Sabin Tambrea und das Guadagnini-Trio sorgen für einen gefühlvollen Abend. Foto: Domke-Feiner
Sabin Tambrea und das Guadagnini-Trio sorgen für einen gefühlvollen Abend. Foto: Domke-Feiner
Lesung im Stadttheater

Sabin Tambrea in Cuxhaven: Aus dem Leben einer rumänischen Flüchtlingsfamilie

30.09.2025

Sabin Tambrea entführt das Publikum im ausverkauften Stadttheater Cuxhaven in die bewegende Geschichte seiner Familie, die aus der rumänischen Diktatur floh. Eine Lesung voller Emotionen und musikalischer Begleitung.

Nicht nur der Zuschauerbereich des Stadttheaters war, wie bei Vorstellungen üblich, in sanfte Dunkelheit getaucht. Auch die Bühne wurde von diesem Schwarz beinahe komplett verschluckt. Es waren lediglich leichte Schatten der Musiker zu sehen. Im hellen Licht Sabin Tambrea, der von einem einzelnen Lichtspot angestrahlt wird. Der aus TV-Serien bekannte Schauspieler - und inzwischen auch Bestseller-Autor - saß an einem schwarzen Tisch und hielt sein jüngstes Werk in Händen.

Im ausverkauften Stadttheater Cuxhaven las der 40-Jährige gut zwei Stunden aus seiner Familienbiografie "Vaterländer". Dabei gab er viel von sich und seiner Familie preis. Im Buch wird die Flucht seiner Eltern aus der rumänischen Diktatur in den 1980er Jahren thematisiert. Diese Lesung fand im Rahmen der Interkulturellen Woche Cuxhaven statt.

Leiden unter Folgen des Ceausescu-Regimes

Die Geschichte der Familie Tambrea ist eine Geschichte, wie sie viele rumänische Familien erleben mussten, die unter den Folgen des Ceausescu-Regimes litten. Die Eltern waren Musiker. Sein Vater Béla setzte sich 1985 während einer Konzertreise nach Frankreich ab. Ein Jahr später floh seine Mutter Rodica mit dem vierjährigen Sabin und seiner zwei Jahre älteren Schwester Alina nach Deutschland, wo die Familie wieder vereint wurde. Auch der Großvater Horea spielt in Tambreas Buch eine große Rolle. Sein "bester Freund" in Kindergarten, wie er ihn bezeichnet, wurde zu Diktaturzeiten inhaftiert. Nach dem Zusammenbruch des Unrechtsregimes fand die Familie wieder zusammen.

Sabin Tambrea springt in seinen Erzählungen durch die verschiedenen Zeiten. Die Lesung beginnt er mit dem Kapitel, das die Flucht seiner Mama, seiner Schwester Alina, die er liebevoll Ai nennt, und sich selbst als Vierjährigen beschreibt. Mit einer erstaunlichen Erinnerungsgabe für Details wird die Flucht mit dem Zug beschrieben. Muster des Regens an der Scheibe, die ersten Eindrücke am Kölner Bahnhof: Tambrea erzählt in Bildern, die den Zuhörer mitnehmen, in eine Zeit, als er mit großen, neugierigen Augen die für ihn fremde Welt kennenlernte.

Der fremden, teilweise auch angsteinflößenden neuen Heimat, steht die wohlige Geborgenheit der eigenen Familie gegenüber. Ein liebender Großvater, der mit seinem Enkel beim Einhüten kleine Geheimnisse teilt, darunter spätes Schlafengehen, Pizzaessen und Limonadetrinken. Eltern, die liebevoll-nachsichtig auf das wilde Toben des Jungen reagieren, auch wenn dabei zum wiederholten Male das Lattenrost leiden muss.

"Musste viel zu schnell erwachsen werden"

Und dann ist da noch die zwei Jahre ältere Schwester "Ai". Sie kümmert sich um ihren kleinen Bruder, sie ist eine Stütze der Familie. Sie sorgt dafür, dass die Kinder schnell die deutsche Sprache erlernen. "Sie musste viel zu schnell erwachsen werden", erinnert sich der heute 40-Jährige.

Er selbst verbrachte viel Zeit bei den Proben seiner Musikereltern. So beschreibt er eine Begebenheit, in der er mit dem weltberühmten Dirigenten Yehudi Menuhin Fußball spielte. Sabin Tambrea scheint beim Vorlesen seiner Lebensgeschichte auch emotional in die jeweilige Zeit zurückzugehen. Der charismatische Darsteller schafft es mit Sprache, Mimik und Gestik, ein stimmiges Bild zu erschaffen. Mit seinem jungenhaften Charme erreicht er die Herzen seines Publikums, das an vielen Stellen mit Zustimmung, Applaus oder Raunen reagiert.

Schwester spielt bei Lesung Violine

Immer dann, wenn der helle Spot nicht auf ihn scheint, dann sind drei weitere Protagonisten zu sehen. "Das ist übrigens meine Schwester Ai, von der ich schon so viel erzählt habe", sagt Tambrea und zeigt auf die Violinistin Alina Armonas-Tambrea. Mit Ehemann Edvardas Armonas am Violoncello und Yannick van de Velde am Klavier spielen sie als Guadagnini-Trio an diesem Abend Werke von Felix Mendelsohn Bartgoldy, Johannes Brahms, George Enescu und Dmitri Schostakowitsch. Beide Geschwister haben sich den Künsten verschrieben und zeigen dabei großes Talent und Leidenschaft.

Die musikalische Lesung der Tambrea-Geschwister zeigte eindrucksvoll, wie Literatur und Musik Gefühle authentisch transportieren können. Nach der Lesung gab es noch die Gelegenheit einer Signierstunde, die vom Publikum nur allzu gerne in Anspruch genommen wurde.

Von Myriam Domke Feiner

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