Rosen treiben an einer Stelle, über der zuvor eine Urne herabgelassen worden ist: In Cuxhaven ist die Seebestattung eine auch gesellschaftlich weit akzeptierte Beisetzungsform. Foto: Reese-Winne
Rosen treiben an einer Stelle, über der zuvor eine Urne herabgelassen worden ist: In Cuxhaven ist die Seebestattung eine auch gesellschaftlich weit akzeptierte Beisetzungsform. Foto: Reese-Winne
Fixpunkt für Trauerarbeit sinnvoll?

Seebestattung: Gedenkort-Idee in Cuxhaven gefällt nicht jedem

von Kai Koppe | 30.11.2022

Cuxhaven. Im Ortsteil Sahlenburg gibt es Menschen, die in besonderer Form an auf See beigesetzte Angehörige erinnern möchten. Mehrheitlich steht die Ratspolitik dem Begehren nach einer vor Ort einzurichtenden Gedenkstätte reserviert gegenüber.

Blumen treiben über der Stelle, an der die Urne versenkt wurde. Trauergäste verharren, an die Reling gelehnt, ein paar Minuten in stillem Gedenken. Dann dreht das Boot ab, die Zeremonie ist vorüber. Das, was bei einer Seebestattung von dem Verstorbenen bleibt, sind Erinnerungen. Doch nichts Greifbares, im Sinne eines Grabsteines oder eines Namens auf einer Tafel. Für manchen Angehörigen ist das ein schmerzlicher Gedanke.

Kritiker warnen vor einem Kostengrab

So jedenfalls argumentieren jene Sahlenburgerinnen und Sahlenburger, denen FDP-Ratsherr Günter Wichert auf Gremienebene eine Stimme gegeben hat. Was diesen Leuten vorschwebt: Einen Gedenkort zu schaffen, an welchen Trauernde das Gefühl haben dürfen, dem auf See bestatteten Verstorbenen nahe zu sein. Offenbar gibt es die Idee, eine Stele zu errichten. Ideal sei dafür ein Standort, der einen Blick über die Elbe- und die  Wesermündung erlaubt, merkte Wichert in der zurückliegenden Sitzung des für das örtliche Friedhofswesen zuständigen Ausschusses für technische Dienste an. Als eine Art "bürgerliche Bauvoranfrage" sei sein Antrag zu verstehen, legte er nach, nachdem sich abzeichnete, dass sein Vorstoß im Plenum auf Vorbehalte stieß.

Was wär im Sinne des Verstorbenen?

Ohne die Überlegungen von Hinterbliebenen verächtlich machen zu wollen, kritisierten Mitglieder mehrerer Ratsfraktionen das Gedenkort-Vorhaben als widersprüchlich, aber auch wirtschaftlich heikel. Zum einen ging es um das Wesen der Seebestattung - eine Beisetzungsform, die der Verstorbene in der Regel nach altem Seemannsbrauch und in der Absicht gewählt hat, dass von ihm physisch nichts bleibt. "Damit ist ein Ort ausgeschlossen", argumentierte der Ausschussvorsitzende Peter Altenburg ("Die Cuxhavener") und legte dar, dass man durch Schaffung  eines Anlaufpunktes letztendlich sogar den letzten Willen des Verstorbenen missachte.

Altenburgs Fraktionskollegin Ilona König wies darauf hin, dass es im Übrigen keines Denkmals oder eines wie auch immer gearteten Kunstwerkes bedürfe, um das Andenken an einen aus dem Leben geschiedenen Menschen zu pflegen. Nicht nur um Fragen der Trauerkultur, auch um die Finanzierung ging es im Zusammenhang mit der Gedenkort-Idee. Ingo Uppendahl (SPD) sprach Fragen der Zuwegung an und hatte dabei auch den Aspekt der Barrierefreiheit im Hinterkopf. "Wenn ich so etwas Neues anlege, dann muss ich das so machen, dass es für jeden zugänglich ist", gab Uppendahl zu bedenken. Und schloss gleichzeitig aus, dass der damit verbundene Aufwand durch ehrenamtliche Schultern zu stemmen sei. 

Auch Aspekte wie Unterhalt, Pflege und Verkehrssicherheit eines Gedenkortes stufen eine Reihe von Ausschussmitglied als Problem ein.  "Da darf man sich nichts vormachen", warnte CDU-Ratsherr Enak Ferlemann. "Letztendlich bleibt das an der Stadt hängen".

Verwaltung zog Friedhof als passenden Standort in Erwägung

Die Kommune betreibt im Stadtgebiet mehrere Friedhofe, allen voran den Zentralfriedhof Brockeswalde. Nach Auffassung von Sabine Mückler-van Zon, stellvertretende Referatsleiterin, wäre eine gegebenenfalls mit Namensplaketten versehene Stele für Seebestattete auf dem Friedhofsgelände am besten aufgehoben: einerseits wegen der dort gegebenen Erreichbarkeit. Andererseits, weil dort (im Gegensatz beispielsweise zur Alten Liebe) Kränze oder Blumen niedergelegt werden könnten. Solch ein Kompromiss dürfte den Urhebern der Gedenkort-Idee allerdings aus einem wesentlichen Grund widerstreben: Seesicht gibt es in Brockeswalde bekanntlich nicht. Der Ausschuss für Technische Dienste gab Stadtbaurat Andreas Eickmann abschließend den Auftrag, vorzufühlen und zu vermitteln. 

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

(1 Stern: Nicht gut | 5 Sterne: Sehr gut)

Feedback senden

CNV-Nachrichten-Newsletter

Hier können Sie sich für unseren CNV-Newsletter mit den aktuellen und wichtigsten Nachrichten aus der Stadt und dem Landkreis Cuxhaven anmelden.

Die wichtigsten Meldungen aktuell


Bild von Kai Koppe
Kai Koppe

Redakteur
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

kkoppe@no-spamcuxonline.de

Lesen Sie auch...
Neue Spielzeit der Döser Speeldeel

Plattdeutsch-Ensemble freut sich über 14 Neuzugänge

von Jens Potschka

Die Döser Speeldeel trotzt dem Nachwuchsmangel: Mit 14 neuen Gesichtern und einer WhatsApp-Gruppe für Plattdeutsch-Anfänger stürzt sich die niederdeutsche Bühne in eine Spielzeit voller Komödien, Sprachübungen und unerwarteter Wendungen.

Riskantes Manöver

Überholmanöver bei Otterndorf: Sekunden, die alles hätten zerstören können

von Bengta Brettschneider

Ein riskanter Überholversuch auf der B73 bei Otterndorf endet im Chaos. Fahrzeuge geraten ins Schleudern, Airbags lösen aus. Vor Gericht schildern Zeugen ihre Angst und Albträume. Jetzt geht es um Fahrlässigkeit oder vorsätzliches Handeln.