
Plattdeutsch begeistert: Theaterfest in Cuxhaven setzt neue Maßstäbe (mit Video)
Plattdeutsch, eine Sprache voller Leben, begeisterte beim ersten "Theaterfest op Platt" im Stadttheater Cuxhaven. Mit Humor, Improvisation und Emotionen wurde das Publikum auf eine Reise durch die Vielfalt des niederdeutschen Theaters mitgenommen.
Es war ein Abend für die Geschichtsbücher des niederdeutschen Theaters: Zweieinhalb Stunden lang feierte das Publikum im gut besetzten Stadttheater Cuxhaven das erste "Theaterfest op Platt". Sieben Bühnen aus Niedersachsen und Bremen zeigten Auszüge aus ihren Erfolgsproduktionen - mal heiter, mal nachdenklich, immer mitreißend. Am Ende stand der Saal: stehende Ovationen, Handylichter im Takt, glückliche Gesichter.
Ministerpräsident Olaf Lies eröffnete den Abend - per Videoeinspielung, projiziert auf eine überdimensionale Leinwand. Gleich danach begrüßte Bühnenbund-Präsident Arnold Preuß das Publikum: selbstverständlich op Platt. Schon da war klar: Hier wird die Mundart nicht als Folklore präsentiert, sondern als lebendige Sprache.
Vom Wellnesshof bis zum Engelstor
Mit dabei natürlich auch die Gastgeber: Die Döser Speeldeel gewährte einen humorvollen Blick in ihr nächstes Stück "Wellness, Wien un wilde Wittfruuns". Ein ehemaliges Heuhotel verwandelt sich zur plattdeutschen Wellnessoase - bäuerlich, komisch, voller Hintersinn. Premiere ist am 9. Oktober 2025.

Das Niederdeutsche Theater Braunschweig zeigte mit "Pustekoken" eine himmlische Begegnung zwischen Frau und Engel, die überraschend irdisch endet.

Und die Bühne Bremerhaven setzte mit "Impro up Platt" ganz auf Spontaneität: Vorgaben aus dem Publikum verwandelten die Schauspieler blitzschnell in Szenen voller Humor und Schlagfertigkeit. Genau das war der Reiz: Plattdeutsch erwies sich als quicklebendige Theatersprache, die improvisiert, parodiert, überrascht.

Zeitreisen mit Petticoat und Schulterpolstern
Musikalisch und nostalgisch zugleich wurde es beim Niederdeutschen Theater Delmenhorst: "Völlig losgelöst" holte die 80er zurück - von NDW-Hits bis Arbeitersound.


Noch weiter zurück, in die swingenden 30er und 40er, entführte die Bühne Wilhelmshaven mit "Dat Frollein Wunner" in die Zeit der Petticoats mit Songs wie "By mir bistu scheyn" und "Sing, Sing, Sing".

Die Nachwuchsspieler des Theaters Neuenburg setzten mit "De 90er" einen jugendlich-frechen Kontrapunkt: moderne Szenen, überraschend frisch, getragen von viel Spiellust.

Auch kleine Dinge bekamen große Bühne: Die Bühne Wiesmoor zeigte mit "Dat Brötchen", wie ein banales Frühstücksritual zu einer handfesten Lebensfrage werden kann. Gerade darin lag die Stärke des Abends: Vom Kleinen bis zum Großen reichte die Bandbreite, vom Frühstückstisch bis zur Showbühne.

Moderatorin mit Charme, Stargast mit Stimme
Gekonnt führte NDR-Moderatorin Carina Dawert durch den Abend. Mit Witz, Tempo und direktem Draht ins Publikum hielt sie den roten Faden, ließ die Zuschauer mitmachen, lachte, improvisierte, überbrückte. "Sie hat den Saal regelrecht dirigiert", schwärmte ein Besucher in der Pause.

Musikalisches Glanzlicht: Annie Heger. Die Sängerin und Platt-Aktivistin zeigte, wie viel Seele in dieser Sprache steckt. Ob mit Balladen oder temperamentvollen Nummern - Heger brachte Gefühl, Humor und Selbstbewusstsein in einer Person auf die Bühne.

"Plattdeutsch lebt - und wächst"
Auch Arnold Preuß, Präsident des Niederdeutschen Bühnenbundes, zeigte sich im Gespräch mit unserem Medienhaus begeistert: "Wir sind 17 Bühnen, bringen jedes Jahr rund 70 Stücke auf die Bühne und erreichen 120.000 Zuschauerinnen und Zuschauer - genauso viel wie eine Landesbühne. Das zeigt: Plattdeutsch lebt. Und es wächst." Besonders hob er die Jugendarbeit hervor: "In Neuenburg gibt es Wartelisten für die Theaterschule. Junge Menschen wollen auf die Bühne - und sie wollen Platt sprechen."
Preuß blickte zugleich zurück: "Als ich 1970 anfing, hieß es: Lern mal die Sprache, in ein paar Jahren ist sie weg. Heute wissen wir: Sie ist da - und sie bleibt."
Ein Feuerwerk - auf und vor der Bühne
Als zum Finale alle Ensembles noch einmal gemeinsam auftraten, brandete Jubel auf. Handylampenlichter tanzten durch den Saal, Standing Ovations verwandelten das Theater in ein Festhaus. Man spürte: Hier sind Laien mit Leidenschaft am Werk, getragen von Professionalität und Liebe zum Detail. Das Publikum bedankte sich mit minutenlangem Applaus. "So etwas hat es in Niedersachsen bisher nicht gegeben", sagte ein Zuschauer beim Hinausgehen. "Endlich sieht man, wie bunt, frisch und vielfältig Plattdeutsch sein kann."