
Protestaktion vor der Helios-Klinik Cuxhaven: Beschäftigte schlagen Alarm
Selbst beim Protestieren schlug die Grippewelle zu: Die Reihen waren erheblich gelichtet, als sich am Mittwoch Beschäftigte der Helios-Klinik Cuxhaven für eine aktive Mittagspause versammelten, um auf Missstände aufmerksam zu machen. Worum geht es?
Wacker hielten die Protestierenden in der klirrenden Kälte ihre Protestplakate hoch.
"Auf dem Vernunftsweg mit Geschäftsführung einigen"
Bewusst handle es sich um eine Aktion außerhalb der Arbeitszeit, so Verdi-Gewerkschaftssekretär Jörn Bracker: "Wir versuchen gerade, auf dem Vernunftsweg eine Einigung mit der Geschäftsführung zu erzielen." Vorrangig gehe es aktuell um Differenzen über die ordnungsgemäße Auszahlung der im Tarifvertrag festgeschriebenen Zulagen, erklärt Betriebsratsvorsitzende Ivonne Wilms.
Wird die Auszahlung der Zulagen vermieden?
Pflegekräften im Krankenhaus stünden für bestimmte Tätigkeiten Zulagen zu. Wenn mehrere dieser Aufgaben parallel ausgeübt würden, wie es beispielsweise häufig für Stationsleitungen gelte, müssten diese Zulagen auch für jede dieser Tätigkeiten ausgezahlt werden, was die Geschäftsführung derzeit zu vermeiden versuche, so Ivonne Wilms.

Auch in anderen Bereichen werde versucht, die Vereinbarungen des Tarifvertrags zu umgehen, erläutert Jörn Bracker: "Den Kolleginnen und Kollegen in der urologischen Ambulanz soll die Auszahlung der endoskopischen Zulage mit dem Hinweis vorenthalten werden, dass diese Tätigkeiten nur 40 Prozent der Arbeitszeit ausmachten. Das trifft aber nicht zu. Wir stehen hier also auch für diese Kollegen."
Beileibe nicht nur ein lokales Problem
Cuxhaven stelle dabei mitnichten eine Ausnahme dar, unterstrich Jörn Bracker. Genauso präsentiere sich die Lage in der Helios-Klinik Mittelweser in Nienburg, wo sich am Donnerstag eine Protestaktion anschließen sollte. In beiden Häusern verhandeln Tarifkommission und Betriebsräte mit den Geschäftsführungen.
Mit der Protestaktion wollten die Beschäftigten auch auf die fortschreitende Arbeitsbelastung aufmerksam machen, die vor allem auf immer komplizierter werdende Prozesse zurückzuführen sei. Statt sich um die Patienten zu kümmern, würden sie an den Schreibtisch gezwungen. Verschärft werde dies künftig durch die Anforderungen der elektronischen Patientenakte.
Als besonders beklagenswert wird die Situation in der Notaufnahme empfunden, wo es häufig zu langen Wartezeiten komme und selbst Rettungsdienste häufig über Stunden auf die Übergabe ihrer Patienten warten müssten, bevor sie sich wieder einsatzbereit melden könnten. Eine auch nur ein- oder zweistündige Abmeldung bestimmter Abteilungen aus dem IVENA-System (dieses zeigt Rettungsdiensten verfügbare Aufnahmekapazitäten an, d. Red.) könnte in Spitzenzeiten für Entlastung sorgen, geschehe aber viel zu selten.
Dauerbelastung zerrt an den Nerven

Die dauerhafte Überbelastung lasse sie jeden Tag mit dem Gefühl nach Hause gehen, nicht fertig geworden zu sein, schilderten Pflegekräfte. Das zerre an den Nerven und sorge für hohe Krankenstände. Viele Kolleginnen und Kollegen sähen daher keinen anderen Ausweg, als ihre Stunden zu reduzieren, obwohl sie sich doch vor Jahren und Jahrzehnten bewusst für ihren Traumberuf entschieden hätten. "Doch was nützt das, wenn die Patienten mich immer weniger sehen?" Der Zeitmangel wirke sich außerdem auf die Anleitung der Schülerinnen und Schüler aus.
"Notfalls rechtliche Schritte einleiten"
Beobachtungen, die Gewerkschaftssekretär Jörn Bracker für andere Standorte 1:1 bestätigt. Die Reaktionen der Klinikleitungen falle schleppend aus: "Alles wird auf die lange Bank geschoben oder es kommt gar keine." Änderungen und Neuerungen könnten jedoch nicht mehr dem vorhandenen Personal aufgebürdet werden und die tariflich vereinbarten Zulagen gehörten endlich ausgezahlt: "Wir hoffen auf eine Einigung auf dem Verhandlungsweg, werden aber sonst rechtliche Schritte einleiten", kündigte Bracker an.