Die Brüder Nicola (l.) und Challe betreiben das Restaurant "Wal" in der City Marina in Cuxhaven. Foto: Kramp
Die Brüder Nicola (l.) und Challe betreiben das Restaurant "Wal" in der City Marina in Cuxhaven. Foto: Kramp
Flüchtlinge aus Syrien

Restaurant in Cuxhaven: Diese Pächter-Geschichte ist eine ganz besondere

von Wiebke Kramp | 28.07.2023

Das erfordert Mut. Zwei junge Brüder gehen in Cuxhaven das Wagnis ein, den eigenen Gastro-Betrieb zu führen. Sie betreiben das Restaurant "Wal". Eine erstaunliche Leistung, denn sie kamen erst vor acht Jahren aus Damaskus hierher.

Die Brüder sind jung, aber sie beweisen unternehmerischen Mut. Nicola (25) und Challe (21) betreiben seit kurzem als Pächter das Restaurant "Wal" in Cuxhaven. Es ist eine coole Location mit riesiger Außenterrasse am Wasser, die etwas versteckt in der City Marina mit Blick auf Boote liegt.

Gehobene Gastro von der Pike auf gelernt

Gehobene deutsche Gastro können beide. Das haben sie von Pike auf gelernt. Die jungen Männer sind in einem renommierten Duhner Betrieb in Cuxhaven ausgebildet worden. Als sie mit ihren Eltern aus dem Kriegsgebiet Damaskus in eine friedliche Zukunft aufbrachen, war noch gar nicht daran zu denken, wo sie heute stehen. Es ist eine Erfolgsgeschichte und ein sichtbares Zeichen, dass und wie Integration gelingen kann.

Rückschau auf den Sommer 2015. Es waren bewegte Zeiten - und die Jugendlichen Nicola und Challe mit ihren Eltern mittendrin im Flüchtlingsstrom. Die damalige Kanzlerin Angela Merkel sprach ihr mittlerweile geflügeltes Wort "Wir schaffen das."

Zum Zeitpunkt von Merkels "Wir schaffen das"

Zu diesem Zeitpunkt sind die Brüder mit ihren Eltern schon über die Balkan-Route, über Ungarn und Österreich nach Deutschland gelangt. Sie landeten zunächst in Bayern, waren dann in Essen und Gießen, bevor die Familie vom Durchgangslager Friedland mit anderen in den Bus Richtung Norddeutschland gesetzt wurde. Die Flüchtlingswelle rollte im Cuxland an. Endstation war Otterndorf-Müggendorf. Dort wurde das Sommerlager hinterm Elbdeich über Nacht zu einem Flüchtlingscamp auch für die vierköpfige Familie aus Damaskus. Damals wusste noch keiner, dass sie hier eine neue Heimat finden sollte.

Nach einigen Wochen in Camp landeten die Kriegsvertriebenen zunächst in Altenbruch, und später direkt in Cuxhaven. Sie besuchten zunächst verschiedene Deutschkurse. Diese schwierige Sprache zu erlenen, erwies sich für die Jungen als die größte Hörde. Nicola erhielt schließlich durch gute Empfehlungen seines Lehrers in der Berufsvorbereitungklasse einen Praktikumsplatz bei Sternhagen in Cuxhaven-Duhnen. Dort konnte er im Anschluss eine Kochlehre absolvieren. Die Gesellenprüfung bestand er 2021 jedoch erst im zweiten Anlauf: "Das erste Mal bin ich in der Praxis durchgefallen, da ist mir etwas mit der Selleriecreme schiefgegangen - und dann war alles durcheinander …", bekennt er freimütig und schmunzelt. Verantwortung am Herd in vielen verschiedenen Bereichen hat er in dem Restaurant als Kochgeselle beweisen müssen. Nach dem Hauptschulabschluss an der Bleickenschule startete auch sein kleiner Bruder Clalle im Badhotel Sternhagen mit einer Lehre zum Hotelfachmann. Eine gute Schule fürs Leben und für den eigenen Laden. 

Den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt

Bei ihrem Schritt in die Selbstständigkeit erhalten die Nachwuichs-Gastronomen Unterstützung von ihren Eltern, die beide im Ahoi-Bad beschäftigt sind. Vater und Mutter helfen aber in ihrer Freizeit gern mit, damit die Söhne mit dem "Wal" eine gute Perspektive haben. "Schon als wir unsere Ausbildungen begonnen hatten, war uns klar, dass wir gerne als Familie zusammen arbeiten möchten", erklären Nicola und Challe. Die Speisekarte ist klein, aber fein, die Ware frisch - ganze Scholle Finkenwerder oder Büsumer Art mit Bratkartoffeln und Salat finden sich oder rosa gebratener Lammrücken sowie Rumpsteak. "Meine Küche ist deutsch, sagt Nicola, so wie ich es lernt habe." Nach und nach möchte er aber auch ein bisschen mehr Internationalität auf die Teller bringen.

Den permanenten Bomben- und Kugelhagel in ihrer syrischen Heimat werden sie zwar niemals vergessen können, doch auf dem weiten Weg von Damaskus nach Cuxhaven sind die Brüder hier voll und ganz angekommen. "Hier ist es sehr schön und ruhig." Mittlerweile besitzen sie die deutsche Staatsangehörigkeit und sehen in der Cuxhavener Gastronomie-Szene ihre persönliche Zukunft.

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Wiebke Kramp

Redakteurin
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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