
"Möglichkeiten begrenzt": Bus-Streik an zwei Tagen trifft Stadt und Kreis Cuxhaven
Ein Streik legt den Nahverkehr in Cuxhaven lahm und wirft Fragen auf, wie weit die Tarifparteien noch gehen werden. Die Schülerbeförderung steht im Zentrum des Konflikts, während die Verhandlungen in eine entscheidende Phase treten.
Der Streik ist zurück - und diesmal trifft er Stadt und Landkreis Cuxhaven mit voller Wucht. Seit Dienstagmorgen steht der öffentliche Nahverkehr in weiten Teilen der Region nahezu still. Rund 80 Prozent der Fahrten der KVG Stade GmbH & Co. KG fallen laut Unternehmensangaben aus, und besonders die Schülerbeförderung ist stark betroffen.
"Die Eltern haben die Busausfälle aufgefangen. Und weil gutes Wetter war, sind viele Schülerinnen und Schüler mit dem Fahrrad gefahren. Bei schlechtem Wetter hätte das aber ganz anders ausgesehen", berichtet Hans Christian Seebeck. Der Leiter der Realschule Cuxhaven kritisiert: "Busse spielen auch an städtischen Schulen eine Schlüsselrolle. Als Schulleiter finde ich es betrüblich, den Streik auf dem Rücken der Schüler auszutragen. Damit bin ich nicht einverstanden."
Der Streik betrifft auch die Schülerbeförderung im Landkreis, die von der KVG durchgeführt wird. Allerdings wurden und werden hier vereinzelte Fahrten kurzfristig an Subunternehmer vergeben. Der Landkreis Cuxhaven konnte am Dienstag auf Nachfrage unseres Medienhauses keine Auskunft zur aktuellen Streik-Lage geben. So blieb unklar, ob Gespräche mit dem Busunternehmen oder der Gewerkschaft geführt wurden, um künftige Streiks zu vermeiden. Ebenso offen blieb die Frage, wie die Kreisverwaltung den wiederholten Streik bewertet und ob daraus politische Konsequenzen gezogen werden.
Subunternehmer übernehmen 160 Fahrten
Zwar konnten durch beauftragte Subunternehmer etwa 160 Fahrten aufrechterhalten werden, doch das reicht bei Weitem nicht aus. "Alle noch laufenden Fahrten betreffen den schulorientierten Verkehr", erklärt Oliver Blau, Sprecher der KVG. "Aber unsere Möglichkeiten sind begrenzt - eigene Fahrten während des Streiks können wir nicht durchführen."
Die Lage ist angespannt, auch intern: Servicestellen und die telefonische Erreichbarkeit der KVG sind teilweise selbst vom Streik betroffen. Die Belastung für verbliebene Mitarbeitende ist hoch. Um Fahrgäste dennoch auf dem Laufenden zu halten, informiert das Unternehmen über verschiedene Kanäle: von Pressemitteilungen, Social Media über Lautsprecherdurchsagen bis zur Homepage.

Die Geschäftsleitung der KVG zeigt wenig Verständnis für die Eskalation. "Die wiederholten Streiks wären aus unserer Sicht nicht notwendig gewesen", so Blau. "Die Tarifparteien haben sich bereits angenähert, und die nächste Verhandlungsrunde ist für den 28. Mai terminiert."
Doch bei der Gewerkschaft ver.di klingt das ganz anders. Dort sieht man sich zu härteren Maßnahmen gezwungen: "Die Arbeitgeber wollen die Beschäftigten mit ihrem Angebot weiter vom TV-N abhängen - das können wir nicht akzeptieren", betont Tobias Morchner, ver.di-Sprecher. "Wir fordern gleichen Lohn für gleiche Arbeit."
Busfahrer in Niedersachsen schlechter gestellt
Ver.di kritisiert, dass Busfahrerinnen und -fahrer in Niedersachsen nach dem geltenden AVN-Tarifvertrag deutlich schlechter gestellt seien als Kolleginnen und Kollegen in anderen Bundesländern. Zwar beträgt der Unterschied beim Einstieg nur rund 25 Cent pro Stunde, doch mit zunehmender Berufserfahrung wird die Lücke immer größer - nach 15 Jahren seien es fast vier Euro pro Stunde. Ohne Berücksichtigung der kommenden TV-N-Erhöhung.
"Die Beschäftigten im ÖPNV können nicht dauerhaft die Leidtragenden einer jahrzehntelangen Unterfinanzierung sein", so Morchner weiter. "Das Land Niedersachsen gehört bundesweit zu den Schlusslichtern, was die Finanzierung des ÖPNV betrifft. Die Politik muss jetzt Verantwortung übernehmen - finanziell und strukturell."
Zwar hat der Arbeitgeberverband AVN laut KVG ein verbessertes Angebot vorgelegt - unter anderem mit einer neuen Erfahrungsstufe -, doch ver.di sieht darin lediglich einen taktischen Schritt. "Es fehlt die konkrete finanzielle Hinterlegung", kritisiert Morchner. "Wir haben uns weit bewegt. Jetzt sind die Arbeitgeber am Zug."
Während auf kommunaler Ebene viele mit den Schultern zucken und auf die Verhandlungsebene verweisen, wächst der Druck von allen Seiten. Eltern, Berufspendler, Schüler - sie alle trifft der Streik unmittelbar. Und viele fragen sich, warum dieser Tarifkonflikt auf ihrem Rücken ausgetragen wird.
Doch die Antwort darauf ist komplex. Die KVG verweist auf begrenzte finanzielle Spielräume und laufende Verträge mit Kommunen, die kurzfristige Mehrausgaben kaum zulassen. "Eine Refinanzierung müsste im Gespräch mit unseren Auftraggebern geprüft werden", sagt Oliver Blau. "Einfach an die Kunden weitergeben - das geht so nicht."
"Der ÖPNV ist systemrelevant - auch im ländlichen Raum"
Ver.di hingegen hält dagegen: "Der ÖPNV ist systemrelevant - auch im ländlichen Raum", mahnt Morchner. "Wer Mobilitätswende will, muss auch bereit sein, in die Menschen zu investieren, die sie ermöglichen."
Ob sich beide Seiten in der nächsten Verhandlungsrunde am 28. Mai einigen können, ist unklar. Ver.di zeigt sich kampfbereit: "Wenn die Arbeitgeber weiter auf Zeit spielen, sind auch mehrtägige Streiks denkbar." Bis dahin gilt in der Stadt und im Landkreis Cuxhaven: warten, hoffen - oder laufen.