
Unfreiwillig in Chat-Gruppe: Cuxhavener vom Kinderpornografie-Vorwurf freigesprochen
Ein Cuxhavener gerät unfreiwillig in die Mühlen des Strafrechts: Ein automatisches Backup seines Messengers speicherte eine strafbare Datei, die er nie öffnen oder verbreiten wollte. Nun wurde er freigesprochen.
Ein 29-jähriger Mann aus Cuxhaven musste sich vor dem Amtsgericht Cuxhaven verantworten - angeklagt wegen der Verbreitung kinderpornografischer Inhalte. Was zunächst nach einem schweren Vorwurf klang, entpuppte sich bei genauerem Hinsehen als Fall, der potenziell jeden Smartphone-Nutzer treffen könnte.
Im Zentrum der Anklage stand eine einzige Datei. Sie wurde in einem verschlüsselten Backup auf dem Handy des Angeklagten entdeckt - eine Datei mit kinderpornografischem Inhalt. Wie sie dorthin gelangte, erklärte Verteidiger Thiemo Röhler im Gerichtssaal: Sein Mandant sei ohne sein Wissen oder Zutun zu einer Gruppe in einem Messenger-Dienst hinzugefügt worden. Als er bemerkte, welcher Art diese Gruppe war, habe er sie sofort verlassen und gelöscht.
Ermittlungsbehörden fanden Datei auf dem Smartphone
Doch das reichte offenbar nicht. Denn der betreffende Messenger-Dienst hatte zwischenzeitlich ein verschlüsseltes Backup der Chats angelegt - inklusive der fraglichen Datei. Auch wenn der Angeklagte sie nie aktiv geöffnet, gespeichert oder gar weiterverbreitet hatte, befand sich die Datei durch das Backup im Gerätespeicher. Die Ermittlungsbehörden fanden sie bei der Auswertung - und erhoben Anklage.
Was viele Nutzer nicht wissen: Messenger-Dienste wie WhatsApp erstellen regelmäßig automatische, verschlüsselte Backups der Chatverläufe und der darin enthaltenen Medien. Diese Sicherungen landen meist in der Cloud oder im lokalen Speicher des Handys. Der Inhalt ist nicht direkt sichtbar - doch für Forensiker auffindbar. Genau hier wurde die problematische Datei entdeckt.
Verteidigung: Das ist nicht strafbar
Verteidiger Röhler argumentierte klar: "Meines Erachtens ist das nicht strafbar." Und auch Richter Stefan Redlin teilte diese Einschätzung. "Es liegt kein hinreichender Tatverdacht vor." Der Angeklagte sei sofort aus der Gruppe ausgetreten, habe nichts absichtlich gespeichert und auch sonst keine Anhaltspunkte geliefert, die auf eine Absicht hindeuten könnten. Das Smartphone des Mannes sei umfangreich untersucht worden: über 2.500 Fotos und 360 Videos wurden durchforstet - keine weiteren Hinweise auf illegale Inhalte.
Rechtsanwalt Röhler berichtete zudem, dass der Bundesgerichtshof (BGH) in vergleichbaren Fällen bereits klargestellt hat: Wer kinderpornografische Dateien ungefragt erhält und nachweislich alles dafür tut, sie zu löschen oder keinen Zugriff zu behalten, macht sich nicht strafbar.
Staatsanwaltschaft fordert Geldstrafe
Trotzdem hielt die Staatsanwaltschaft an ihrer Anklage fest und forderte eine Geldstrafe. Doch Richter Redlin blieb bei seiner Einschätzung und sprach den Angeklagten frei. Der Angeklagte habe nichts unternommen, um in den Besitz der Datei zu kommen - im Gegenteil: Sein Verhalten zeige, dass er sich der Sache entziehen wollte, sobald er davon Kenntnis hatte. Dieser Fall zeigt exemplarisch, wie schnell Nutzer in die Mühlen des Strafrechts geraten können - ohne eigenes Zutun.