
Kabarettist Florian Schroeder seziert im Cuxhavener Stadttheater das Glück
Fans von politischem Kabarett sind am Sonntag im Stadttheater Cuxhaven auf ihre Kosten gekommen. Florian Schroeder zeigte sich in Bestform und sorgte mit seinen intelligenten, messerscharfen und manchmal bösen Pointen für ein ausverkauftes Haus.
Florian Schroeder in einem Meer aus Blumen - das Bild an der Rückwand der Stadttheater-Bühne macht misstrauisch. Der Mann, der nun wirklich nicht dazu neigt, das Leben mit Zuckerguss zu übergießen, verspricht, das Publikum ans große Glück heranzuführen. "Kabarett gibt es heute nicht. Dafür bin ich viel zu glücklich", lässt Schroeder die Zuschauer gleich zu Beginn der Vorstellung wissen.
Was nun folgt, ist ein wilder Parforceritt durch die Absurditäten und Kuriositäten der Glücksindustrie. Auf einem schmalen Grat zwischen Verspottung und ernsthafter Dokumentation breitet Schroeder die Funde seiner globalen Glückssuche aus. Er beschreibt die Wirkungen der Glückshormone Dopamin, Adrenalin und Morphium, stellt den Unterschied zwischen "Glücks-Ich" und "Opfer-Ich" dar, rast durch Themen wie Ernährung, Liebe und Tod und nimmt sich dabei immer wieder selbst auf die Schippe. "Ich bin schöner, schlauer - und bescheidener."
Und er berichtet von einer Kreuzfahrt nach Finnland - dem angeblich glücklichsten Land der Welt. Zum Vergleich: Deutschland steht im "World Happiness Report" nur auf Platz 22. Schroeder glaubt, die Gründe für Finnlands Spitzenplatz zu kennen: "Viel Platz, funktionierende Infrastruktur, saubere Straßen" und ein Staat, der sich um seine Bürger wie um Kunden kümmert. So brauchen die Finnen für ihre Steuererklärung online nur 15 Minuten. "Solange brauchst Du in Deutschland, um bei Elster ein Formular herunterzuladen, das Du anschließend nicht brauchst." Platz 22 für Deutschland im internationalen Vergleich, das sei unteres Mittelfeld. "Platzierungen, die wir schon vom Eurovision Song Contest und vom Pisa-Test kennen."
Gut integrierter Türke outet sich als AfD-Fan
Wie die Menschen am Prenzlauer Berg in Berlin ticken, führt der 46-Jährige mit herrlicher Persiflage vor Augen. Da ist der gut integrierte Türke, der sich als bekennender AfD-Fan outet. Und da ist die linksintellektuelle Sarah, die die immer gleichen leeren Worthülsen produziert, und ihr Mann Timo, der sich nie ganz festlegen will, sondern immer nur "ein Stück weit".
Dass "Endlich Glücklich", so der Titel des Programms, kein Credo, sondern eine zutiefst beunruhigende Diagnose ist, erfahren die Zuschauerinnen und Zuschauer im zweiten Teil des Abends. Am eigenen Leib bekommen sie zu spüren, wie willfährig man den Anweisungen des Glücks-Coaches auf der Bühne gefolgt ist. Und seinen unbekannten Nachbarn als Schönheit bezeichnet oder die Mantras der Glücks- und Heilsversprecher im Chor nachgesprochen hat.
Ganz ohne die politische, aktuelle Seite des Kabaretts ging es dann aber doch nicht. Donald Trump, der sich immer wieder als "Präsident des Friedens" bezeichnet, bekommt bei Schroeder genauso sein Fett weg wie der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, den der Kabarettist als "Arschloch" bezeichnet. Auch die AfD wird mit Beschimpfungen und Kettensägen-Fantasien überzogen. Satire darf alles. Auch wehtun. Und das tut Florian Schroeder mit unverhohlener Freude, mit Intelligenz und saftigen Provokationen.