielle Beteiligung des Bunds am Bau der Liegeplätze: "Ähnlich wie bei den LNG (Flüssiggas)-Liegeplätzen, die ja nur temporär sind", so Wegener, "hier aber bauen wir für dieses Jahrhundert."
Auch aus Altenbruch signalisierte Ortsbürgermeister Christoph Frauenpreiß (CDU) Zustimmung: "Wir sind uns der Bedeutung dieser Entscheidung bewusst und tragen sie mit." Er lobte die Abstimmung als "hervorragend" und zeigte sich überzeugt: "Um den Charme Grodens und Altenbruchs zu erhalten, werden wir eine vernünftige Lösung finden."
"Das war heute die wichtigste Entscheidung überhaupt", betonte Rüdiger Kurmann (Die Cuxhavener). Das Haushaltsergebnis für 2022 (24,5 Millionen Euro mehr Einnahmen als erwartet) und die Entscheidung zum Alten Fischereihafen seien schon bedeutsam genug gewesen, hier aber gehe es um noch größere Dimensionen. "Erst recht angesichts früherer Zeiten, in denen wir keine Perspektive auf dem Wasser hatten", erinnerte Kurmann.
Neue Wohnflächen müssen schnell folgen
Oliver Ebken, Vorsitzender der Gruppe SPD/Grüne/Cuxhavener, forderte nachdrücklich einen der Hafenentwicklung folgenden Ausbau von Wohnbauflächen. Von den bisher 1500 Beschäftigten der Branche wohnten nur 50 Prozent auch hier. "Wir brauchen alle Wohnformen, Einfamilienhäuser allein reichen nicht", so Ebken. Außerdem müsse der Rat mit Beschlüssen zu Schulen, Kitas und allen verknüpften Lebensbereichen nachziehen.
Stadtbaurat Andreas Eickmann versteht den Beschluss als wesentlichen Schritt für die Entwicklung der Stadt und gleichzeitig als Arbeitsauftrag, die nächsten Schritte einzuleiten. Cuxhaven stehe davor, "zur künftigen Energieversorgung der Bundesrepublik Deutschland einen erheblichen Beitrag zu leisten."

