
Cuxhavener Ehepaar fassungslos: Seniorenhündin plötzlich als "gefährlich" eingestuft
Nach einem Vorfall zwischen Hunden ohne festgestellte Verletzungen stufte das Ordnungsamt der Stadt die Hündin eines Cuxhavener Ehepaars aus Sahlenburg als "gefährlich" ein. Nun sieht es sich mit schwerwiegenden Konsequenzen konfrontiert.
Plötzlich steht die Welt eines Hundehalters Kopf. Was als anscheinend harmlose Hundebegegnung begann, hat für einen 64-jährigen Cuxhavener und seine Frau, beide wollen hier nicht namentlich genannt werden, weitreichende Konsequenzen. Im Juni 2024 führte der Mann seine drei Hunde durch die Straße Zum Surgrund in Sahlenburg, als es zu einem folgenschweren Vorfall kam.
Ein Moment der Unachtsamkeit mit Folgen
Während er sich gerade bückte, um Hundekot zu beseitigen, passierte eine andere Hundehalterin mit ihrem Vierbeiner die Szene. Nach Angaben des Mannes habe sie einen seiner Hunde "mit den Füßen weggeschubst". Daraufhin habe sich seine 13-jährige Golden-Retriever-Hündin "schützend vor ihr Rudel gestellt" und reagiert.
Polizei stellt keine Verletzungen fest
Nach einer "kurzen Auseinandersetzung zwischen den Hunden" soll es auch zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen den Hundehaltern gekommen sein, woraufhin ein Anwohner die Polizei rief. Die Beamten konnten vor Ort weder Verletzungen noch andere Auffälligkeiten feststellen. "Wir wurden zu einer 'Beißerei unter Hunden‘ gerufen, doch es waren keine sichtbaren Verletzungen erkennbar - weder bei den Hunden noch bei den anwesenden Personen. Sollten dennoch Verletzungen vorgelegen haben, wurden diese den eingesetzten Beamten weder vor Ort gemeldet noch später angezeigt", bestätigt Polizeisprecher Stephan Hertz auf Nachfrage.
Überraschende Einstufung als gefährlicher Hund
Wochen später erhielt das Ehepaar überraschend einen Bescheid des Ordnungsamtes: Ihre 13-jährige Hündin wurde als "gefährlich" eingestuft. Grundlage dieser Entscheidung sei die Annahme gewesen, dass sie den Hund der anderen Halterin doch am Ohr verletzt habe. Ein Beweis dafür sei eine Tierarztrechnung über 50 Euro, deren Kosten das Ehepaar nach eigenen Angaben direkt übernommen hatte. "Da lagen auch auf einmal privat aufgenommene Handyfotos von Hämatomen an der Hundeschnauze vor - Verletzungen, von denen in diesem Fall nie die Rede oder vom Tierarzt bestätigt war", fügt der Sahlenburger hinzu.
Darüber hinaus enthielt der Bescheid einen weiteren schwerwiegenden Vorwurf - nämlich die Behauptung, die Hündin habe "immer wieder Personen unvermittelt angegriffen".
Das Ehepaar zeigt sich sichtlich erschüttert über diese Anschuldigung. "Unsere Hündin hat niemals einen Menschen attackiert. Dass solche Falschaussagen im Bescheid stehen und nicht korrigiert werden, fühlt sich für uns wie Willkür an", erklärt die 61-jährige Hundehalterin aufgebracht. Ihr Mann fügt hinzu: "Vor Ort war von Verletzungen nie die Rede, die Polizei hat nichts festgestellt und dokumentiert. Und plötzlich soll unser Hund gefährlich sein - das ist doch absurd!"
Erhebliche Konsequenzen der Einstufung
Die Einstufung als "gefährlich" bringt erhebliche Einschränkungen mit sich: Die Hündin muss künftig mit Maulkorb und Leine geführt werden, die Hundesteuer steigt deutlich, und der Halter muss eine spezielle Haltungserlaubnis beantragen - inklusive Wesenstest und diverser Prüfungen. "Für unsere betagte Hündin tut uns das unendlich leid", ist sich das Ehepaar einig.
Landkreis beruft sich auf Einzelfall-Entscheidung
Der Landkreis Cuxhaven könne sich zu dem laufenden Verfahren nicht äußern und verweist auf gesetzliche Vorgaben. "Jeder Vorfall wird als Einzelfall auf gesetzlicher Grundlage geprüft", teilt die Behörde auf Nachfrage mit. Grundlage sei das Niedersächsische Hundegesetz (NHundG), das eine Gefährlichkeitsfeststellung vorsieht, wenn ein Hund gesteigerte Aggressivität zeigt oder zubeißt.
Einspruch und mögliche rechtliche Schritte
Die betroffenen Hundehalter haben Einspruch gegen den Bescheid eingelegt, eine Korrektur verlangt und inzwischen auch den Tierschutz um Rat gefragt. Nach deren Einschätzung sei eine Klage sinnvoll, da es sich um eine nicht untypische Hundereaktion gehandelt habe, die nicht automatisch eine Einstufung als "gefährlich" rechtfertige. Vor allem, weil es nie zu einem Angriff auf einen Menschen gekommen sei.
Das Ehepaar fühlt sich durch die Entscheidung des Ordnungsamtes stark belastet. "Wir tun alles, was von uns verlangt wird, aber diese Entscheidung ist für uns nicht nachvollziehbar." Jetzt bleibe ihnen nur die Möglichkeit, die Haltungserlaubnis zu beantragen und alle damit verbundenen Auflagen zu erfüllen.